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Die Vorgängerbebauung am Hauptplatz

24. Juli 2021/Lageplan

Die Bebauung am Hauptplatz entspricht erst ab 1650 weitgehend der heutigen Situation. Im Bereich der heutigen Einmündung der Kaiser-Karl-Straße befanden sich früher einige Gebäude, die sowohl im Zuge des Baus der Stadtbefestigung um 1500 als auch des Baus des Fugg. Sommerschlösschens um 1600 abgebrochen wurden. Bei archäologischen Grabungen im Bereich des Hauptplatzes wurden schon 1976 Mauerreste gefunden, bei denen es sich um die Grundmauern dieser Anwesen handeln könnte. Leider wurden die Funde damals nicht professionell dokumentiert. Auch bei weiteren Grabungen im Zusammenhang mit dem Ausbau des Hauptplatzes 2009 traten weitere Funde auf. Diese wurden fachgerecht dokumentiert. Aufgrund der gefundenen Mauer- bzw. Fundamentreste wurde ein Rekonstruktionsversuch unternommen. Die genaue Lage und Zuordnung der Gebäude ist aber nicht feststellbar. Daher sind die gestrichelt dargestellten Gebäudeumrisse als Platzhalter zu verstehen für Eigentümer, die in dieser Lage nachweisbar sind. Die verwendeten Hausnummern sind nicht historisch, da Hausnummern erst 1785 eingeführt wurden. Sie stellen nur ein internes Ordnungsmedium dar.

Haus HPx1: Haus des Peter Seitz bis 1482; Oberes Zollhaus 1777-1863

Die erste Erwähnung dieses Gebäudes stammt aus dem Jahr 1475 und lautet auf Peter Seitz. Frühere Eigentümer sind archivalisch nicht nachweisbar.

Vor dem Bau des Oberen Tores hat sich an dieser Stelle ein größeres Anwesen befunden, welches nach dem Lagebeschrieb mindestens aus dem Haupthaus und einem Stadel bestanden hat. Das Anwesen wurde für 200 fl von der Stadt aufgekauft und für den Bau des Oberen Tores und der Stadtbefestigung abgebrochen. Der Chronist Nicolaus Thoman beschreibt in seiner Stadtgeschichte dieses Gebäude.

Vor dem obren thor da stunt ain hauß, was Peter Seytzen, des prach man ab, doch ward es im bezalt, gab im darfur und für roß, wagen und wein, wie oben begriffen ist, 200 gülden. Da machet man auf dieselben hofstat ain grosse bastey und darumb ain graben, wieß noch stat.

Der Abbruch des Hauses erfolgte wohl im Jahr 1482 zum Bau des Oberen Tores. Die Fläche blieb danach wohl längere Zeit unbebaut.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde dann in diesem Bereich das Obere Zollhaus gebaut. Nachdem im Jahre 1536 die Stadt gepflastert worden war, wurde ein Pflasterzoll erhoben. Die archivalischen Angaben hierzu sind spärlich. In einer Erhebung der städt. Immobilien von 1777 1 ist das Gebäude beschrieben: des oberen Thorwarts Wohnung ein zimlich Alein aber gut gebautes Hauß zu 300 fl. Demnach muss es sich um ein freistehendes Haus gehandelt haben.

Aber schon im Jahr 1786 ist im Einwohnerverzeichnis 1786 ein “Wagner” als Bewohner des Zollhauses vermerkt. Das Zollhaus selbst hat sich zu dieser Zeit im südlichen Vorturm des Oberen Tores befunden, wohl bis zum Neubau eines Zollhauses. 1819 beschließt der Rat die Ebauung eines neuen Zollhäuschens am Oberen Tor 2. Dieses neue Zollhäuschen war nur eingeschossig und klein, es ist auf einem zeitgenössischen Gemälde abgebildet und auch im Urkataster 1823 eigetragen.

Dennoch war dem Haus kein langes Leben gegönnt. Schon 1851 wurde es auf Abbruch versteigert und 1863 abgebrochen. Der Schreiner Andreas Kempf hat von der Stadt das Zollhaus vor dem oberen Tor auf Abbruch ersteigert und möchte dieses in der Fischergasse wieder aufbauen und um ein Stockwerk erhöhen. Es wird sich hierbei nicht um einen getreuen Wiederaufbau gehandelt haben, vielmehr um einen Neubau unter Verwendung des alten Materials. Am 27.09.1863 wurde der Vollzug des Abbruchs gemeldet.

