Allgemein

Günzburger Str. 25 + 27

Lageplan

Bei dem traufständigen Doppelhaus Günzburger Str. 25 u. 27 handelte es sich Jahrhunderte lang um das letzte Haus in Richtung Norden. Bei den Nachbarbeschrieben ist zwischen 1614 und 1678 von einem Tor hier die Rede, danach heißt es nur ‚die Gemeind‘. Nimmt man den Beschrieb wörtlich, müsste hier ein Tor gewesen sein. Das hätte aber nur einen Sinn, wenn es sich hier auch in einer Mauer oder einem starken Zaun fortsetzen würde. Diese Frage konnte bislang nicht geklärt werden. Eine ähnliche Befestigung ist auch in der Reichenbacher Str. vermerkt, in der Memminger Str. allerdings nicht.

Die bauliche Situation in diesem Bereich bis 1475 ist nicht zweifelsfrei zu klären. Nach dem Lagebeschrieb im Zinsbuch B 38 von 1475 muss sich hier eine nennenswerte Bebauung befunden haben, die aber in den späteren Steuerbüchern nicht mehr auftritt, einige der hier genannten Eigentümer finden sich ab 1492 eindeutig an anderen Bauten. Es wird daher die Hypothese vertreten, dass diese alte Bebauung einem Brand oder wegen der Nähe zur Roth auch einem Hochwasser zum Opfer fiel und die Bebauung anschließend neu geordnet wurde.

Altbebauung Doppelhaus, südl. Teil, Hs.Nr. 103

Eigentümer vor 1465 sind archivalisch nicht feststellbar. 1475 werden Hans Claus und Peter Praun genannt. 1492 und 1496-1517 sind keine Einträge vorhanden. Für die Jahre 1518-1548 liegen keine Aufzeichnungen vor. Zwischen 1518 und 1548 muss eine Neubebauung des Grundstücks erfolgt sein. Es wird vermutet, dass es sich ursprünglich um zwei einzelne Häuser gehandelt hat und der südliche Hausteil erst nach 1518 verbunden wurde.

Die nachweisbare Bebauung beginnt 1548 mit Valenthin Bader. Ihm folgt ab 1562 Jorig Leberwurst, in den folgenden Jahren öfters mit Mitbewohnern. Ab 1570 wird der Eigentümer Jörg Leberwurst geschrieben, vielleicht ein Generationenwechsel. 1595 ist Jörg Leberwurst gestorben, es folgte seine Witwe. Diese wechselte auf GZ16, ihr Sohn bleibt hier auf GZ25. 1607 heißt der Eigentümer Georg Leberwurst, Keßler.

Das Haus müsste zwischen 1610 und 1614 geteilt worden sein. Dabei überließ Georg Leberwurst seinem Schwiegersohn Melchior Algeuer den nördlichen Teil des Gebäudes. 1614 heißt der Eintrag Georg Leberwurst, Keßler; halbe Behausung; Wert 155 fl.

Nachfolgend wird die halbe Behausung seinem Schwiegersohn Melchior Algeuer, zugeschrieben, dem schon die nördliche Hälfte gehört. Der Eintrag ist gestrichen, d.h., das Haus wurde abgebrochen. Algeuer gehört danach die ganze Einheit. Behausung halber Thayl sambt dem Gärtlin ist seinem Tochtermann Melchior Algeuer zugeschrieben.

Ebenfalls erwähnt wird ein Garten zwischen dem Nachbarn Höllwirth und der Gasse, das dürfte der westliche Grundstücksteil bis zur (jetzt) Peter-Arnold-Straße sein. Zu Georg Leberwursts Besitz gehört auch das Haus seines Bruders Ulrich (Günzburger Str. 21), was er nach dessen Tod ab ~ 1614 bezieht.

1617 übernimmt Melchior Algeuers Witwe das ganze Anwesen mit dem Garten. 1626 kauft Hans Oschwaldt; vorher auf Günzburger Str. 19, die halbe Behausung und zieht hierhin. 1636 geht Hans Oschwald wieder auf GZ19 zurück und überlässt Melchior Algeuers Witwe seine Hälfte wieder. Das Grundstück hat jetzt keinen Wertansatz und ist nur als Hofstatt, d.h. unbebautes Baugrundstück, geführt.

1651 kauft Christian Kächelen von Melchior Algeuers Witwe das gesamte Anwesen, behält den südlichen Teil, bebaut diesen neu (Wert 150 fl) und verkauft den nördlichen Teil an Jerg Reysinger für 130 fl.

1678 wird ein Bartelme Kugler als Eigentümer genannt und 1684 Sebastian Hölzle. 1692 ist dessen Witwe eingetragen. Nach ihr gehört das Haus Georg Grißer, bevor es am 16.09.1701 an Johann Friedrich, Hafner, verkauft wird. 1706 ist Johann Friedrich noch hier genannt, nach 1710 wird Matheis Kramer, Schuhmacher, eingetragen. 1720 heiratet Gottlieb Kuen, Strumpfstricker; (Sohn des Elias-Kuen aus der Malerfamilie Kuen), Wert 140 fl, die Tochter Barbara des Matheis Kramer und wird Eigentümer. Am 08.04.1727 kauft Gottlieb Kuen die Haushälfte Heilig-Geist-Str. 6 und zieht dorthin.

Das Haus in der Günzburger Str. verkauft Kuen für 140 fl an Jakob Hüberle, Tagwerker, der vorher auf Zollstr. 2 ansässig war. Jacob Hürbeler verkauft an den Nachbarn Andreas Merckle (nördlicher Hausteil) ein Stück des Gartens mit 14 m Länge und 4,67 m oben und 2,92 m unten Breite für 16 fl. Der Immobilienwert wird auf 124 fl angepasst.

1736 besitzt Jakob Hüberles Witwe das Haus. Sie verkauft das Haus an Johannes Fischer, Maurer, für 130 fl. Johannes Fischer konnte um 1760 auch die nördliche Haushälfte erwerben und das Haus als Ganzes nutzen. Der Zeitpunkt des Erwerbs ist nicht dokumentiert. Noch in den 1760er-Jahren erbt Johannes Fischers Witwe das ganze Haus mit einem Wert von 330 fl. 1773 stirbt Frau Fischer, das Haus gehört einer Erbengemeinschaft.

Bis 1779 wird das Haus als Ganzes, aber mit zwei halben Behausungen geführt. Ab 26.01.1779 wird es getrennt auf zwei Grundstücken geführt. Die nördliche Hälfte erhält die Hausnummer 104, Günzburger Str. 27. (siehe weiter unten)

Franz Winkle, Maurer, wird 1779 als neuer Eigentümer geführt. Am 09.04.1783 geht das Haus an Andreas Winkle, Taglöhner, vermutlich seinen Sohn. 1819 erscheint dessen Sohn in den Büchern, jetzt Franz Winkle geschrieben. Dieser ist 1819 als Kleiderhändler und 1824 als Fürkäufer1 benannt. Am 17.11.1824 wird das Haus von seinem Sohn Franz Winkle, Taglöhner, übernommen. Der Söldner Franz Winkler baut 1834 rückwärts an sein Haus anstoßend in seinen Garten einen Stadel,… indem er die Einfahrt rückwärts in seinen Garten richte. 1836 wird Franz Winkle als Maurer bezeichnet, 1843 als Nachtwächter.

Am 11.03.1852 übernehmen Josef und Marianne Merkle das Haus. Vermutlich hat Josef Merkle die Tochter Marianne des Franz Winkle geheiratet.

Am 26.10.1875 kauft Rembold Kaspar, Waagmeister, (Günzburger Str. 28), das Haus zu seinem Besitz hinzu. Offenbar hat Kaspar Rembold das zugekaufte Haus aber nicht halten können, denn es geriet in die Zwangsversteigerung. Am 21.02.1876 erwarb es Michael Betzler, Söldner, in der Versteigerung. Schon 1 1/2 Jahre später verkaufte Betzler das Haus wieder. Am 20.11.1877 erwarben es Hinträger Ludwig, Dienstknecht v. Bubenhausen u.
Therese, geb, Schick v. Hürben (Dienstmagd). 1882 wird Damian Hinträger, Taglöhner, als Eigentümer genannt, am 29.05.1888 aber wieder Hinträger Theresia, Taglöhnerswitwe.

1922 ist der Schneider Alois Hinträger Eigentümer.

Von dem Doppelhaus Günzburger Str. 25+27 gibt es leider kein brauchbares Foto. Es ist nur auf diesem Foto von 1941 (Heimatmuseum Weißenhorn) im Anschnitt zu finden. Dennoch sind auf diesem Foto die beiden getrennten Eingänge der Häuser zu sehen.

Günzburger Str. 25; Neubau 1947

Lageplan

1947 wird das alte Haus abgebrochen und durch Alois Hinträger ein Neubau errichtet. Dieser wird nun giebelständig zur Straße ausgeführt. 1948 ist die Schneiderwerkstatt Hubert Duda hier ansässig.

1962 wird der Balkon erneuert und 1965 in die Garage eine Tür und ein Fenster eingebaut.

Altbebauung nördl. Teil, Hs.Nr. 104

Nach der Teilung des Hauses am 26.01.1779 besitzt der Taglöhner Felix Weitmann diese Haushälfte. 1833 werden Anton u. Franziska Weitmann (Sohn und Witwe) geführt. Am 24.06.1834 geht das Eigentum voll auf Anton Weitmann über. Am 02.10.1849 wird dessen Witwe Bibiana der Besitz übergeben. Für das Jahr 1852 ist ein Stadelneubau vermerkt. Frau Weitmann heiratet noch einmal und wird 1855 als Bibiana Strobel im Einwohnerverzeichnis genannt.

Das Haus muss sich zu dieser Zeit schon in einem schlechten Zustand befunden haben, denn am 21.04.1864 gibt Maurermeister Deibler über den baulichen Zustand des Gebäudes ein Gutachten ab, in welchem das Haus als baufällig und verwahrlost dargestellt wird. Ohne dass irgendwelche Baumaßnahmen dokumentiert werden, wurde am 17.12.1869 Anton Kircher, Bäckermeister, neuer Eigentümer. Es folgen rasche Eigentümerwechsel, was bei billiger und schlechter Bausubstanz öfters der Fall ist. Am 28.06.1871 wird Nikolaus Kocher, Zimmermann von Grafertshofen, Eigentümer, am 06.12.1872 Leonhard Maier, Söldner aus Oberhausen, am 29.12.1873 Juliana Hehl, Dienstmagd aus Kadeltshofen und am 14.07.1874 Anna Horz, Buchbindersehefrau. Dieser folgt 1875 ihr Sohn Johann Horz, aber schon am 13.10.1877geht das Haus in die Hände von Heribert Schlachter, Dienstknecht. Dieser bleibt jetzt wieder länger, erst 1922 ist mit Johanna Betz, Rentnerin, eine neue Eigentümerin genannt. 1948 gehört das Haus der Hausgehilfin Maria Betz.

Es ist nicht dokumentiert, wann das alte Haus abgebrochen wurde. Vermutlich geschah dies schon zusammen mit der südlichen Haushälfte 1947. 1952 ist der Neubau einer Holzhütte auf diesem Grundstück registriert.

Günzburger Str. 27; Neubau 1957

Lageplan

Die Baugenehmigung für einen Neubau wurde 1956 beantragt, auf einem Luftbild von 1957 sehen wir das Haus im Bau. Das Haus wurde bis ca. 2012 von der Hebamme Maria Bader bewohnt.

2013 wurde das Haus verkauft und von den neuen Eigentümern umgebaut und modernisiert. Hierbei wurde die Fassade nicht unbedingt positiv verändert.

  1. Fürkauf ist das gezielte Aufkaufen von Waren vor dem Markt, um die Waren später zu einem höheren Preis verkaufen zu können. Fürkauf war in manchen Städten verboten, eine Regelung für Weißenhorn ist nicht bekannt. ↩︎

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