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Das Gaststättenwesen

Unter dem Begriff des Gaststättenwesens werden die Rahmenbedingungen der Gaststätten dargestellt, die Braurechte, Kontrollen, Preise, Steuern und was sonst noch zum Betrieb einer Gaststätte hinzugehört.

Die Stadt vergibt die Braurechte

Ursprünglich war das Brauen, wie auch das Backen und Schlachten, ein allgemeines Hausrecht, was auch von den Hausfrauen und Mägden ausgeübt wurde. Erst später entwickelte sich das Brauen in den Herrschaftshöfen und den Klöstern zu einem Handwerk der Fachleute. So versuchten die Grundherren und Städte, das freie Brauen einzuschränken und eine Konzession hierfür zu erteilen, die sog. Braugerechtigkeit. Ebenso geschah es auch bei den Metzgern und Bäckern. [1]Karl Friedrich Wernert: Wettbewerbs- und Absatzverhältnisse des Handwerks in historischer Sicht; 1967 Duncker und Humboldt, Berlin

Ein wichtiger Grund hierfür war sicherlich die Sicherung der Qualität, die bei Hausbrauereien schwer zu kontrollieren war. Es gab zwar schon seit 1516 das sog. Bayerische Reinheitsgebot mit einem Vorläufer durch Herzog Georg den Reichen von 1493, aber zumindest in der Stadt Weißenhorn wurde erst 1594 in die Konzessionierung eingestiegen. Erst ab dann (Steuerbücher nach 1614) wurden die Braurechte in den Steuerbüchern genannt und vermerkt.

Da das Brauen früher ein ‚Hausrecht‘ war, wird dieser Begriff bei manchen Publikationen mit dem Braurecht gleichgesetzt. Dieser Auffassung (die u.a. auch vom Weißenhorner Heimatforscher Wylicil vetreten wurde) kann nicht, zumindest für Weißenhorn, gefolgt werden. Im Steuerbuch 1636 sind Hausrechte bei 6 Grundstücken aufgeführt, von denen 2 nie und eines erst später mit einer Wirtschaft bebaut war; andererseits taucht bei 6 Grundstücken, die mit einer Wirtschaft bebaut waren, und bei denen auch eine Bräustatt vermerkt ist, dieser Begriff nicht auf. Ich gehe davon aus, dass der Begriff in baurechtlicher Art gemeint ist und die Erlaubnis zum Bau eines weiteren Wohnhauses beinhaltet, denn auf den genannten 6 Grundstücken wurden später zusätzliche Wohnhäuser errichtet. Im Steuerbuch taucht auch der Begriff ‚Stadelrecht‘ auf, welcher ebenso zu interpretieren ist und das Baurecht nur für einen Stadel bedeutet, z.B. entlang der Stadtmauer.

Da wohl trotz des bereits geltenden Reinheitsgebots die Qualität der Biere nicht immer die beste gewesen sein wird, wurden 1594 diejenigen Brauer die wohl Anlass zur Klage boten, vorgeladen. Es waren dies der Barbier Jörg Waydmann (Hauptstr. 21, Bären), Anthoni Diesch (Hauptstr. 12, Sonne), Jörg Diesch (Hauptstr. 13, Hasen), Victor Bertelin (Günzburger Str. 26) und Hans Kramer (Günzburger Str. 18). Diese waren bislang nicht als Brauer verzeichnet. Hinzu kam noch Sebastian Neger, der Wirt des Bräuhauses Kirchlatz 6. Nicht geladen waren der Ritterwirt (der nicht selbst braute), der Lammwirt, der Bräuer Leichtle (Heilig-Geist-Str. 2) und der Stadtwirt, mit denen scheinbar schon vorher eine Vereinbarung getroffen wurde.

Die übrigen Brauer sollten vor dem Rat erklären, dass sie entweder auf das Brauen verzichten oder, wenn sie weiter brauen wollten, auch die damit auferlegten Steuern, Wachpflichten, das Brunnengeld und das Scharwerken (Gemeinschaftsarbeiten der Bürger) auf sich nehmen müssten. Keiner der Vorgerufenen hat auf das Brauen verzichtet, denn das Geschäft des Brauens war einträglich. Sie erklärten, alle Lasten und Beschwerden willig tragen und erleiden zu wollen. Und so haben wir es im Jähre 1594 mit der ersten behördlichen Konzessionierung der Brauereien zu tun.

Dennoch scheinen einige der Konzessionäre das Brauen danach doch aufgegeben zu haben, denn ab dem Steuerbuch 1614 sind die Braugerechtigkeiten bei den jeweiligen Gebäuden vermerkt. Demnach gab es vor 1614 nur noch 4 alte Brauereien, das Lamm, das Brauhaus Leichtle, das Bräuhaus und den Stadtwirt. Hinzu kam eine 1595 neu entstandene Brauerei am Hauptplatz 6 als Nachfolgerin der ehem. Schmidtschen Herberge am Hauptplatz, deren Name nicht überliefert ist. Auch die Sonne hatte wohl das Brauen aufgegeben, denn auch sie wird 1614 nur noch als Schankwirtschaft geführt.

Die Bierkonzession wurde aber auch als Konkurrenzschutz verwendet. So geschah es mit dem Bräuhaus Kirchplatz 6. Dieses wurde zw. 1553 und 1559 als privates Bräuhaus errichtet und 1654 von den Fuggern aufgekauft. Dies missfiel den anderen Brauern und den Stadtvätern. Am 04.10.1658 schloss die Stadt mit den Fuggern einen Vergleich, dass sie in ihrer erkauften Bräustatt Bier brauen dürfen, jedoch nur für ihre Hofhaltung und die Bediensteten. Den Untertanen soll es nicht verboten sein, bei den Wirten in der Stadt ihr Bier zu trinken und das Bier fassweise zu kaufen. Ebenso sollen sie nicht gehindert sein, Malz und Gerste auf den feilen Markt zu bringen. Dieser Vergleich wurde von der Regierung ratifiziert. Trotzdem machte die Stadt den Versuch, die Fortführung des herrschaftlichen Bräuhauses zu unterbinden. Am 8.Juli 1728 wurde der kaiserl. Majestät in der Innsbrucker Kanzlei von der Stadt Weißenhorn eine Eingabe überreicht, die Errichtung des herrschaftl. Bräuhauses betreffend. Mit Berufung auf die alten Privilegien und die Zusage des Kaisers, welche er bei der 1724 vorgenommenen Huldigung getan hatte, die Stadt auf keinerlei Weise zu beschweren, sondern sie bei ihren alten Rechten zu erhalten, wurde angezeigt: es verlautet, es solle hier ein herrschaftl. Bräuhaus aufgerichtet werden. In der Zeit der Fuggerschen Inhabung der Herrschaft Weißenhorn habe durch 147 Jahre kein herrschaftl. Bräuhaus hier gestanden. Es wurde vorgebracht, dass die Stadt Weißenhorn nur 200 Bürger zähle, unter denen 16 Bräuer seien. Der Ausgang der Petition ist nicht vermerkt. Jedenfalls verbot die Stadt ihren Bürgern, ihr Bier im Bräuhaus zu kaufen. Wer dort von der Weißenhorner Bürgerschaft sein Bier trank, wurde vom Rat gestraft, auch der berühmte Maler Franz Martin Kuen war dabei unter denen, die man erwischte und viele waren dabei, die man nicht erwischte.

1765 machte sich in Grafertshofen der gewesene hiesige Scharfrichter Jakob Burkard (1745-1764) als Kronenwirt ansässig. Leider ist nicht überliefert, wo sich diese Kronenwirtschaft befunden hat. Dies passte den Weißenhorner Bräuern nicht. Stadtschreiber Werner von Weißenhorn erklärte in der Versammlung der Bierbräuer 1765, Burkard bleibe trotz der von einer landesfürstl. Stelle in Freiburg ausgestellten Legitimation ein Schinder und wenn dieser ihm, dem Stadtschreiber, den Kopf warm mache, so wolle er ihn als einen Schinder in der Stadt öffentlich auspauken lassen. In diesem Zusammenhang wurden der Lammwirt Georg Fetsch und der Engelwirt Andreas Mayr als Zeugen bezeichnet. Rösselwirt Mathäus Widemann bezeichnete klar den Grund: Konkurrenzneid, weil man den Wirten, besonders dem beim Kreuz, den Kronenwirt auf die Nase gesetzt habe.

BiervisitationenQualitätskontrolle

Weil man zum Brauen eine Konzession brauchte und viel Geld mit dem Bierausschank verdienen konnte, wurden die Brauereien ständig kontrolliert, sowohl auf die Menge des gebrauten Bieres als auch auf die Qualität. Es ist nicht über jede Kontrolle eine Niederschrift überliefert und viele Quellen sind wohl auch noch nicht erschlossen. Dennoch können die überlieferten Zeugnisse ein Bild über die Bedeutung und die Entwicklung der Brauereien liefern. Wie diese Kontrollen bis zum 19. Jhdt. stattfanden, ist nicht überliefert. Ab 1820 aber fanden regelmäßige ‚Biervisitationen‘ statt, bei denen neben der Qualität des Bieres auch die Mengen an Malz, Gerste und dem Braugeschirr überprüft wurden. Auch wurden die Bierkrüge gezählt und verzeichnet.

Im Jahre 1843 wurden nach Beschluss des Rates die Maßkrüge in den Wirtschaften visitiert. Dabei wurden die Zinnkrüge nachgezählt. Die erste Zahl nennt die Anzahl der Maßkrüge, die zweite in der Klammer die halben Maßkrüge:

Bräuhaus 36(36), Engelwirt 36(24), Löwenwirt 30(15), Rößle 30(15), Storch 36(24), Adler 60(24), Glocke 32(45), Bär 60(30), Ochsenwirt, 40(80), Kreuz 36(48), Stadt 48(48), Lamm 35(24), Hase 100(150).

Die Bierqualität wurde monatlich überprüft. Der Magistrat setzte aus der Bürgerschaft ‚Sachverständige‘ ein, die die Bierqualität begutachteten. Im Jahr 1819 waren dies z.B. die Bürger Eustach Haberes und Xaver Baur. Über die Prüfmethode ist nichts gesagt, die Prüfung erfolgte wohl subjektiv nach dem Ermessen der ‚erfahrenen‘ Biertrinker. Die Prüfer erklärten, in allen Wirtschaften sei das Bier zu leicht gewesen und habe nicht den Gehalt erreicht, dass es dem Wert von 2½ Kreuzern per Maß entspreche. Es sei aber in allen Fällen der Gesundheit unschädlich. Als bestes Bier wurde das des Bärenwirts bezeichnet, dem Bier des Bräuhauses attestierte man hingegen einen unangenehmen Geschmack. Dies wirkt etwas verwunderlich vor dem Hintergrund, dass das Bier des Bären von 1787 bis 1821 unter der handwerklichen Aufsicht des Josef Mayer, Sohn der Bräuhausbeständerin Marianne Mayer gebraut wurde.

Bei der Biervisitation 1842 wird angemerkt, sämtlich Wirte erzeugen Fruchtbranntwein und Kirschwasser, der Hasenwirt auch Likör. Der Traubenwirt schenkt Überheimer und Neckarwein aus, der Glockenwirt Wacholderschnaps.

Jedes Jahr kam die Bräuerzunft um die Biertaxe ein, d.h., der Rat bestimmte den Bierpreis. Dann schickte er die Bierschauer herum, welche das Bier kosteten und wertmäßig abschätzten.

Eichung – Die Bräukessel werden geeicht

Natürlich mussten die Braukessel geeicht werden, denn ihr Inhalt war das Maß für die Biersteuer, die bis 1806 der Herrschaft zustand. Danach war die Stadt Nutznießer der Steuer. Natürlich versuchten die Brauer damals wie heute, vorhandene Spielräume auszunutzen und füllten die Braupfannen auch über den Eichstrich, denn die Steuer wurde nicht nach den angefüllten Fässern, sondern von jedem Sud berechnet. Dabei blieb natürlich ein gewisser Spielraum für den Wirt, so wie etwa zwischen dem Eichungsstrich des Bierglases und seinem oberen Rand ein Spielraum ist. Die Wirte haben diesen Spielraum weidlich ausgenützt und auch sonst allerlei Künste verstanden, wie bei den jeweiligen Visitationen aus den Ratsprotokollen zu ersehen ist.

