
Das neue Schulhaus – Schulstr. 7
Das Schulhaus wurde 1858 erbaut und 1898 um ein Stockwerk erhöht. Seit 1987 dient das Gebäude als Musikschule.
Im Jahr 1858 war die Schülerzahl so angewachsen, dass das alte Schulhaus Schulstr. 5 nicht mehr ausreichte und man ein weiteres Klassenzimmer benötigte. Bis August 1859 diskutierte man darüber, welche Interimslösung man finden könne. Es wurde der Ankauf verschiedener Gebäude diskutiert und auch ein Anbau an das bestehende Schulhaus Schulstr. 5. Diese Entscheidungssuche wird in einem eigenen Artikel behandelt.
In einer gemeinsamen Sitzung des Magistrats und der GB wurde am 07.08.1859 beschlossen, ein neues Schulhaus nur mit 4 Schulzimmern zu bauen und das alte Schulhaus zu Lehrerwohnungen umzubauen und die Bausubstanz zu sanieren. Mit dem Bau sollte sofort begonnen werden, der Auftrag sollte im Submissionswege erfolgen. Schon am 23.08.1859 legte Maurermeister Deibler nach mdl. Auftrag des Magistrats v. 09.08.1859 Plan, Bauprogramm und Kostenanschlag für das neue Schulhaus vor.





Diese Planung fand allseitige Zustimmung, durch die Gemeindebeauftragten, den Gerichtsarzt und die Distriktsschulinspektion. Der kgl. Baubeamte Kröber, Illertissen, war bereit, die Bauleitung zu übernehmen. Am 10.10.1859 wurde auch die Zustimmung der Regierung erteilt.
Am 21.10.1859 wurde ein Bauausschuss aus 2 Magistratsräten und 2 Gemeindebeauftragten konstituiert, Baubeamter Kröber soll das Dingnisheft (heutige Bezeichnung: Leistungsverzeichnis) für die Submission erstellen. Dieses war scvhon am 10.11.1859 fertig, zusammen mit einer Liste, welche Firmen zur Angebotsabgabe eingeladen werden sollen. Die Arbeiten wurden im Ulmer Landboten und im Anzeige- und Unterhaltungsblatt Weissenhorn öffentlich ausgeschrieben.

Die Submission fand am 30.12.1859 statt, in der Form, dass die Handwerker prozentuale Abschläge auf den Kostenvoranschlag des Planers abgaben. Als Generalübernehmer bot Maurermeister Kerner den Preis von 6.982 fl 36 x als günstigster Bieter. Anschließend an die Submission erfolgte sofort die Auftragsvergabe.
Obwohl der Auftrag bereits erteilt war, stellte Magistratsrat Böhme am 12.04.1860 den Antrag, die Schule nicht am vorgesehenen Standort, sondern auf dem Platz der städt. Holzlege zu errichten. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit in der gemeinsamen Sitzung von Magistrat und GB.
Schon am 23.04.1860 wurde Kritik an der Bauqualität des Maurermeisters Kerner bzgl. der verwendeten Steine und des Sandes für den Mörtel laut. Baubeamter Kröber sorgte dafür, dass den Missständen sofort abgeholfen wurde. Im August bemängelte Herr Kröber den langsamen Baufortschritt, dennoch konnte am 17.11.1860 die förmliche Abnahme des Baus in Anwesenheit aller Akordenten, des Bauausschusses und des BB Kröber stattfinden. Abgerechnet wurde mit 8.159 fl 39 x, das waren 375 fl 7 x weniger als im Kostenanschlag.
Ergänzend zum Bauauftrag bestellte die Stadt 1860 noch zusätzliche Winterfenster für das Schulhaus.
Bei dieser Abnahme wurden einige Mängel und Abweichungen festgestellt, die BB Kröber in einem eigenen Schreiben festhielt. Hiergegen wandten sich aber einige Akkordenten. Maurermeister Kerner und Zimmermeister Franz Augart von Biberach erhoben Einspruch gegen die Feststellungen und stellten ihrerseits Nachforderungen. Der Magistrat legte die Berufungsschriften am 15.01.1860 dem LG Roggenburg zur Entscheidung vor. Die Regierung in Augsburg entschied am 23.06.1860. Sie erklärte sich zwar für nicht zuständig, da es sich um privates Vertragsrecht handele, ließ aber doch ein ‚obertechnisches‘ Gutachten erstellen. Teilweise wurdeder Stadt Recht gegeben, teilweise wurden aber auch die Mehrkosten der Handwerker anerkannt. Die Regierung empfahl eine gütliche Einigung auf dieser Basis. Maurermeister Kerner und Zimmermeister Augart nahmen den von der Regierung vorgeschlagenen Vergleich an. Auch der Magistrat stimmte dem Vergleich zu.
Doch hiermit waren die Bauschäden noch nicht behoben. Das Bezirksamt Illertissen führte am 29.09.1862 eine Besichtigung vor Ablauf der Gewährleistung durch und zeigte Mängel am Schulhaus an: Im EG zeige sich Mauerschwamm und teilweise seien auch Putzschäden aufgetreten Die Gewärleistungsfrist solle bis zum Frühjahr 1863 verlängert werden. Man lud Maurermeister Kerner vor und verlas ihm den Schadensbericht. Kerner wies die Verantwortung für die Putzschaden zurück und machte die neben dem Gebäude stehenden Pappel- und Obstbäume hierfür verantwortlich, deren Blätter und Äste die Dachrinne verstopften. Mit der Beseitigung des Holzschwamms beauftragte der Bürgermeister gleich Marermeister Deibler, dem er wohl die größere Kompetenz zutraute. Deibler berichtete, er habe den Putz abgeschlagen, Bretter entfernt und einen Zementputz angebracht. Dadurch sei der Schaden behoben.
Das Bezirksamt Illertissen gab sich am 11.12.1862 mit dem Bericht zur Beseitigung des Holzschwammes zufrieden, fügte aber an, dass Maurermeister Kerner die Putzschäden gütlich zu beseitigen habe und die Sicherungshypothek vorher nicht gelöscht werden dürfe. Am 13.05.1863 mahnte das Bezirksamt Illertissen die ausstehende Reparatur der Bauschäden durch MM Kerner innerhalb von 3 Wochen an. Kerner lehnte eine Beseitung der Schäden auf seine Kosten jedoch ab, weil er daran keine Schuld trage und sein Widerspruch nicht gewürdigt worden sei. Er könne die Schäden nur auf Regie beheben. Der Magistrat bot Kerner eine Pauschalvergütung von 25 fl an, ansonsten werde man einen Prozess anstrengen. Kerner war zur Vermeidung eines Prozesses mit dem Vorschlag einverstanden, bat aber noch um Überlassung der erforderlichen Dachlatten.
Das Bezirksamt Illerissen verweigerte aber die Curatel-Genehmigung zum Vorgehen der Stadt, weil der Stadt durch einen Prozess kein Nachteil entstehe. Maurermeister Kerner wurde dieser Bescheid bekanntgegeben und erklärt, die Kaution könne nicht ausbezahlt werden. Am 11.11.1863 erfolgte die Rückgabe der 25 fl durch Maurermeister Kerner unter Protest. Hiermit wurde der Fall für erledigt erklärt.
Im Jahr 1898 war das Schulhaus schon wieder zu klein. So wurde es um ein Stockwerk erhöht. Im Zuge dieser Maßnahme wurde auch der östliche Abtritt erneuert und vergrößert. Leider sind zu diesem Umbau keine Akten überkommen.

Im Jahr 1902 konnte das südlich gelegene Anwesen Schulstr. 9 erworben werden. Das Haus wurde abgebrochen. Es entstand somit ein ordentlicher Schulhof, der neu eingezäunt wurde. Der Kannenwirt und Ökonom Johann Frieß (Hollstraße 9) erhob Einspruch gegen die Einzäunung und gab an, man habe ihm 1897 zugesagt, diesen Platz als Arbeitsfläche mitbenützen zu dürfen. Das konnte er allerdings nicht beweisen.






