Nicht mehr vorhandene Gebäude,  Schulen, Kindergärten, Bildung

1859: Schulhausneubau oder nicht?

Lageplan

Um 1859 suchte die Stadt eine Lösung für das Schulproblem. Hier zeigen wir das Hin und Her in der Diskussion über eine Lösung.

Um 1859 kam es für die Stadt ganz dicke: Man diskutierte und plante einen Rathausneubau an Stelle der Stelle der Schranne, man brauchte einen neuen Pfarrhof, das Schulhaus war zu klein und am 22.02.1859 stürzte zu allem Unglück auch noch die Stadtpfarrkirche ein. Die Stadtväter waren wirklich nicht zu beneiden, hier die richtigen Prioritäten zu setzen und die richtigen Entscheidungen zu fällen!

Die Diskussion über die zu kleine Schule von 1816 begann schon 1854. Die Schülerzahl war so gestiegen, dass eine vierte Klasse eingerichtet werden musste. Man schob die Angelegenheit zwar hinaus, sie löste sich aber nicht von selber. Interimsweise brachte man die Schulklasse in einem Gewölberaum im Erdgeschoss der Kray (Kirchplatz 2) unter.

Es zeichnete sich zu dieser Zeit bereits ab, dass sich die Fugger infolge der Mediation aus der Stadt zurückziehen würden. Da lag es für die Stadt nahe, sich für die frei werdenden Immobilien der Fugger zu interessieren. Am 23.04.1858 beschloss der Magistrat, die Graf Fuggerschen Domainencanzley Hauptstr. 8 zum Schulunterricht und als Wohnung für den Hilfslehrer Roßkopf anzupachten. Die Zustimmung des Fugg. Rentamts zur Anpachtung für 1 Jahr um 80 fl wurde erteilt. Die Gemeindebevollmächtigten allerdings wandten sich gegen die Anpachtung der Fugg. Domänenverw., weil sie das Gebäude nicht für geeignet hielten. Sie schlugen vor, die Lehrerwohnungen in das Fugg. Gebäude zu verlegen, damit die Schulklassen zusammen in einem Gebäude seien. Den Lehrern würde eine Entschädigung zugestanden. Gegen diesen Vorschlag protestierten allerdings die Lehrer.

Der Magistrat teilte dem fugg. Rentamt daraufhin mit, dass die in Aussicht genommenen Räume wegen Unebenheit des Bodens nicht geeignet seien und fragte die Verfügbarkeit anderer Räume an. Das fugg. Rentamt antwortete, dass wegen des bevorstehenden Abbruchs eines Teils des Schlosses [barocker Vorbau?] ‚auf die angesonnene Vermiethung eines Lokals zu schulzwecken nicht eingegangen werden könne‚,

Man legte die Akten der Lokalschulinspection vor, die der weiteren Verwendung des Interims-Klassenraums zustimmte, soweit keine gesundheitlichen Bedenken bestünden. Dennoch beschloss der Magistrat am 27.08.1858, den Schulsaal im kommenden Winter aus der Kray in den Rathaussaal zu verlegen, der hierzu durch eine Scheidewand zu unterteilen wäre. Die GB lehnten aber eine Unterbringung von Schulräumen im Rathaus ab und schlugen vor, das Haus des Advokaten Singer (Schulstr. 29), das gerade zum Verkauf stand, als Schullokal zu erwerben.

Um zu einer Lösung zu kommen beschloss der Stadtmagistrat daraufhin, den Gerichtsarzt Dr. Beck um ein Gutachten über die Eignung der Räume unter der Kray als Schulräume zu bitten und Maurermeister Deibler zu beauftragen, einen Entwurf über einen Anbau an das Schulhaus zu fertigen. Durch einen solchen Anbau versprach man sich eine ensgültige Lösung des Schulproblems.

Erwartungsgemäß lehnte das Gutachten Dr. Beck die genannten Räume als ungeeignet ab. Auch das LG Roggenburg lehnte die Einrichtung eines Schulraums in der alten Waschküche der Kray ab. Man fragte also noch einmal beim fugg. Rentamt um eine Anmietung von Räumen in der Hauptstr. 8 an und erhielt hierfür auch eine Zusage.

Zwischenzeitlich zog der Magistrat auch einen der Gewölberäume im Wollhaus An der Mauer 2 (spätere Räume der Wechselausstellungen im Museum) in Erwägung und bat Dr. Beck am 04.10.1858 um eine Begutachtung dieser Räume. Der Gerichtsarzt lehnte das dumpfe Kellergewölbe im Wollhaus aber ab und meinte, es bleibe nichts anderes übrig, als den Unterricht in der Wohnung des Lehrers Walter abzuhalten und für den Lehrer in der Stadt eine andere Wohnung anzumieten. Von dieser Idee waren aber weder der Lehrer noch der Magistrat angetan.

Am 09.10.1858 wurde dann endlich der Maurermeister Deibler vorgeladen und erteilte ihm einen Planungsauftrag um einen Entwurf unter Angabe der Wünsche der Stadt. Der Aktenvermerk hierüber ging in Abschrift auch an Dr. Beck, der diesem Beschluss zustimmte. Am 16.10.1858 besvchloss der Magistrat, dass infolge der vorgerückten Jahrerszeit nichts anderes übrig bleibe, als den Raum in der Kray zweckmäßig herzustellen, mit neuen Fenstern zu versehen und hell anzustreichen.

Am 22.10.1858 legte Maurermeister Deibler seinen Entwurf vor.

Der Stadtmagistrat hielt mit diesem Entwurf alle Anforderungen für erfüllt und überstellte ihn an die GB. Diese wünschten sich noch einen Kostenvoranschlag. Dieser ging am 26.11.1858 mit einer Summe von 4.723 fl 47 x ein. Die Schulbehörde und das LG Roggenburg stimmten der Planung zu.

Nicht so allerdings die Gemeindebevollmächtigten. Diese gaben am 21.11.1858 die Stellungnahme ab, man solle lieber das Fuggerschloss kaufen. Mit diesem Ankauf könne man viele Raumprobleme der Stadt lösen. Der Magistrat fand den Gedanken überlegenswert und fragte bei der fugg. Verwaltung an. Am 11.12.1858 erging die Antwort, man beabsichtige nicht, das Schloss zu verkaufen, besonders nicht um einen geringeren als den bisher verhandelten Kaufpreis. Man biete aber andere Immobilien zum Kauf an. Die GB baten sodann den Magistrat, den Anbau an das alte Schulhaus vorerst nicht durchzuführen und persönliche Verhandlungen mit den Fuggern durchzuführen.

Dem LG Roggenburg dauerte der Hick-Hack um eine Entscheidung langsam zu lange. Am 24.11.1858 forderte das Landgericht die Stadt auf, für eine provisorische Unterbringung der Kleinkinderschule zu sorgen und ebenso für eine ausreichende Unterbringung der Schüler bis zum 14. Lebensjahr. Über die Finanzierung der vorhablichen Bauten sei ein Schuldentilgungsplan vorzulegen. Der Magistrat rechtfertigte sich am 30.12.1858, dass die Stadt unter den gegebenen Umständen keine Möglichkeiten habe, die Forderungen zu erfüllen. Doch schon am nächsten Tag, an Silvester 1858 wurde eine gemeinsame Sutzung des Magistrats mit den Gemeindebevollmächtigen abgehalten. Es wurde vorgetragen, der Ankauf des Schlosses könne nur dann gelingen, wenn das Landgericht von Roggenburg nach Weißenhorn verlegt würde. So bekäme das Schloss einen größeren Wert als durch den vorhablichen Abbruch erzielt werden könne.

Das LG Roggenburg erteilte am 14.01.1859 das unwiderruflich letzte mal, den Unterricht den Winter über im Raum unter der Kray abzuhalten. Die Schulinspektion gab die Klassenstärken mit 52-60 Schülern an. Finanzierungsvorschlag des Magistrats: Die Kosten des Schulhausbaus sollen aus den Kapitalien für den Rathaus- und Schrannenneubau von 10.280 fl entnommen werden und mit 3% Verzinsung angesetzt werden. Der Bauplan soll so ‚umgeschnitten‘ werden, dass er das vorgeschriebene Bauprogramm erfüllt, die Vergabe soll im Submissionswege erfolgen.

Eine Kommission aus Kreisbaurath Baron v. Stengel1, dem Landrichter Sybringer und dem Magistrat hat am 21.02.1859 mit Einverständnis des Landgerichtsarztes Dr.Beck und Bewilligung der GB das v. Sengersche Haus besichtigt und beschlossen, dieses für 6.000 fl zu kaufen.

Doch die GB insistierten ein weiteres Mal: der Anbau an das Schulhaus wäre nicht notwendig, wenn man eine der Lehrerwohnungen als Schulraum nähme und dem Lehrer eine Mietentschädigung zahlen würde. Die Lehrer Kammerlander, Walther und Fäßler konterten diese Idee, indem sie bauliche Mängel am Schulgebäude zur Anzeige brachten, woraufhin eine Kommission aus dem Baubeamten Körber von Illertissen, Zimmermeister Gaiser und BM Jann das Gebäude besichtigte. Es wurden einige Ausbiegungen an den Mauern festgestellt und Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen.

Am 22.02.1859 stürzte die alte Stadtpfarrkirche ein. Dieses Unglück brachte viele frühere Entscheidungen ins Wanken un die Prioritäten mussten neu gesetzt werden.

Für den Ankauf des sengerschen Hauses Schulstr. 29 wurde am 28.02.1859 ein Vorvertag mit der Sparkasse Heidenheim2 als Verkäufer statt. Doch schon am 07.03.1859 teilte der Aufsichtsrat der Sparkasse mit, dass nun ein Gebot von 6.300 fl für das Sengersche Haus vorliege und man daher neu versteigere. In einer gemeinsamen Beratung des Magistrats und der GB sprach sich BM Jann für das Sengersche Haus aus und Magistratsrat Göppel für den Ankauf des Schlosses, da dieses weniger Bauarbeiten erfordere. Mehrheitlich sprach man sich aber für das Haus Senger aus und ermächtigte den BM, bis 7000 fl zu bieten. Beim Versteigerungstermin am 30.03.1859 konnte die Stadt das Haus Senger nicht für 7.000 fl ersteigern. Zimmermeister Balthasar Rothenberger aus Neu-Ulm3 bot 7.025 fl.

Der Magistrat stellte sodann am 01.04.1859 fest, dass ein Anbau an das alte Schulhaus wegen dessen Baufälligkeit untunlich sei und weil das Haus Senger nicht erworben werden konnte, nichts anderes übrig bleibe als ein neues Schulhaus zu bauen oder ein passendes anderes Gebäude zu kaufen. Daher soll mit Graf Fugger in Verhandlungen eingetreten werden, das Schloss anzukaufen. Das Schloss biete neben den Schulräumen genug Platz für andere Nutzungen und gebe auch Flexibilität bei der nun erforderlichen Kirchenerweiterung.

Der Vorstand der GB Dirrheimer stellte am 10.04.1859 den Antrag, das Schloss nicht zu kaufen, aber das alte Schulhaus abzubrechen und ein neues größeres Schulgebäude zu errichten für alle Klassen und alle Lehrerwohnungen. Diesem Antrag folgte auch der Magistrat und beschloss, einen Bauplan für ein neues Schulhaus erstellen zu lassen für 4 Klassen zu 72 Schülern, 3 Wohnungen mit 4 Zimmern für die Lehrer und 1 Wohnung mit 2 Zimmern für den (Schuladjanten?). Maurermeister Kerner sollte entsprechende Pläne fertigen.

Das LG Roggenburg forderte die Stadt am 28.04.1859 auf, über die geänderten Bauvorhaben der Kirche und der Schule Pläne und Bauprogramm vorzulegen. Schon am 30.04.1859 waren die Pläne fertig und wurden dem Landgericht vorgelegt.

Der Magistrat beschloss am 06.05.1859, die Pläne des Maurermeisters Kerner der weiteren Bearbeitung zugrunde zu legen. Doch auch die GB berieten über diesen Plan, hielten ihn aber für völlig unzweckmäßig und zu luxuriös. Man vermisste vor allem eine interne Durchlässigkeit zwischen den beiden Gebäuden. Auch die Regierung in Augsburg kritisierte den Plan und forderte eine Änderung, indem in einem Gebäude nur die Schulzimmer und in einem anderen die Wohnungen untergebracht werden. Die Mauern des alten Schulhauses sollten so verstärkt werden, dass die Mauern die Lasten aufnehmen können. Man legte der Regierung den gesamten Aktenberg vor, was die staatliche Stelle aber nicht überzeugte. Am 18.07.1859 kritisierte die Regierung die vorgelegten Pläne, es fehle das Bauprogramm, eine Berechnung der zu erwartenden Schülerzahlen, sowie Stellungnahmen der Distriktsschulkommission und des Gerichtsarztes. Die Lehrerwohnungen würden außerdem nicht den Vorschriften über Lehrerwohnungen genügen. Die Stadt soll einen neuen Bauplan machen lassen.

Dieser Vorgabe folgte die Stadt. In einer gemeinsamen Sitzung des Magistrats und der GB wurde am 07.08.1859 beschlossen, ein neues Schulhaus nur mit 4 Schulzimmern zu bauen, das alte Schulhaus zu Lehrerwohnungen umzubauen und die Bausubstanz zu sanieren. Mit dem Bau solle sofort begonnen werden, der Auftrag erfolge im Submissionswege. Am 09.08.1859 wurde nun Maurermeister Deibler beauftragt, einen neuen Bauplan zu fertigen.

Endlich war eine endgültige Entscheidung über den Schulhaus getroffen worden.

Neubau des Schulhauses Schulstr. 7

  1. Baron von Stengel wurde von der Regierung protegiert: Er war einer der Planer des Rathausneubaus und auch bei dem Neubau der Stadtpfarrkirche beteiligt. ↩︎
  2. In A 124-O 13 wird die Sparkasse Giengen genannt ↩︎
  3. nach A 124-O 13 ↩︎

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