Zur Eichung des neuen Braukessels erschien eine ganze Kommission, bestehend aus dem Vertreter des Pflegamtes, der Herrschaft, dem Amtsbürgermeister, dem Kanzleiverwalter, dem Eich-Visier oder Bindermeister und schließlich dem Waagmeister von der Stadtwaage als Eichschreiber. Das Eichen selbst war eine wichtige Angelegenheit, die Taxe betrug 15 fl. Davon bekam die Herrschaft die Hälfte, die andere Hälfte die Stadt, und zwar der Amtsbürgermeister und Kanzleiverwalter je 2 fl 45 x, der Waagmeister als Protokollführer 1 fl und der Eichmeister ebenfalls 1 fl.

1674 wurde im Rate beschlossen, die Eichung nach dem Ulmer Maß vorzunehmen, so dass ein Ulmer Eimer mit 120 Maß die Grundlage bildete. Hierzu wurde ein Wassermeister von Ulm hinzugerufen, Am 07.02.1687 wird Herr Christoph Fux anstatt des verstorbenen Herrn Habers als Eichmeister gewählt. Am 02.04.1695 wird Herr Mathes Röth auf Ableben des Herrn Andreas Schnizer zum Bierschauer bestimmt. Am Titel Herr ist zu erkennen, dass die Funktionäre Ratsherren waren.

1686 wurde bei Lorenz Stiegelins neuer Braupfanne beim ‚Pflug‘ die Eichung vorgenommen. Sie maß 4 1/2 Eimer, d.s. 540 Maß. Beim Sternwirt Christian Hartnagel wurde der neugemachte Braukessel am 09.01.1759 mit 3 3/4 Eimern festgestellt. Als beim Rößle bei Eugen Widemanns Witwe, der neue Kessel geeicht wurde, so maß er 24 Eimer. Beim Kannenwirt in der oberen Vorstadt wurde am 12.08.1763 geeicht und mit 2 Eimern 80 Maß befunden. Der Kessel des Lorenz Schuster, Stadtwirt, wurde mit 5 Eimern am 23.10.1764 geeicht, der des Storchenwirtes Josef Winkle am 23.08.1765 mit 3 Eimern 30 Maß befunden. Der Bräukessel beim grünen Baum in der Schulstraße wurde am 03.10.1767 mit 3 1/2 Eimer gemessen und beim Ochsenwirt Christian Harder wurde am 26.8.1758 die Braupfanne auf 5 Eimer geeicht.

Damals sind noch Wunder geschehen! [2]nach einem unveröffentlichten Manuskript von Eduard Wylicil Bei Mathias Widenmann, dem Rößlewirt, hat es sich zugetragen, dass die Bierschauer bei der Kellervisitation 15 Eimer braunes Bier mehr vorfanden, als der Kessel geeicht war. Und trotzdem wurde das Bier für gut befunden, war also nicht etwa gestreckt worden. Der Bräuer, darob zur Rede gestellt, rechtfertigte sich wie jeder, wenn es nicht stimmt. Erstens könnte man doch etwas mehr sieden, weil der Kessel einen Spielraum habe, zweitens seien seine Fässer frisch geeicht worden und da gebe es gegenüber der alten Eichung eine Differenz und drittens habe er sich ja nicht gegen die Schau gewehrt. Ob er den weisen Rat von seiner Unschuld überzeugt hat, wissen wir nicht. Es saßen ja selber Wirte auf dem Rathaus. Er wurde bloß verwarnt, künftig die Vorschriften besser einzuhalten.

Auch der Kannenwirt Michael Müller hatte 4 Eimer mehr auf seinem Lager an Bier liegen, als sein Kessel von Amts wegen fasste, der Stadtwirt Lorenz Schuster war noch großzügiger und hatte gar 10 Eimer mehr. Wegen der Ausreden braucht man nur diejenige des Rösselwirtes noch einmal durchzulesen. Der Rat hatte auch da die gleiche Einsicht und die gleiche Mahnung.

Den Vogel aber hat der Adlerwirt abgeschossen. Sein Kessel lag mit 5 Eimern in der Waag verzeichnet und damit braute er jedesmal 12 Fassel zu je einem Eimer, also statt 600 Maß braute er 1440 Maß.

