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Die Fronfeste – Gefängnis der Herrschaft

Umfang, Größe, Nutzung und Baujahr dieses Gebäudes ist bislang unbekannt; ursprünglich war es der Stadel zum Kastnerhaus Wettbach 1, dann Amtsstadel und wohl auch Verwaltungssitz der Ortsherrschaft. 1862 wurde es im Rahmen des Rückzugs der Fugger aus Weißenhorn verkauft und abgebrochen.

Die Bezeichnung als ‘Fronfeste’ stammt aus dem Einwohnerverzeichnis von 1786. Es ist nicht klar, welche Funktion das Gebäude unter dieser Bezeichnung hatte. Gemeinhin versteht am unter einer Fronfeste ein öffentliches Gefängnis. Da die Fugger als Herrschaft auch die hohe Gerichtsbarkeit innehatten, benötigten sie auch einen Ort zur Verwahrung der Delinquenten. Da die übrigen bekannten Gefängnisse oder Arreste (das Bürgerstüble in der Schranne und der Prügelturm) der Stadt gehörten, musste die Herrschaft ihre Gefangenen anderswo unterbringen. Obwohl bislang keine Archivalien dies bestätigen, kann dies hier in der Fronfeste geschehen sein. Irritierend ist etwas, dass schon 1786 das Gebäude auch von anderen Bediensteten der Herrschaft bewohnt wurde, was für ein Gefängnis unüblich ist. Auch ist bei den Bewohner kein Gefängniswärter benannt, sondern der Gärtner. Hier besteht noch etwas Forschungsbedarf.

Das Baujahr der Fronfeste ist nicht überliefert. 1505 wird erstmals das Gebäude Wettbach 1 als ‘Castners Haus’ bezeichnet, schon 1499 wird Peter Schneewinkler dort als Kastner benannt und auch schon 1496 ist dieser dort ohne Berufsnennung wohnhaft. 1516 wird auf diesem Grundstück ein Stadel zum Kastnerhaus genannt, der aber auch schon früher hier gestanden haben kann.

1548 wird das Gebäude beim Nachbarbeschrieb des Gebäudes Wettbach 1 als ‘Stadel, so zu dem Casten-Haus gehört’ benannt. 1614 heißt es im Nachbarbeschrieb bei Wettbach 1 “der Herrschaft Pflegamts Behausung“, bei Wettbach A “Herrschafts Amts-Stadel“.

Bis 1614 war das Gebäude Memminger Str. 16 als Kastnerhaus bezeichnet und zur Stadt steuerpflichtig. Nach 1614 wurde es als Herrschaftl. Jägerhaus genutzt, war nicht mehr steuerpflichtig und daher im Steuerbuch auch nicht aufgeführt. 1660 wurde es verkauft und war im Steuerbuch auch wieder zu finden. Von 1614-1773 wird die “Fronfeste” im Wettbach als ‘Pflegamts Behausung‘ genannt. Es ist gut möglich, dass ab 1614 die Kontortätigkeit hier abgewickelt wurde. Hieraus kann (ohne konkreten Nachweis) gefolgert werden, dass die Fronfeste um 1614 von den Fuggern als Nachfolger ihres Kastnerhauses in der Memminger Str. 16 erbaut wurde. Planerische Belege für das Haus gibt es nicht. Es wird vermutet, dass es sich um ein zweigeschossiges Gebäude mit Satteldach, Obergeschoss vermutlich in Fachwerk, gehandelt hat. Vor dem Kastnerhaus befand sich ein öffentlicher (Pump-) Brunnen. Dieser ist auch im Urkataster 1823 eingezeichnet.

Erst im Einwohnerverzeichnis von 1786 finden wir einen archivalischen Beleg für das Gebäude: Fugger, Fronfeste, bewohnt von Josef Hohenberger, Gutsherr (Gärtner) des Grafen, seiner Ehefrau Elisabetha und seinen 3 Kindern Johann, Marianne und Crescentia. Auch weiterhin wird das Gebäude vom Personal der Herrschaft bewohnt. 1819 sind es Joh. Nep. Deinsel, Assessor und Anton Röhrle, Gerichtsdiener, und 1843 nur noch Anton Röhrle. 1843 war Anton Warzula gräfl. Gerichtsdiener und Anton Klingner der gräfl. Fugg. Gerichtsgehilfe. Für 1855 sind Josef Heinrich und Alois Schwager Bewohner des Hauses, 1858 Josef Heinrich und Mathäus Miller und 1861 Josef Hartung und Mathäus Miller.

Infolge der Mediation 1848 zogen sich die Fugger danach vollkommen aus Weißenhorn zurück und verkauften alle Immobilien. So wurde auch das Bräuhaus mit Ankündigung im Ulmer Landboten vom 14.03.1863 zur Versteigerung angeboten. Aus dem Auslobungstext geht nicht eindeutig hervor, ob auch die Fronfeste mit zu dieser Liegenschaft gezählt wurde. Sicher ist, dass die Fronfeste 1863 abgebrochen wurde und das Grundstück vom Bräuhaus mitbenutzt wurde.

Am 27.09.1863 wird der Vollzug des Abbruchs gemeldet. In diesem Akt wird die ehem. Fronfeste als ‘Blockhaus’ bezeichnet. Vermutlich wurde bei dem Abbruch auch die nach Süden führende Einfriedungsmauer abgebrochen.

Situation nach dem Abbruch

Nach dem Abbruch wurde innerhalb der stehen gelassenen Grundmauern ein Gärtchen angelegt. 1913 beantragte Cajetan Kempfle als neuer Eigentümer des Bräuhauses den Bau einer Gaststallung auf der Fläche der ehem. Fronfeste. Trotz anfänglicher Zustimmung des Magistrats entschied das Bezirksamt nach Nachbareinsprüchen und Stellungnahme der Obersten Baubehörde gegen das Vorhaben.

Nach 1914 wurde die Situation im Bereich der ehem. Fronfeste neu geordnet. Das auf dem Abbruchgrundstück befindliche Gärtchen wurde neu angelegt, eine massive Dungstätte gebaut, das Nebengebäude an der Stadtmauer abgebrochen und eine neue Einfriedungsmauer nach Westen erstellt (siehe auch zusammenfassend den Artikel über den Schlossplatz).

Die Schwäb. Warenvermittlung kaufte um 1922 das Bräuhaus und übernahm interimsweise den Gasthof, sie nutzte das Rückgebäude als landw. Lagerhaus. 1924 wurde eine Laderampe im Wettbach angebaut.

Diese Situation blieb bis Ende der 30er-Jahre. Auf dem Luftbild 1933 ist der alte Straßenverlauf noch zu sehen. 1944 war das Gärtchen nicht mehr da, es ist eine ungestaltete Freifläche zu sehen. Zwischen 1933 und 1944 wurde das Gärtchen bei der ehem. Fronfeste entfernt, die Mistgrube blieb allerdings noch. 1958 war die Dunglege nicht mehr in Betrieb.

1978 wurde das Bräuhaus als Gaststätte endgültig aufgegeben und in das Gebäude eine Filiale der Drogeriemarktkette Schlecker eingebaut. Im Februar 1979 wurde der westliche Teil des Bräuhauses abgebrochen und als Brachfläche liegen gelassen. Hierbei wurden auch die letzten Reste einer Bebauung im Wettbach beseitigt. Seitdem erinnert nichts mehr an die ehemalige Fronfeste.

Quellen:

Quellen:
1 Stadtarchiv Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 Heimatmuseum Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn

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