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Der Gasthof Kreuz – Memminger Str. 54

Der Gasthof Kreuz, ganz im Süden von Weißenhorn gelegen, gehört von der Siedlung her schon nach Grafersthofen. Unmittelbar an der Hauptstraße nach Babenhausen-Memmingen gelegen, war er lange Zeit ein großer und wichtiger Gasthof. Nach wirtschaftlichem Niedergang wurde er 1947 zur Großbäckerei umgebaut und 1975 abgebrochen. An seiner Stelle steht heute ein Mercedes-Autohaus. Die städtebauliche Situation hat sich hierdurch stark verändert, so dass heute nichts mehr an das alte Gasthaus erinnert.

Erstbebauung 1570

Die erste Erwähnung des Gebäudes in den Steuerlisten stammt aus dem Jahr 1570 und benennt den Gerber Martin Clölin. Es dürfte in diesem Jahr neu erbaut worden sein. Martin Clölins Vater war bis 1567 auf dem Haus MM12 ansässig, ab 1575 ist auf MM40 auch ein Martin Clöleni ansässig, allerdings ein Schuster. 1601 ist seine Witwe genannt.

Die nächsten 24 Jahre beinhalten 6 Eigentümerwechsel, die Daten können bei Interesse dem pdf-Datenblatt entnommen werden. Interessant ist lediglich, dass es sich um ein relativ großes Anwesen gehandelt haben muss, denn 1614 ist es beim Kauf durch Georg Brenner als Behausung Hofraithen Stadl und Gartten, Gebäudewert 1200 fl, beschrieben worden.

1625 wird Adam Kramer, bei der Linden, genannt, mit einem Wert von nur noch 700 fl. Aus der Ortsnennung ist zu schließen, dass in der Einmündung der St.-Wendelin-Str. in die Memminger Straße früher eine Linde stand. Das scheint logisch; ein Fotobeweis von vor 1944 hierüber konnte jedoch noch nicht erbracht werden.

1636 wird bei Adam Kramer in der Aufzählung des Bestandes auch von einer Bräustatt die Rede, der Wert beträgt nur noch 250 fl! Dieser Wertverlust wäre mit den Wirren des 30-jährigen Krieges verbunden, bei dem viele Häuser ihren Wert, bis hin zur Versteigerung wegen Zahlungsunfähigkeit, verloren. Seit 1636 muss also von der Existenz eines Gasthauses an dieser Stelle ausgegangen werden. Nach Burkhart war das Kreuz auch eine Taverne, d.h., mit einem Beherbergungsrecht versehen. Ein Adam Kramer erscheint ab 1636 auch auf dem Gasthof Lamm, Hauptplatz 7. Entweder hatte Adam Kramer zwei Wirtschaften im Eigentum oder es handelt sich bei Adam Kramer vom Lamm um einen gleichnamigen Sohn, der Vater blieb hier auf dem Kreuz. 1647 ist Adam Kramers Witwe Eigentümerin.

Im Jahr 1651 erscheint Chrstian Beläm (a.a.O. Belm) hier als Wirt, erstmals wird das Lokal als ‘Kreuz’ bezeichnet. Es wird noch eine weitere Behausung mit Stadel und Garten auf der benachbarten Grafertshofer Gemarkung mit einem Wert von 212 fl erwähnt, die scheinbar zum Besitz hinzuerworben wurde. 1660 hat der Besitz schon wieder einen Wert von 750 fl. 1671 stirbt Christian Belm und sein Sohn Hans Belm ist 1674 neuer Besitzer. Die andere Behausung wurde scheinbar abgebrochen, sie ist nur noch als zwei halbe Hofstätten erwähnt. Ein weiterer Garten wurde zum Besitz hinzuerworben, auf Grafertshofer Flur gelegen. Ein Garten zwisch seinem garten und Grafertshofer Gemaindtgässl, oben uff die Strass und her aber uff der Gemaindt Grafertshofer Weg stosst

1674 wird ein Bauschilling genannt, der zu einer Werterhöhung von 750 auf 900 fl führt; das lässt auf einen Neubau schließen. Am 12.04.1709 übernimmt Jacob Bader, der Schwiegersohn des Hans Belm, den Gasthof mit einem Wert von 1225 fl. Jacob Bader stirbt recht bald, seine Witwe Ursula geb. Belm heiratet 1720 einen Josef Bolling aus Behlingen. Als Eigentümer der zwei halben Hofstätten auf Grafertshofer Flur werden Johann Belm (Altenteil des Kreuzwirts, gestorben 1719) und danach Jerg Maisch genannt.