Biermengen

Gemessen wurde das Bier ab 1674 in ‚Ulmer Eimern‘, ein Eimer fasste nach heutigem Maß 164,6 l. Das Eichgefäß war der sog. ‚Keplersche Kessel‘, der 1627 die wichtigsten Eichmaße der Stadt Ulm in einem Körper zusammenfasste: Längen, Hohlmaß und Gewicht. Er steht heute im Ulmer Museum.

Ein Eimer fasste 120 Mass, so dass die Mass mit 1,37 l zu Buche schlug.

Mit Verordnung vom 28. Februar 1809 wurden die Maße für ganz Bayern auf definierte Größen verbindlich festgelegt. Hiernach wurden der Eimer und die Mass neu definiert. Der Biereimer (Visireimer) betrug nun 64 Mass (68,416 l) zu je 1,069 l.

Diese Maße galten bis zur Einführung des metrischen Systems in Bayern zum 01.01.1872, das am 29. April 1869 für verbindlich erklärt wurde.

Die älteste Aufstellung über die Menge entstammt dem Jahr 1727, als 2631 Eimer Bier gebraut wurden, das sind 4330 hl. Bei einer Einwohnerzahl von ca. 1500 waren das immerhin ~290 l im Jahr, somit täglich 0,8 l. Heute beträgt der pro Kopf Konsum in Bayern ‚nur‘ noch 102 l, was ungefähr dem Drittel der damaligen Menge entspricht. Im Jahr 1727 gab es 17 Brauereien in der Stadt, wobei das gräfl. Brauhaus damals nur für die Herrschaft brauen durfte. Daher sind die Biermengen des Brauhauses nicht verzeichnet.

Die größte Brauerei war 1727 die Glocke mit 265 Eimern, auch Engel, Ochsen und Adler produzierten mehr als 200 Eimer. Die kleinste Brauerei war mit 97 Eimern die Kanne.

Etwa hundert Jahre später im Jahr 1842 hatte sich der Bierkonsum auf ca. 2/3 verringert. (Die Biermenge wurde jetzt ja in bay. Visiereimern gemessen!) Die Kanne hatte das Brauen aufgegeben, auch der Löwen produzierte zu dieser Zeit kein eigenes Bier und schenkte das Hasenbier aus. Es verblieben noch 12 aktive Brauereien, wozu jetzt auch das Bräuhaus gehörte, das nun auch an die Bürger Bier ausschenken durfte. Jetzt hatte sich der Hasen mit 1557 Eimern deutlich als größte Brauerei abgesetzt, gefolgt vom Bräuhaus mit 855 Eimern. Verkleinert hatten sich Lamm, Glocke, Storchen, Bären, Ochsen und Engel, die alle weniger als 100 Eimer brauten. Die anderen Brauereien hatten sich alle vergrößert.

Dieser Trend hielt auch die nächsten Jahre an. 1864 konnte sich der Hasen mit 2623 Eimern weiter deutlich absetzen, wieder gefolgt vom Bräuhaus mit 1502 Eimern und dem Kreuz mit immerhin 1101 Eimern. Schlusslicht waren jetzt die Glocke und der Stadtwirt mit jeweils ca. 115 Eimern. Der Löwen braute offenbar immer noch nicht selber, er ist in der Aufstellung nicht erwähnt. Nicht gerechnet am Bierkonsum sind die Schankwirtschaften, die auswärtiges Bier anboten.

Biersteuer

Am Bier verdienten nicht nur die Bräuer und Wirte, sondern auch die Herrschaft bzw. die Stadt. Die Steuer auf das Bier wurde ‚Bierpfennig‘ genannt. 1520 kam die erste allgemeine Biersteuer. 1543 betrug die ‚Tranksteuer‘ 2 Kreuzer je Münchner Eimer (64,142 l), was 0,03 x/l entspricht. 1591 stieg die Steuer auf 3 Pf/Maß, das sind schon 0,75 x/l. Im 30-jährigen Krieg fiel sie auf 2 Pf, wohl für schlechteres Bier und lag 1676 wieder bei 3 Pfennig. 1704 führten die Österreicher den ‚Kasernpfennig‘ als vierten Bierpfennig ein. Damals führte man auch den sog. ‚Malzaufschlag‘ ein, der bis zum Ende des ersten Weltkriegs galt und 1876 auf 4 Goldmark je Hektoliter festgesetzt wurde. Ab 1919 gab es die Reichsbiersteuergemeinschaft, die 1930 im Zug der weltwirtschaftlichen Depression die Biersteuer auf durchschnittlich 0,5 Pf/l erhöhte. [3]Karl Friedrich Wernert: Wettbewerbs- und Absatzverhältnisse des Handwerks in historischer Sicht; 1967 Duncker und Humboldt, Berlin