Am 12.03.1911, dem 90. Geburtstag des Kronprinzen Luitpold, wurde im Schulhof eine Silberlinde gepflanzt, die daher den Namen Luitpoldlinde erhielt.
1924 wurde die Westfassade des Schulgebäudes renoviert. 1934 wurde eine Dampfheizung in die Schule eingebaut.



Seit 1921 stellte man fest, dass die Schule schon wieder zu klein war. 1933 wurde ein solcher besonders vordringlich herausgestellt und 1936 beriet man über den Neubau eines Schulhauses, wenn 1/3 der Kosten als Zuschüsse gewährt würden. Nach der Einführung der Gesamtschule 1938 ließ man Arch. Huf aus München einen Entwurf für eine Schule an der Reichenbacher Straße fertigen, der leider nicht überkommen ist. Nach dem II. Weltkrieg waren durch Heimatvertreibene und Flüchtlinge mittlerweile über 500 schulpflichtige Kinder in der Stadt. Es wurde dringend ein weiteres Schulgebäude erforderlich. Aber 1959 erst wurde ein Neubau beschlossen und 1960 endlich mit dem Bau begonnen. 14 Bürgermeister haben sich in all den Jahren mit der Schulraumnot zu befassen gehabt, bis schließlich am 12.01.1963 die Einweihung des Volksschulneubaues erfolgen konnte.




Der Haupteingang der Schule wurde 1959 aus Sicherheitsgründen auf die Ostseite verlegt. Der vordere Eingangsbereich wurde zum Lehrerzimmer umgebaut. 1963 wurde auch die Treppe und das Geländer entfernt.
Nach Bezug der neuen Grundschule trat natürlich sofort die Frage auf. wie das Gebäude genutzt werden könne. Bereits im Januar 1964 wurde das Thema im Stadtrat beraten. Es lagen Anträge eines Herrn Scharmann und der Süddt. Trikotwarenfabik, die berits das alte Schulhaus Schulstr. 5 als Produktionsstätte nutzte, vor. Von der Musikschule und der Stadtbücherei wurden bereits Räume genutzt, im übrigen stehe das Gebäude leer. Eine Entscheidung wurde nicht getroffen. Im Februar 1964 wurde eine Vermietung der Räume mehrheitlich abgelehnt. Im November 1964 stellte die Stadt die Räume der Stadtbücherei und dem Volksbildungswerk zur Verfügung. Am 12. März 1966 wurde die Stadtbücherei nach siebenjähriger Pause unter Leitung von Herrn Krassa in der Schulstraße 7 wieder eröffnet.
1965 wurde das alte Schulhaus neu verputzt und erhielt neue Fenster. 1966 wurde die nicht mehr funktionsfähige Dampfheizung ausgebaut und wieder Einzelöfen aufgestellt, die Abortanlagen im EG wurden abgebrochen. An deren Stelle kamen die Heizöltanks für die Ölöfen. Am 05.10.1966 wurde auch die Luitpoldlinde im Schulhof gefällt.

Im Rahmen der Beratung über die Renovierung der alten Volksschule kam 1965 der Gedanke auf, dieses Gebäude als Realschule der Mädchen zu verwenden, weil der Bau auf Wettbach 1 problematisch werden könnte. Die meisten Stadträte hielten die alte Volksschule aber für ungeeignet. Für die Sonderschule des Landkreises, damals noch Hilfsschule genannt, schienen die Räume aber geeignet. Die Stadt stimmte am 31.05.1966 der Einrichtung von 2 Hilfsschulklassen im Gebäude Schulstr. 7 zu. Im Februar 1967 kam eine weitere Klasse hinzu1. Es wurde auch eine neue WC-Anlage eingebaut. Am 04.12.1967 wurde ein Vertrag mit dem Landkreis über die Unterbringung der Sonderschule im Gebäude SH07 mit kostenloser Zurverfügungstellung der Räume beschlossen.

