Nicht mehr vorhandene Gebäude

Das Haus Nr. 31 – Sebastian-Sailer-Str. x

15. Juli 2021/Lageplan

Der Bereich westlich der Schranne war ursprünglich nicht bebaut und diente damals wohl als Marktplatz. Den Hauptplatz gab es zu dieser Zeit noch nicht, der heutige Kirchplatz war noch teilweise bebaut und ansonsten der Friedhof bei der Pfarrkirche. 1542 wurde der Friedhof bei der Stadtpfarrkirche aufgelassen und an den damaligen nördlichen Stadtrand verlegt, heute der sog. Alte Friedhof. Zwischen 1556 und 1575 wurde der Kirchplatz neu geordnet, die alte Bebauung, u.a. das damalige Frühmesshaus, wurde abgebrochen. Mit dem Umbau des Fuggerschlosses 1565, den neuen Bauten des heutigen Brauhauses (1565) und der Kray (heute altes Rathaus) 1576 erhielt der Kirchplatz seine neue Gestalt, die er bis zum Neubau der Stadtpfarrkirche 1862 im Wesentlichen auch beibehalten sollte. Seit dieser Zeit wird der Kirchplatz auch Marktplatz genannt.

Nach der Verlegung des Marktplatzes wurden die Grundstücke hinter der Schranne als Bauland verkauft. Bernhart Bayr verkauft oder übergibt das Haus Hauptstr. 13 (Hasen) um 1556 an Conrad Claus. Er erwirbt das Haus Sebastian-Sailer-Str. 1 und den Bauplatz hinter der Schranne, wo er 1559 das Haus Sebastian-Sailer-Str. x erbaut. Die beiden Gebäude gehören fortan dem gleichen Eigentümer, wobei das Haus SS01 vermutlich untergeordnet oder als Stadel genutzt wurde. Bernhart Bayr wird 1570 als Bürgermeister genannt, 1581 seine Witwe und 1594 seine Erben. Diese verkaufen das Haus 1595 an Andreas Hinträger sen., vorher An der Mauer 11. Bei Andreas Hinträger könnte es sich um einen Schwager gehandelt haben, nach dessen Ableben das Anwesen wieder in den Familienbesitz der Bair zurückkam, denn 1607 ist Hinträgers Witwe genannt und 1617 wieder ein Bernhart Bayer. Das Anwesen wird beschrieben als Behausung, Stadel und Hofraum.

1636 besitzt der Metzger Martin Bayr das Haus, welches mit einem Wert von 450 fl im Steuerbuch angesetzt ist. Im Jahr 1651 tauschen der Metzger Martin Bayr und der Seiler Hans Krautheim von der Prof.-Jann-Gasse 8 ihre Anwesen. Nach der Übernahme durch Hans Krautheim wird der Besitz mit 600 fl Wert veranschlagt. 1685 stirbt Hans Krautheim, das Erbe wird aufgeteilt und Andreas Krautheim (Sohn oder Neffe?) übernimmt das Haus. Ab 1706 wechseln die Eigentümer häufiger, nach einem Caspar Seitz aus Schwendi erscheint am 09.03.1727 der Weißgerber Johann Glatz, Sohn des Schmieds Josef Glatz von der Memminger Str. 2, als Eigentümer.

Die folgenden Eigentümer sind nicht absolut gesichert. Im Akt P 81 wird die Waisenpflegschaft eines Franz Glatz behandelt. Die Zuordnung ist nicht eindeutig. Nach der Personenkonstellation wird die Zuordnung hier aber für am wahrscheinlichsten gehalten. Bis 1759 sind noch Schuldobligationen der Stadt für Jonas (?) Glatz vorhanden. Es wird angenommen, dass Johannes (Jonas) Glatz um 1759 starb und sich anschließend seine Witwe noch um den gemeinsamen Sohn Franz kümmerte, bis sie auch ca. 1768 starb und das ererbte Vermögen bis 1779 noch von verordneten Pflegern verwaltet wurde. Am 14.01.1779 tritt ein Franz Glatz, nun volljährig, als Käufer des ‘Rössle’ Reichenbacher Str. 5 auf. Ein Verkauf der Liegenschaft nach Glatz’ Tod um 1759 erscheint wahrscheinlich.

Nächster Eigentümer ist Johann Stigele der vom Haus Günzburger Str. 6 hierher kommt. Johann Stigele stirbt ca. 1763. Das Erbe für seine Kinder wird bis 1777 von verordneten Pflegern verwaltet. Die Tochter Anna Maria Stigele heiratet 1777 Lepold Horngacher und zieht in dessen Haus Memminger Str. 32. Stigeles Witwe lebt hier noch bis 1768. Am 03.05.1768 übernimmt Josef Stigele, Kupferschmid, von Memminger Str. 40 hier den Altenteil seines Vaters. Josef Stigele starb am 13.11.1770. Er hatte seinen Besitz aufgeteilt. Der größere Teil hinter der Schranne ging am 13.07.1771 für 350 fl Wert an den Krämer Ignaz Prizger, das Nebengebäude Seb.-Seiler-Str. 1 wurde zur Hofstatt aufgewertet und neben dem halben Hofraum zu einem neuen Anwesen geformt, Wert 225 fl. Joseph Stigele jun., Schuhmacher, baute sich diesen Stadel zu einem Wohnhaus um.

Wieder wechselte das Haus relativ schnell die Besitzer. 1777 kam Lorenz Leitle, Loderer. Es dürfte sich hier um den Sohn des Anton Leithle, Wettbach 18, handeln. am 11.12.1802 erwarb der Lodweber Nikolaus Oswald das Haus, nach 1819 Matheus Miller und ab 31.03.1828 sein Sohn, der Glaser Georg Miller.

Der Magistrat hatte am 08.02.1833 einen Grundsatzbeschluss für einen Rathausneubau gefasst. Um diesen zu verwirklichen ersteigerte man am 18.02.1833 das Haus Martin-Kuen-Str. 2 des Mousselin-Händlers Leopold Jann für 1553 fl und konnte zeitgleich auch das Haus des Metzgers Mathias Bader für 2000 fl an sich bringen.

Als nächstes trat man am 27.02.1833 an den Glaser Georg Miller, Eigentümer der Hs.Nr. 31, heran und bot ihm das Stadel-Grundstück Hs.Nr. 34/1 im Tausch an. Miller ging den Tausch ein undbezog wohl unmittelbar danach das eingetauschte Gebäude. Nachdem 1835 der rückwärtige Verbindungsbau zum ehem. Baderschen Haus Nr. 34 abgebrochen wurde, errichtete Miller einen Neubau, der nun traufständig zur Martin-Kuen-Str. zu liegen kam und ab dann die Ecke zur jetzigen Schrannenstr. bildet. Das Haus steht bis heute.

Bis 1840 verschlechterte sich der bauliche Zustand des Hauses offenbar stark. Am 09.05.1840 beriet der Magistrat:

Auf die Anzeige, daß das so genannte Müllersche, der Kommune angehörige Haus baufällig geworden, daß durch dem Gutachten des Maurermeister Deibler täglich dem Einsturz drohe und zwar gegen das vormals badersche, nunmehr zur Sommerschranne gewandten Wohnhaus, hat der Magistrat gestern beschlossen, daß das Müllersche Haus zur öffentlichen Sicherheit gestützt, übrigens aber sobald immer möglich auf den Abbruch verkauft werden.

Der kgl. Gerichtsarzt Dr. Beck gab am 17.01.1841 über die hygienischen Verhältnisse im Bereich des Millerschen Hauses wegen der Metzgerabfälle des Matthias Bader ein negatives Gutachten ab, wonach das LG die Stadt aufforderte, diesen Übelstand schleunigst zu beseitigen.

Das LG ordnete am 08.03.1841 den sofortigen Abbruch an. Den durch die Verzögerung entstandenen Minderpreis haben der Magistrat und die G.B. zu gleichen Teilen zu tragen. (Ein solcher Vorgang, im Klartext: ‚Wärt ihr nicht so stur gewesen und hättet euch geeinigt‘ wäre heute nicht mehr denkbar.) Am 29.06.1841 wurde der Vollzug des Abbruchs an das Landgericht gemeldet.

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