Dieser Bierpfennig brachte 1727 1513 fl 12 x, hinzu 1139 fl Umgeld an die Herrschaft, zusammen also ca. 2652 fl. auf 2648 Eimer (4330 hl). Das sind 0,375 x/l Bier, bei einem Bierpreis von 2,5 x/l also auch 15% Steuer!

Wer die Steuern nicht zahlte, wurde hart bestraft. 1762 musste der Kannenwirt Michael Müller, weil er Bier unversteuert verkaufte, 35 fl Strafe zahlen. Zudem wurde das beanstandete Bier auf der Gasse auslaufen gelassen!

Bierpreis

Jedes Jahr kam die Bräuerzunft um die Biertaxe ein, d.h., der Rat bestimmte den Bierpreis. Dann schickte er die Bierschauer herum, welche das Bier kosteten und wertmäßig abschätzten.

Der Bierpreis war immer schon ein wichtiges Maß für die Lebenshaltungskosten. Er stieg mit den Lebenshaltungskosten. Leider ist uns der Preis nur aus wenigen Jahren übermittelt. Er betrug im Jahr 1827 2,5 x/Maß und 1844 bereits 4 x/Maß. Wie hoch war der Preis aber im Vergleich zum Einkommen?

Ein Maurer verdiente z.B. 1823 42x am Tag, allerdings bei ~12 Std. Arbeitszeit am Tag, ohne Verdienst im Winter, ohne Renten- und Krankenversicherung. Somit kam er also auf einen Stundenlohn von 3,5 x. Für eine Halbe Bier musste er also ca. 20 Minuten arbeiten. Bis 1844 stieg der Taglohn nur auf 48 x, das Bier kam aber nun auf 4x die Maß. Nun musste er also bereits eine halbe Stunde für eine Halbe Bier arbeiten.

Heute liegt der Ecklohn des Maurers bei ~20 €/h (brutto), was ungefähr 12 € netto beträgt. Nach heutigen Maßstäben kostete die Halbe Bier also zwischen 4 und 6 Euro, lag also etwas über dem heutigen Bierpreis.

Biergässle

Im 19. Jahrhundert begann in der Schulstraße die Bebauung. Außer der Hagenthalerstr. (früher Schießgässlein) gab es keine Querverbindung zwischen den Straßen. Um ihren Kunden beim Bierkauf Umwege zu ersparen, richteten die Wirte in der Memminger Str. schmale Fußwege zu ihren Brauereien ein. So gab es das Lammgässlein, das Adlergässlein und die Glockengasse. Es gab auch noch das Fichtegässlein (nach dem Philosophen Fichte benannt), welches zum Goldenen Ochsen (Schnaggele) führte, das Färbergässchen (beim Stadtmetzger) und das Virchowgässchen (zw. Hauptstr. 8 und Memminger Str. 1, nach dem Mediziner Rudolf Virchow benannt).

Heute besteht von diesen Gassen nur noch die Virchowgasse. Nach dem Ende der Brauereien und Gastwirtschaften bestand kein ursächliches Bedürfnis mehr für diese Wege, die über Privatgrundstücke verliefen. Dennoch waren diese Abkürzungswege bei den Bürgern sehr beliebt, so dass es immer wieder Protest gab, wenn einer dieser Wege mit Berufung auf den Privatstatus geschlossen werden sollte. Bei der Virchowgasse kämpfte die Stadt in den 90er-Jahren lange darum, diese Gasse wegen ihrer Verkehrsbedeutung in öffentliches Eigentum zu überführen, was aber nicht gelang. Zumindest konnte ein öffentliches Gehrecht eingetragen werden.

Eisgewinnung

Bier schmeckt nur, wenn es kalt ist. Das wusste man auch schon früher, aber ohne Kühlanlagen war es schwierig, das Bier im Sommer kalt zu halten. Man hatte nur die Natur zur Hilfe, und so war man auf den Winter zur natürlichen Eisgewinnung angewiesen. Sobald die Bäche, Flüsse und Teiche zugefroren waren, ging man an die ,Eisernte‘. Das Eis wurde gestochen und gesägt und mittels Fuhrwerken zu den Bierkellern gefahren, wo es in die Keller geschüttet wurde und dort, unterstützt durch die eigene Verdunstungskälte, das Bier bis zum Ende des Sommers kühl halten musste. Natürlich schmolz das Eis, so dass es in den Kellern immer nass war und prächtigen Nährboden für Schimmel bot. Der Boden der Keller war mit Gefälle und einer Entwässerungsrinne ausgebaut, an deren Ende das Schmelzwasser in einen Sickerschacht eingeleitet wurde, der je nach Untergrund das Wasser besser oder schlechter versickern ließ.

Das Dargebot an Wasserflächen war gering, dementsprechend auch die Eismenge. Also wurde die Eisgewinnung zur Pacht ausgeschrieben und an den meistbietenden verpachtet.

Als nach 1870 der Eisenbahnweiher beim Bahnhof durch Kiesentnahme zum Eisenbahnbau entstand, hatte man eine weitere Wasserfläche, die zur Eisgewinnung genutzt und verpachtet werden konnte. So wurde z.B. im Jahr 1906 der Eisenbahnweiher für 9 Jahre an den Hasenwirt Anton Walser und den Bräuhauswirt Cajetan Kempfle verpachtet. Noch 1925 wurden die städt. Gewässerflächen zur Eisgewinnung verpachtet.

1895 legten die beiden Bierbrauer Hörmann vom Löwen und Kircher vom Engel auf der Bleiche einen großen Eisweiher an, der heute noch besteht. Die Wasserfläche besteht aus zwei Fl.Nr. Die Eisweiher werden aus der Ostroth gespeist und bei Bedarf in die Westroth abgelassen. Die Stadt tauschte zum Bau der Eisweiher 1902 einen Acker im Krautgartenfeld.

Da noch weiterer Bedarf nach Eis bestand, legte die Stadt im Jahr 1904 einen weiteren Eisweiher nördl. der Gutter’schen Maschinenfabrik an. Dieser wurde 1906 an den Bierbrauer Sälzle vom Rössle verpachtet. Von 1939-45 wurde dieser Weiher an die Brauer Anich (Glocke), Konrad (Ochsen) und Mayer (Bären) für 30 RM/Jahr verpachtet.

Nach dem Bau einer öffentlichen Wasserversorgung durch eine Druckwasserleitung eröffneten sich neue Möglichkeiten. So baute man über den Bierkellern an der Roggenburger Str. in den 30er-Jahren sogenannte Eisgalgen. Das waren Holzgestelle, an die Seile angebracht wurden, die im Winter aus der öff. Wasserleitung berieselt wurden um so Eisblöcke zu erzeugen. Die Eisblöcke konnten dann über die Abwurfschächte der Keller direkt an ihren Bestimmungsort verbracht werden.

1927 stellte das Rössle als erste Brauerei Weißenhorns auf das elektrische Kühlsystem Modell Linde um. Die anderen Brauereien folgten, so dass nach Natureis kein Bedarf mehr bestand.

Ab 1950 wurde der Eisweiher bei der Fa. Gutter nicht mehr als solcher benötigt. Das Grundstück wurde an die Fa. Gutter für eine Betriebserweiterung verkauft, verfüllt und mit einer Gießereihalle überbaut.

Der Eisweiher Hörmann/Kircher wurde von der Stadt übernommen und dient seitdem im Winter als Eislaufplatz.

Quellen:

Quellen:
1, 3 Karl Friedrich Wernert: Wettbewerbs- und Absatzverhältnisse des Handwerks in historischer Sicht; 1967 Duncker und Humboldt, Berlin
2 nach einem unveröffentlichten Manuskript von Eduard Wylicil
4, 5 Stadtarchiv Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
6, 7 Heimatmuseum Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn

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