Doch auch die Stadt hatte neuen Bedarf an Schulräumen. Durch die Bildung des Schulverbandes mussten auch Schüler aus den Nachbarorten untergebracht werden. Auch hatte die ev. Kirchengemeinde, in deren Gemeindesaal nach 1953 eine Klasse der Mädchenrealschule ausgelagert werden musste, Eigenbedarf angemeldet, so dass auch diese Klasse in der alten Schule untergebracht werden musste.
Weil der Raum im neuen Schulgebäude nicht ausreichte, mussten wieder Klassen in die Schulstraße ausgelagert werden. Hier war jetzt aber schon die Sonderschule ansässig geworden. Der Landkreis stellte daraufhin im Jahr 1969 einen Pavillon in den Schulhof. Dieser sollte 1973 nach dem Umzug der Sonderschule an die Herzog-Ludwig-Straße wieder abgebrochen werden. Doch war der Bedarf an Klassenräumen für die Hauptschule mittlerweile so groß, dass die Schulräume nun durch die Stadt genutzt wurden. Es ist nicht dokumentiert, wann der Pavillon abgebrochen wurden. 1978 ist er noch auf einem Luftbild zu sehen. Nach Auszug der Sonderschule zum 01.08.1978 wurde der Pavillon dann tatsächlich abgebrochen.




Am 10.11.1978 eröffnete das Jugendhaus ‚Club‘ in einem Klassenzimmer im 2. OG des Schulgebäudes seine Pforten. Wie viele Jugendclubs vorher und nachher ging auch dieses Projekt zu einem nicht dokumentierten Zeitpunkt ein.

In das Schulgebäude zog nach 1987 die Musikschule ein. Diese entwickelte sich sehr gut, so dass die Stadt 1987 das Schulgebäude komplett sanierte und für die Musikschule umbaute. Bei der Sanierung des Gebäudes wurde im EG ein Konzertsaal und ein Proberaum für die Stadtkapelle eingerichtet, die anderen Schulsäle wurden in kleinere Proberäume unterteilt. Der Haupteingang wurde wieder auf die Westseite zurückverlegt. In die Blindfenster der Südfassade wurden von der Malerin Friedrun Scheiner, Biberachzell, musizierende Personen als Trompe l’oeil-Malerei gemalt. Anschließend wurde auch der Schulhof neu gestaltet und mit einer Ziermauer umgeben.


1989 erhielt das Gasthaus Kanne gegenüber in der Hollstr. 9 die Erlaubnis zum Betrieb eines Biergartens in dieser Anlage. 2011 musste die Gaststättennutzung wegen Auflagen des WKD augegeben werden, somit auch die Nutzung als Biergarten.





- Die Sonderschule für Lernbehinderte begann im September 1966 mit einer Klasse im Kellergeschoß der neuen Volksschule an der Reichenbacher Straße. Ein Jahr später wurde diese Sonderschule in der Schulstraße 7 untergebracht. Durch Verordnung der Regierung von Schwaben vom 24.02.1967 wurde in der Stadt Weißenhorn eine „Sonderschule für Lernbehinderte“ mit einer Lehrerstelle und einer Klasse für den 1. mit 4. Schülerjahrgang errichtet. Als Träger des Schulaufwands wurde der Landkreis Neu-Ulm bestimmt. Im September 1971 konnte die Sonderschule zusammen mit der Realschule für Mädchen in den Neubau an der Herzog-LudwigStraße einziehen. Ab 01.08.1978 wurden im Fuggerschloss 7 Klassen der Sondervolksschule für geistig Behinderte untergebracht, in Pfaffenhofen 6 Klassen, davon 3 Klassen für Schwer- und Mehrfachbehinderte, bis die Sondervolksschule 1986 in einen Neubau in Senden umziehen konnte. ↩︎