Noch einmal wurde ein Versuch ein Versuch unternommen, an dieser Stelle etwas Neues zu bauen. Der Obsthändler Ferdinand Heß erhielt am 13.08.1909 vom Stadtrat die widerrufliche Erlaubnis zur Aufstellung einer Obstverkaufsbude vor dem Oberen Tor für 20 M/Jahr. Das Vorhaben wurde aber nicht umgesetzt. Bereits am 14.01.1910 wurde die Zustimmung zum Bau eines Obst-Kiosk vor dem Oberen Tor wieder widerrufen, weil man sich mit dem Antragsteller nicht über die Modaltäten einigen konnte.

Haus HPx2, Nr. 94a: ehem. Schmidt’sche Herberge

Für 1465 ist hier kein Alexi Seitz genannt, nur Peter Seitz ist genannt (HPx1). Entweder hat dieses Haus auch schon 1465 neben HPx1 dem Peter Seitz gehört oder Alexi Seitz (der Sohn?) hat das Haus hier neu erbaut. 1475 wird der Eigentümer Lexin Seitz genannt, mit Huß und Hofrait (kein Garten!) Für Lexin (Alexi) Seitz sind im Salbuch zwei Gebäude an dieser Stelle beschrieben. Es wird angenommen, dass es sich hierbei um ein größeres Anwesen mit zwei Hausteilen gehandelt hat. 1492 sind Allexy Seitz und Peter Seytz hiergenannt; nach Abbruch des Hauses Hauptplatz x1 bezieht Peter Seitz ein Hälfte des Hauses. Vermutlich ab 1502 tritt Alexi Seitz auch als Eigentümer des Gebäudes Hauptstr. 12 auf, ab 1507 auch von Hauptstr. 6. Von 1502-1517 ist Alexi Seitz weiterhin als Eigentümer verzeichnet.

Für die Jahre 1518-1538 liegen keine Aufzeichnungen vor. Für den 13.02.1538 wird im Salbuch der Leprosenpfleg Wilhelm Schmidt als steuerpflichtig eingetragen. Als Vorbesitzer wird Veitt Miller vom Attenhauven genannt. Es ist davon auszugehen, dass Alex Seitz (oder seine Erben) das Haus an Wilhelm Schmid verkauften, Veit Müller war entweder Erbe oder Zwischeneigentümer.

Ab 1548 ist das Anwesen als ‘Schmidt’sche Herberge’ bezeichnet, vielleicht war es auch schon früher unter Alexi Seitz eine solche. Es muss sich um ein sehr großes Anwesen gehandelt haben, denn der letzte Eigentümer Wilhelm Schmidt war mit einem Steuersatz von 28 fl im Jahr einer der größten Steuerzahler und daher wohl auch einer der reichsten Bürger in Weißenhorn. Die Steuerlisten der Oberen Vorstadt beginnen immer mit diesem Anwesen. Dies ist entweder seiner Bedeutung geschuldet oder lässt eine etwas abseitigere Lage vermuten. Der Standort dieses Anwesens konnte noch nicht genau bestimmt werden. Bei der Schmid’schen Herberge muss es sich um ein großes Gebäude mit nennenswertem Ertrag gehandelt haben. Wilhelm Schmid war bis 1581 der mit Abstand größte Steuerzahler der Stadt. 1572 stand er mit 64 fl 7 kr 6 h zu Buche, vor Hans Schlegel (MM04; 29 fl) und drei weiteren Bürgern mit 15 bzw 11 fl, alle anderen Bürger zahlten weniger als 10 fl, die meisten weniger als 1 fl !

1581 ist Wilhelm Schmid scheinbar verstorben, als Erben werden ein Herr Dr. Albrecht und Michel Paul Schmid genannt. Der Name Albrecht taucht nur bei HP01 als Thomas Albrecht auf. Da sich dessen Steuerzahlungen aber in den nächsten Jahren nicht verändern und hier auch kein Dr.-Titel genannt wird, kann er als Erbe ausgeschlossen werden. Ein Dr. Albrecht taucht auch in den Folgejahren nicht in Weißenhorn auf. Er dürfte also in einem anderen Ort gewohnt haben und kam vielleicht über die Linie der Frau an die Erbschaft.

Bei Michel Paul Schmid dürfte es sich um den Sohn Wilhelm Schmids handeln. Zwischen 1581 und 1587 verkaufte Michel Paul Schmidt das Anwesen an die Fugger. Ab 1587 ist kein Eigentümer mehr für dieses Anwesen genannt. Michael Paul Schmid kaufte mit dem Erlös 1581 das Gebäude Hauptstraße 7 und 1594 das Haus Martin-Kuen-Str. 2

1594 sind die Fugger im Steuerbuch eingetragen: Herr Philipp Eduardt Fuggh Freyherr zu Kirchperg und Weissenhorn (?) sein Gnediger Herr mer Auß herrh. Bauernß gart (vorher Wilhelm Schmidt). Die Fugger zahlen im Folgenden einen jährlichen Steuersatz von 8 fl 20 kr an die Stadt, weitere 30 kr für den Gartenbesitz. Die Steuerzahlungen enden 1614. Es ist nicht geklärt, welcher Grundstücksumfang zu diesem Anwesen gehört hat, denn die Fugger kaufen in den nächsten Jahren noch viele Gartengrundstücke in diesem Bereich. Im Fuggerarchiv Dillingen taucht die Schmidtsche Herberg mit Garten in den Rechnungsbüchern der Jahre 1603-1610 auf.

