Prof.-Jann-Gasse 2
Auf dem westlichen Grundstücksteil des Hauses Hauptstr. 7 (Sparkasse) befand sich bis zum Abbruch 1963 eine Agglomeration verschiedener Nebengebäude, die zeitweise auch bewohnt waren. Dieser Bebauung wurde nie viel Aufmerksamkeit entgegengebracht. Wir möchten zeigen, was da alles einmal war.
Beim Neubau des Nachbarhauses PJ04 1660 wird erstmals ein Stadel erwähnt, der aber schon länger gestanden haben dürfte, oder er wurde im Zuge des Neubaus HS07 im Jahr 1651 auch neu errichtet. Eine Vorgängerbebauung mind. von 1492-1518 ist anzunehmen. Nach Auswertung der Archivalien wird angenommen, dass sich an dieser Stelle ein weiteres Gebäude befunden hat.
Eigentümer vor 1492 sind archivalisch nicht mit Sicherheit feststellbar. 1492 kann ein Hans Mair diesem Gebäude zugeordnet werden, 1496 dem Schneider Jörg Mair. 1506 ist Georg Mair Schneid[er], vermutlich der Sohn, hier genannt. 1508 sind Georig Mayr und Anthoni Mayr Peckh (Bäcker), ab 1509 Peckhmayr geschrieben, hier nachzuweisen. 1511 wird der Eigentümer Gorg Mang geschrieben, 1514 Jorg Mang. 1515 finden wir Michel Miller Beck der Jung (vorher Hauptstr. 3) und Joss Miller als Eigentümer.
Für die Jahre 1518-1544 liegen keine Aufzeichnungen vor. Ab 1548 ist in den Steuerbüchern kein Hinweis mehr auf eine Bebauung zu finden. Es wird daher angenommen, dass das Haus bis spätestens 1548 abgebrochen wurde.
1651 wurde vermutlich ein Stadel im Zusammenhang mit dem Neubau Hauptstr. 7 errichtet, der fortan beim Anwesen HS07 mit erwähnt wird (Hans Christoph Wagners Stadel, Bürgermeister, Hauptstr. 7). 1706 heißt es Mathes Schaich seel. Kinder, Stadel, (Hauptstr. 9) und 1716 Christian Winklers Stadel (Hauptstr. 7). Ab jetzt wird der Stadel immer dem Hauptgebäude Hauptstr. 7 zugeordnet. 1732 ist dies Johann Pfaff, um 1740 Ludwig Vogel.
1773 wurde der Stadel wohl abgebrochen, im Steuerbuch nur noch als Ludwig Vogels Stadelhofstatt bezeichnet. Das Urkataster zeigt hier einen Garten.

1833 beantragte der Wachszieher Kajetan Jann (HS07) einen Stadel in seinen Gartenraum zu bauen. Beim Ortstermin am 29.10.1833 erklärte der gegenüberliegende Nachbar Weber Bestler (PJ01), dass er mit dem Bau nicht einverstanden sei, weil dort noch nie ein Stadel gestanden sei und dieser ihm das Licht wegnehme. Der Engelwirt Klotz protestierte auch gegen den Bau, weil seiner Holzlagerhütte hiermit der Luftzug genommen und das Holz nicht mehr trocken werde. Sein Hof erhalte kein Licht mehr und die Enge der Gebäude sei bei einem Brand problematisch. Und auch der Schuhmacher Werner Senleitner wandte sich ebenfalls wegen des Verlusts seines Lichtes gegen den Bau. Weiterhin machte er geltend, nach dem Gesetze dürften in Städten und Märkten die Stadel nicht in der Ortsmitte errichtet werden, sondern müssten am Rand gebaut werden. Da Jann in der Nähe der Stadt Gärten und Grundstücke besitze, solle er den Stadel dort bauen.

Die Baukommission sah die Argumente von Klotz und insbesondere Senleitner als begründet an, jene des Bestler aber nicht. Dem Bau wurde nicht zugestimmt und die Akten an das LG Roggenburg übergeben. Das LG Roggenburg lehnte den Plan am 15.02.1834 aus Feuerschutzgründen ab.
Jann vereinbarte daraufhin mit seinem Nachbarn Klotz einen Grundstückstausch, nach welchem er seinen Stadel nun so anordnen könne, dass Senleitner nicht mehr beeinträchtigt wäre. Klotz möchte auf dem getauschten Grundstück einen Pferdestall errichten. Jann legte eine neue Planung am 12.03.1834 vor. Senleitner hatte gegen den Stadel des Jann jetzt nichts mehr einzuwenden, wohl aber gegen den Stall des Klotz. Er reklamierte den Verlust der Aussicht und die Ausflüsse und Ausdünstungen aus dem geplanten Stall. Die städt. Baukommission gab nach Ortseinsicht der Meinung des Senleitner recht. Das LG Roggenburg sah den Stadel des Jann als genehmigungsfähig an, den Stall des Klotz jedoch nicht. Diese Entscheidung wurde den beiden Bauherren am 03.05.1834 bekannt gegeben.

Der Advocat Bauer aus Weißenhorn legte am 28.05.1834 mit einem 13-seitigen Schriftsatz Rekurs bei der Regierung des Oberdonaukreises gegen die Entscheidung des LG Roggenburg ein. U.a. erhob der Rechtsanwalt in diesem Schreiben den Vorwurf der Parteinahme gegen den Bürgermeister, da dieser mit Senleiters Frau verschwägert sei. Bgm. Raffler wies diese Vorwürfe als unzutreffend und albern zurück. Er bemerkte hierzu, dass er mit Klotz‘ Ehefrau näher verschwägert sei und dieser auch nicht geholfen habe.
Ein technisches Gutachten des kgl. Civil Bau-Inspektors Ruber gab der Auffassung des Senleitner Recht, machte aber einen Kompromissvorschlag, wie durch andere Proportionen der Gebäude eine genehmigungsfähige Planung entstehen könne. Die Regierung folgte dem Gutachten des Bauinspektors und wies den Rekurs zurück. Die Entschließung wurde den Bauherren am 09.11.1834 bekannt gemacht. Wenn dem Vorschlag des Bauinspektors gefolgt werde, müsse ein neuer Bauantrag gestellt werden.
Nach den Katastereinträgen wurde aber keines dieser Bauvorhaben verwirklicht. Auch in der Neuvermessung 1921 stellt sich die Situation gegenüber 1823 nicht wesentlich verändert dar.

1854 beantragte der Engelwirt Sebastian Kircher, auf der Südseite seines Grundstücks, angrenzend an den Garten des Kajetan Jann, eine Gaststallung anzubauen. Dieses Grundstück hatte Kircher durch den Grundstückstausch 1834 bekommen. Die Nachbarn stimmten dem Bau unter der Voraussetzung zu, dass keine Fenster auf ihre Grundstücksseiten angebracht werden. Die Stallung wurde planabweichend nicht mit einem Pultdach, sondern einem Satteldach versehen.


1878 stellte Johann Kircher einen Bauantrag, statt des Pferdestalls nun hier eine eingeschossige Waschküche zu bauen. Dieses Vorhaben wurde aber nicht realisiert.

Das Stadelgebäude des Kajetan Jann wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt zu Wohnräumen umgebaut und hierzu mit Fenstern und einem eigenen Eingang versehen. Es war aber kein selbstständiges Wohnhaus mit eigener Hausnummer. Auf einem Luftbild von 1933 ist noch ein großes Stadeltor zu sehen. Im Jahr 1950 stimmte der Stadtrat, ohne Bauantrag, dem Einbau eines Ausstellungsraumes für Dipl.Ing. Heinrich, Prof.-Jann-Gasse, hinter der Stadtsparkasse, ausnahmsweise für 3 Jahre, zu. Leider ist nicht bekannt, welches Gewerbe Herr Heinrich ausübte und was er hier ausstellte. Auf dem Luftbild von 1957 ist der Laden sogar mit einer Markise versehen. 1953 wurde der Kurzwarenladen Stempfle in diesen Raum im Rückgebäude verlegt, weil der alte Laden in die Geschäftsstelle der Sparkasse einbezogen wurde.


1964 wurden alle Nebengebäude im Zuge des Sparkassenneubaus abgebrochen.


