Allgemein,  Militär

Flugzeugabsturz in Attenhofen 1944

Lageplan

Der Absturz von Uffz. Horst Melzig in Weißenhorn/Attenhofen.

Von Martin Herodek


Dieser Bericht widmet sich der „fast“ vollständigen Rekonstruktion eines Flugzeugabsturzes aus dem
Zweiten Weltkrieg, der sich vor über achtzig Jahren im Gebiet von Attenhofen bei Weißenhorn
ereignete. Lange war das Geschehen nur bruchstückhaft überliefert, doch durch intensive
Heimatrecherche, Gespräche mit Zeitzeugen sowie die Auswertung historischer Dokumente und
Funde konnte ein deutlich klareres Bild gewonnen werden. Ziel ist es, das Ereignis rein historisch zu
beleuchten – ohne moralische Wertung oder politische Einordnung.

Im Mittelpunkt steht der junge deutsche Luftwaffenpilot Uffz. Horst Melzig, geboren 1920 in Breslau. Über seine Kindheit und Jugend ist kaum etwas bekannt; dokumentiert ist lediglich seine Beförderung zum Unteroffizier im Mai 1941. Seine militärische Laufbahn lässt sich ab August 1943 nachvollziehen: Er diente zunächst im Jagdgeschwader 106, wechselte kurz darauf zur 4. Staffel der Ergänzungs-Jagdgruppen Ost und wurde schließlich im März 1944 der 9. Staffel des Jagdgeschwaders 3 „Udet“ zugeteilt. Diese Einheit war in der Reichsluftverteidigung eingesetzt und operierte von den Feldflugplätzen Bad Wörishofen und Leipheim aus. Melzig erhielt im Laufe seines Dienstes mehrere militärische und sportliche Auszeichnungen. 1

Am 22. April 1944 startete Melzig gegen 10 Uhr zu einem Übungsflug, der zugleich der Erprobung der Bordwaffen diente. Er flog eine Messerschmitt Bf 109 G-6, Werknummer 440284 2, ausgestattet mit einem Daimler-Benz-Motor des Typs DB 605. Das Flugzeug gehörte zur 9. Staffel und trug Staffelmarkierungen wie das Kennzeichen gelbe „5“, die typischen schwarz, gelben Augen auf der Motorhaube und das weiße Reichsverteidigungsband. Die Flugroute führte von Bad Wörishofen nach Memmingen, Bad Schussenried, über den Raum Bad Buchau und weiter entlang der Donau Richtung Ulm und Weißenhorn. (1)

Über Weißenhorn kam es aus großer Höhe zu plötzlichen Motorstörungen. Augenzeugen berichteten von einem steilen Absturz aus rund 6000 Metern. Der Grund für den Motorausfall konnte nie geklärt werden; Sabotage galt damals als möglich, bleibt aber unbestätigt. Melzig sprang noch ab, doch erlitt so schwere Verletzungen – vermutlich beim Absprung oder infolge der Landung in einem Baum –, dass er noch am selben Tag verstarb. Der Weißenhorner Stadtpfarrer Fingerle spendete ihm die letzte Ölung. Am 12. Mai 1944 ist seine Grabstätte erstmals dokumentiert; sie befand sich auf dem katholischen Friedhof Weißenhorn, wurde jedoch später umgebettet. (2)

Erst 1991 geriet der Absturz erneut in den Fokus, als der Ulmer Polizeibeamte und Historiker Hans Lächler durch Recherchen in Verlustlisten auf den Fall aufmerksam wurde. Gemeinsam mit einem Zeitzeugen lokalisiert er die Absturzstelle im Wald nahe Attenhofen. Kurz darauf begann eine Bergung mit schwerem Gerät. In bis zu drei Metern Tiefe konnten zahlreiche Wrackteile geborgen werden. Besonders beeindruckend war der weitgehend erhaltene V12-Motor, der später gereinigt, konserviert und schließlich im Museum des Fliegerhorsts Bad Wörishofen ausgestellt wurde, wo er sich bis heute befindet. 3

Neben dem Motor wurden weitere Teile geborgen, darunter ein Propellerblatt mit gut erhaltener Lackierung, das nach mehreren Besitzerwechseln 2025 vom Heimatsammler Martin Herodek nach Weißenhorn zurückgebracht wurde. Auch Sauerstoffflaschen, Cockpitteile, das Spornrad und zahlreiche Aluminiumfragmente wurden gesichert. (3)

Zum 60. Jahrestag des Absturzes, im April 2004, wurde dank einer Spende der Messerschmitt-Stiftung ein Gedenkstein an der Absturzstelle errichtet. Vertreter der Presse, der Bundeswehr und örtliche Helfer nahmen an der Einweihung teil. Der Gedenkstein wird bis heute gepflegt; oft brennt eine Kerze in der danebenstehenden Laterne.4

Trotz der zahlreichen Recherchen und Funde bleiben einige Fragen offen – etwa die genaue Ursache des Motorausfalls oder die letzten Sekunden des Piloten. Dennoch haben die gesammelten Informationen bewirkt, dass das Schicksal von Uffz. Horst Melzig und das Ereignis des Absturzes in Weißenhorn nicht in Vergessenheit geraten sind. Die historische Aufarbeitung ist weiterhin im Gange, und weitere Hinweise, Dokumente oder Erinnerungen werden ausdrücklich willkommen geheißen, um das Bild der Ereignisse weiter zu vervollständigen.

Autor: Martin Herodek,

Rufenbergstraße 5,

89264 Weißenhorn,

heroma.97@web.de

  1. Kracker Luftwaffe Archive https://aircrewremembered.com/KrackerDatabase/q=Melzig&qand=&exc1=&exc2=&search_only=&search_type=fuzzy ↩︎
  2. Verlustmeldung Gunter L. ↩︎
  3. Artikel Kreisbote Kaufbeuren 11.09.1991 ↩︎
  4. Jäger Blatt 3/2004 Seite 56 ↩︎

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert