Aktuell,  Hauptplatz 1,  private Gebäude

Hauptplatz 1 – Die Schmiede Hänsle

Das heutige Gebäude wurde zwischen 1636 und 1651 errichtet. Ab 1835 wurde es als Schmiede verwendet, später war hier ein Renault-Autohaus mit Tankstelle. Was wird aus diesem Gebäude?

Dem heutigen Gebäude ging ein Vorgänger voraus, der an etwas anderer Stelle lag. Dieser Bau wird im Rahmen des Artikels über die Vorgängerbauten am Hauptplatz behandelt.

Im Steuerbuch 1651 ist das Anwesen erstmals mit Behausung, Stadel und Hofraithe angegeben. Es muss sich also um eine Neubebauung handeln. Hier ist auch der Zukauf eines Stadels mit Hof von der Herrschaft erwähnt, Lage noch unklar. Eigentümer ist Christoph Bader. Er kaufte 1632 zu seinem Haus RB01 das Nachbargrundstück HP01 hinzu. Sein Sohn Christoph jung übernahm 1636 beide Häuser. Der Vater wechselte auf HS20, was er auch 1636 erworben hatte. Christoph Bader jung brach HP01 ab, bebaute das Grundstück neu und zog dorthin. 1660 verkaufte er HP01 an Christian Nepperschmid und kaufte dessen Haus SC01, was er auch abbrach, neu erbaute und 1684 an Michael Müller verkaufte. Das Haus RB01 wurde um 1636 an Bernhard Müller verkauft, der das Haus abbrach und neu erbaute. Zur gleichen Zeit kaufte Christoph Bader jung auch die Häuser HS14 und HA01, bebaute HS14 neu und verkaufte beide 165x an Martin Stigele.

Christoph Bader verkauft das Haus Hauptplatz 1 an Christian Nepperschmied, Bäcker, und erwirbt stattdessen dessen Haus Schulstr. 1. 1716 gehört das Haus dem Sohn Johannes Nepperschmied, ebenfalls Bäcker. Johannes stirbt 1744, das Erbe wird aufgeteilt und geht an Mathias Nepperschmied; Wert 700 fl, mit Bäckergerechtigkeit.

In den 1750er-Jahren wird das Haus an Josef Prosper Grifel (Bruder des Müllers Andreas Grifel zu Lauterach), danach an den Seiler Caspar Krautheim, samt der Bäckergerechtigkeit. 1773 ist der Seiler Karl Krautheim, wohl der Sohn, Eigentümer des Hauses.

Am 25.04.1800 erwirbt der Hafner Franz Schweiggart das Gebäude, die Backgerechtigkeit wird noch erwähnt und besteuert. Wohl um 1821 stirbt Franz Schweiggart und seine Erben übergeben das Haus an den Traubenwirt Josef Schweighardt, seinen Sohn. Das Anwesen wird beschrieben als Wohnhaus mit daran gebauter Stallung und Stadel, dann Hofraum.

Zum 10.02.1835 übernimmt Josef Schweighardts Schwiegersohn, der Schmied Ottmar Hänsle, das Gebäude und übernimmt die darauf lastenden Hypotheken. Hänsle hatte 1823 die Obere Vorstadtschmiede, Memminger Str. 2, übernommen und wollte diese umbauen. Er wollte das Haus abbrechen und neu bauen, wobei er weiter in die Illerberger Str. herausrücken wollte. Die Stadt stellte hierfür Bedingungen, die Hänsle nicht akzeptieren wollte. Daher nahm er Abstand von dem Umbau und entschied sich, das Haus Hauptplatz 1 seines schwiegervaters zu einer Schmiede umzubauen. Er finde sich durch die Hindernisse, welche ihm wegen dem Neubau seines gegenwärtigen Wohnhauses gemacht werden, veranlaßt, von demselben vollkommen abzustehen, und seine Schmidstatt sammt Wohnhaus in das Haus zu verlegen, welches sein Schwiegervater Schweikart auf dem Platze vor dem oberen Thor, am Gräfl. Fugg. Schloßhofe besitze. Beim Umbau des Gebäudes erweitert er dieses bis zur Mauer des Schlosshofes (Fugg. Gartenschlösschen).

Um 1837 wird der Traubenwirt Josef Schweighardt infolge finanzieller Schwierigkeiten unter Kuratel gestellt und sein Schwiegersohn Otmar Hänsle als Vermögensverwalter eingesetzt. Urteil des Königlichen Appellationsgerichts von Schwaben und Neuburg: “ich sey offentlich als Verschwender zu erklären, unter Curatel zu setzen, und mein Schwiegersohn Ottmar Haensle als Curator meines Vermögens zu bestellen” 1840 wird die Traube verkauft.

1855 sind Ottmar Hänsle und Johanna Schweikart (eine Schwägerin?) als Eigentümer verzeichnet. Othmar Hänsle stirbt 1858, zum 30.08.1858 übernimmt seine Witwe Magdalena mit ihren Kindern Viktoria, Theresia, Martin, Othmar u. Otto das Anwesen. Die Witwe Magdalena stirbt Mai 1865. Die Schmiede wird vom Sohn Martin übernommen. 1878 lässt Martin Hänsle ein Vordach anbauen.

Anfang des 20. Jhdts. übernimmt der Sohn Ottmar Hänsle den Betrieb. Er firmiert als Hufschmied und Wagenbauanstalt. Zwischen 1900 und 1920 wurden die alten Nebengebäude im Hof abgebrochen und durch eine neue Werkstattbebauung ersetzt. Planunterlagen hierüber bestehen nicht, die Darstellung in den Katasterblättern ist aber eindeutig. 1924 wird das Blechdach erneuert und eine Bretterschalung am Schutzdach angebracht.

Am 20.05.1927 erhält die Bay. Petroleum-Gesellschaft die Erlaubnis, am Hauptplatz beim Anwesen Hänsle eine ‘Olex’-Tankstelle für eine Anerkennungsgebühr von 100 RM/Jahr aufzustellen. 1928 wird die Benzinzapfstelle bei Hänsle erweitert und die Gebühr auf 200 RM angehoben und später mit Beschluss vom 05.02.1932 wieder auf 180 M/Jahr gesenkt.

1931 eröffnet die Hypotheken- und Wechsel-Bank AG, durch Bayernkönig Ludwig 1 im Jahre 1835 gegründet, im wirtschaftlich schwierigen Jahr 1931 eine Filiale, und zwar vorübergehend am Hauptplatz 1 und dann am Kirchplatz 7.

1938 sollte die Tankstelle überdacht werden, was vom Stadtrat aber nicht genehmigt wurde.

Zwischen 1944 und 1947 wurde die Werkstatt erweitert. Der Stadel auf der Ostseite des Grundstücks wurde in eine Werkstatt umgebaut. Hierbei wurde das bisherige Satteldach zu einem Walmdach umgebaut. 1948 firmiert Hänsle als Kohlenhändler. Die Tankstelle wurde nach dem Krieg vom BP-Konzern übernommen.

Ende der 50er-Jahre wurde die Schmiede aufgegeben. Hänsle wirkte fortan als Kfz-Mechaniker und eröffnete eine Kfz-Werkstatt. 1952 wurde ein zweiter Tank mit 5000 l durch die BP eingebaut. 1961 wurde die südliche Außenwand der Werkstatt erneuert. Das Satteldach über diesem Gebäudeteil wurde abgebrochen und durch ein Flachdach ersetzt.

1965 tritt Hänsle erstmals in einer Zeitzungsannonce als Renault-Händler auf.

Am 08.10.1966 war die Tankstelle Schauplatz einer großangelegten Feuerwehrübung.

1975 wurde für die Tankstelle wird ein neuer, doppelwandiger Benzintank auf öffentlichem Grund vor dem Gebäude eingebaut. Es wurde eine neue Tankstelle mit zwei Zapfsäulen und kleinem Schutzdach des BP-Konzerns gebaut. Zu dieser Zeit dürfte auch der Vorbau vor dem Gebäude entfernt worden sein. Zwischen 1982 und 1985 wurde die Tankstelle aufgegeben und abgebaut. Auch die Werkstatt wurde aufgegeben und das Haus nur noch als Wohnhaus genutzt.

2013 kaufte die Stadt Weißenhorn das Gebäude im Zuge der Altstadtsanierung. Nach Leerstand wurde das Haus temporär ab 2016 zur Unterbringung von Flüchtlingen und Kleiderkammer genutzt.

Quellen:

Quellen:
1, 2, 3, 5 Stadtarchiv Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
4, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19 Heimatmuseum Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert