Fuggerstr. 1
3. Dezember 2021/Lageplan
Im Bereich dieses Gebäudes befand sich bis 1587 die sog. Schmidtsche Herberge, (Hs.Nr. 94 a), die dann von den Fuggern aufgekauft und abgebrochen wurde. Auf dem Gelände errichteten die Fugger ihr Sommerschlösschen Kammerlanderstr. 3. An der Stelle des jetzigen Gebäudes befanden sich das sog. Hufnerhaus und das Botenhaus, Nebengebäude des Fugg. Anwesens.
Zwischen 1823 und 1832 wurde das Botenhaus abgebrochen und das jetzige Haus neu erbaut. Hierzu stellten der Herrschaftsrichter Carl und der fugg. Revierjäger Warzula 1832 [?] folgenden Antrag: Seine Erlaucht der Herr Graf Fugger Kirchberg haben durch Dekrete vom 24ten dieß bewilliget,- daß auf die Stelle des alten Hufnerhaußes – in dem Schloßgarten-Hofraum ein neues Wohnhauß aufgestellt wird. Der anliegende wieder zurückerbetene Situationsplan zeigt in der Linie roth A.B. wie solches in zwey Stockwerken aufgestellt werde – so daß die Linie vom Zollhauß I. auf das neue Einfahrtthor II. und das Mayerhof-Eck III. gerade läuft, und nach Versezung des Bothenhäußels in den Grabengarten des Herrschaftsrichters die gerade Ansicht in die Vorstadt bekömmt. Man legt dieses dem Magistrat vor von Baupolizey wegen, und durch die Verschönerungs Coom: gehörige Prüfung eintretten zu lasen. Der Magistrat stimmt diesem Antrag zu. Warzula übergibt einen Bauplan zum Neubau eines Wohnhauses im Schlossgarten an die Stelle des sog. Hufner-Hauses. Der Neubau sei auf dem Situationsplan größer eingetragen, mittlerweile wolle er aber ein kleineres Haus gemäß Bauplan errichten. Das vorwärts stehende Bothenhäußl werde wahrscheinlich abgerissen und versetzt, damit der Neubau für die Stadt eine bessere Ansicht gewinne. Als Anlieger bezeichnet der Magistrat die Stadt mit der Kappengasse (Kaiser-Karl-Str.), den Schuhmacher Weitmann und den Boten Röhrle. Die Stadt gewinne dadurch, dass an die Stelle des niedrigen,unansehnlchen Hufner-Hauses ein schönes Wohngebäude gestellt wird, nochmehr aber, wenn das vorstehende Bothenhäußel versetzt wird, dadurch, daß man die direkte Aussicht in den Schloßgarten erhält, und sich der Neubau gegen die obere Vorstadt präsentirt. Der Nachbar Barthl. Weitmann erklärt: Da das in fragestehende Hauß von dem städtischen Grund u. Boden auf der Südseite seines Hauses 15-Schuh weit entfernt wird, somit ein Zwischenraum von 19-20′ zwischen seinem u. dem neuen Hauß bleibt, so habe er gegen den Bau nichts zu erinnern.
Der Bothe Röhrle gibt an: So wie das neue Wohnhaus, welches Warzula erbauen, ausgesteckt und genehmigt sey, habe er nichts einzuwenden, indem er dadurch auf keine Weise in seinen Rechten beschränkt werde. Ob sein Hauß fortbestehe oder nicht, wisse er nicht, u. sey an ihn noch kein Antrag gekommen. Das LG Roggenburg genehmigt den Bau. 1
1843 gehört das Haus dem gräfl. Gerichts-Assessor Eberle. Dieser versucht sich 1845 mit der Bienenzucht und beantragt hierzu den Bau eines Bienenhauses im nördlichen Teil seines Gartens. Das 5,50/3,00 m große Gebäude war aufwändig, besonders im Bereich des Pultdaches, gestaltet und offenbar in Holz ausgeführt. Es wurde auf der Westseite an die Mauer des Fuggergartens angebaut. 1855 sind Maria Anna und Walburga Eberle die Eigentümer, 1875 nur noch Walburga Eberle.
Ab 1880 gehört das Haus dem Arzt Dr. Wilhelm Werzler. Mit ihm wird eine Begradigung des Vorgartens vereinbart. 1897 wird ein Teil der Umfassungsmauer erneuert.
1935 kauft der Brauereibesitzer Alois Sälzle (Rössle, Reichenbacher Str. 5) das Haus. 1936 wird der Zaun erneuert. Die Erneuerung des Zaunes erfolgte im Zusammenhang mit dem Ausbau des Hauptplatzes und der Anlage von Gehwegen. Hierbei wurde der Vorgarten beschnitten um die Fuggerstr. gerade in den Hauptplatz einbinden zu können. Die Straße verlief also teilweise über Privatgrund. Erst im Zuge des Hauptplatz-Ausbaus 2010 wurde die Grenze angepasst.
Zum 27.10.1950 bezieht der Arzt Dr. Krippner, vorher Hauptplatz 2, Wohn- und Praxisräume in dem Haus.
1974 wurden die alten Fenster mit Butzenscheiben gegen moderne Einscheibenfenster ausgetauscht und die Biberschwanzdeckung durch engobierte Dachpfannen ersetzt.
1978 wurde der komplette Umbau des Gebäudes beantragt. Im Osten sollte ein Anbau für eine Arztpraxis errichtet werden und das alte Gebäude wäre mit einem Satteldach versehen worden. Das Vorhaben wurde aber so nicht verwirklicht.
1995 bezog die Schlegelsche Buchhandlung das Gebäude (vorher Theodor-Körner-Str. 1). 2005 wechselte die Buchhandlung auf das gegenüberliegende Haus Fuggerstr. 2 b.
- Das erwähnte Botenhaus ist in der Uraufnahme 1823 noch enthalten. In der Endfassung der Zeichnung 1827 ist bereits der Neubau eingetragen, was die Datierung relativiert. ↩︎