Die Fugger bauten auf dem Gelände das Fugg. Sommerschlösschen, nach Habel um 1600. Der genaue Zeitpunkt des Baus müsste unter Auswertung des Fuggerarchivs noch erforscht werden. Spätestens 1614 dürfte das Schlösschen erbaut worden sein, weil in diesem Jahr die Steuerzahlungen für die Schmidtsche Herberge aufhören. Bis dahin dürfte das Anwesen noch gestanden haben. Die Gebäude der Schmidtschen Herberge wurden im Zuge des Baus des Schlösschens offenbar vollständig abgebrochen.

Haus HPx3, Nr. 94

Das Haus wurde zwischen 1636 und 1651 zugunsten der Neubebauung des heutigen Hauses Hauptplatz 1 abgebrochen. Die Lage des Gebäudes wurde durch archäologische Grabungen 1976 und 2009 teilweise bestimmt. Zu den archäologischen Grabungen am Hauptplatz siehe eigenen Artikel.

Auch hier können die Eigentümer vor 1465 nicht archivalisch nachgewiesen werden. 1465 wird des Schwartzen Witwe (Elßbeth Schwarz) genannt, 1475 dann der Übergang an Josef Rentz, 1492 Jorig Rentz, 1510 dessen Witwe und 1511 Claus Beck und Gorgen Rentzen Nachkommen. Beck ist auch 1515 noch genannt; für die Jahre 1518-1538 liegen aber leider keine Aufzeichnungen vor. 1538 ist Lenhart Batzen (Schreibweise von Beck?) genannt. Es folgen 1548 Peter Algeuer, Bäcker, und 1562 Peter Algeuers Erben. 1567 kommt Thomas Algeyer, Probst zu (? nicht lesbar), und 1570 Bartholomäus Algeyer, der 1575 auf Untere Mühlstr. 10 wechselt, evtl. hielt er weiter noch Zweitbesitz an dieser Stelle. 1575 hat Gall Cramer das Haus als Zweitbesitz zu seinem Haus Memminger Str. 19.

Mit Jörg Khonn erscheint 1578 die letzte Eigentümerfamilie auf diesem Haus. 1607 heißt der Besitzer Georg Khonn (andere Person oder Schreibweise?), dessen Besitz 1614 als Behausung, Stadel und Hofraithen, mit einem Wert von 550 fl im Steuerbuch steht. Georg Khonn müsste zwischen 1617 und 1620 gestorben sein. Der Sohn kauft sich mit dem Erbe auf dem Grundstück HP05 ein, die Mutter hat noch das Ableben im alten Haus. Hans Khonn übernimmt 1632 als Erbe seiner Mutter das Gebäude und verkauft es an den Nachbarn Christoph Bader, HP01, der es abbricht, aber die Steuern für das Grundstück übernimmt. 1632 kaufen die Fugger das Gebäude und brechen es bis 1636 ab, vielleicht auch um die Zufahrt zum ca. 1600 gebauten Fuggergarten zu verbessern.

Haus HPx3a; ehem. Töpferei

Zwischen den Häusern Hauptplatz x3 und Hauptplatz 1 wurden 2009 bei den Grabungen 4 Töpfergruben gefunden. Da es nicht anzunehmen ist, dass sich diese im Freien befunden haben, wurde über dieser Fundstelle ein Gebäude angenommen. Bei den Eigentümerbeschrieben ist jedoch kein Hafner genannt. Die Nutzung als Töpferei muss also älter sein, konnte aber bislang noch nicht bestimmt werden.

Eigentümer vor 1475 sind archivalisch nicht feststellbar. 1475 finden wir Ulrich Schmieder (oder Schneider) und 1492 Leonard Semi. 1496-1501 sind keine Eigentümer genannt, evtl. Nutzung mit dem Nachbargebäude Hauptplatz x3 durch Jörg Renth gemeinsam. 1502 wird Hans Mill genannt, 1508 Petter Egeneder und 1511 noch Hanns Velin als Miteigentümer. Ab 1515 ist das Haus nicht mehr genannt, entweder Nutzung mit dem Nachbargebäude Hauptplatz x3 durch Claus Beck gemeinsam oder Abbruch.

  1. ]A 218 ↩︎
  2. A 112/4 ↩︎

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