1736 stirbt Ursula Bolling, vorm. Baden, geb. Belm. Ihr Erbe wird aufgeteilt. Hierbei erhält sowohl ihr Mann als auch ihre Tochter Ursula aus erster Ehe einen Erbteil. Das Gasthaus wird mit 2300 fl Wert veranschlagt. Ursula Bader hatte 1734 den Sohn des Glockenwirts, Jörg Keuffel, geheiratet. Dieser war bereits 1736 gestorben. Am 07.02.1737 verkaufte Josef Bolling seiner Stieftochter Ursula Keuffel, geb. Bader, (Witwe des Jörg Käuffel, Memminger Str. 31) seinen Anteil an der Behausung, Bräuhaus, Hofraiten, Stadel und Garten, Äcker, 3 Pferde, 4 Kühe, 3 Kälber, 6 Schweine um 4342 fl. 5 Monate später, am 08.07.1737, heiratete Ursula einen Christian Hartnagel, Junggesell, Bräuknecht von Allmethofen (wahrscheinlich Allmendshofen, Lkr. Donaueschingen) und war jetzt Eigentümerin des Kreuzes. Ihr Stiefvater Josef Bolling hingegen heiratete am 16.02.1737 (10 Tage nach dem Verkauf) die Witwe des Hasenwirts, Anna Moser, und zog auf die Hasenwirtschaft. Welch eine Heiratspolitik unter den Weißenhorner Gastwirten!

Ursula Hartnagel starb am 21.06.178. Das Erbe wird aufgeteilt. Erben sind ihre Tochter Anna Sayler, die bereits als Kreuzwirtin genannt ist, und deren Tochter (ihre Enkelin) Anna Maria Sayler. Anna hatte am 29.08.1778 einen Franz Sayler geheiratet, mit dem sie wohl seit der Heirat den Gasthof führte. Ab 03.11.1798 ist der Sohn Alois Sayler Wirt auf dem Kreuz.

Am 18.09.1800 verkaufte Alois Sayler die Kreuzwirtschaft an den Hechtwirt Michael Kohler, einen bekannt schlechten Zahler, der die Kaufsumme nicht aufbringen konnte und deshalb bald an Johann Brechtel von Oberhausen weiterverkaufen musste, der durch sein Höchstgebot die Wirtschaft am 04.12.1801 ersteigerte. Ein Jahr später, am 01.11.1802 ging das Kreuz an Moritz Brechtel, den Sohn des Johann Brechtel, über.

Am 12.05.1818 erwarb Anton Zahn die Kreuzwirtschaft mit Wohnhaus, Bräustatt, Stadel, Stallungen, Hofraum, Braugerechtigkeit, 2 Gärten und Backgerechtigkeit. Zahn blieb zwar 23 Jahre auf der Wirtschaft, hatte aber auch keinen wirtschaftlichen Erfolg und musste Konkurs anmelden. Die Kreuzwirtschaft wird aus der Anton Zahnschen Konkursmasse lt. Versteigerungsprotokoll vom 21.01.1841 an den Gemeindevorsteher von Unterroth, Johann Drexel und Majer Samuel von Altenstadt verkauft. Drexel bekam aber Probleme, die Wirtschaft zu betreiben. Er gibt an, die Kreuzwirtschaft nicht selber betreiben zu können. Er möchte daher die Wirtschaft an Sebast. April von Tiefenbach für 4 Jahre verpachten. April hat aber die Bräuer-Prüfung noch nicht abgelegt und beantragt die Zulassung zur Prüfung, obwohl er die notwendigen Wanderjahre noch nicht erbracht hat. Obwohl April weitere 4 1/2 Jahre Arbeitszeit als Geselle nachweisen kann, wird ihm die fehlende Wanderschaftszeit von 179 Tagen vom LG Roggenburg nicht dispensiert. Sebastian April legte die Prüfung dann am 25.10.1841 ab. Daraufhin wurde ihm die Ansässigmachung genehmigt.

Sebastian Aprill, geb. 02.09.1814, konnte dann die Kreuzwirtschaft am 19.04.1844 für 16.600 fl kaufen und heiratete Genofeva Winter, Bräuerstochter von Gannertshofen. Nach deren Tod heiratete er in zweiter Ehe Maria Wenger aus Zeisertshofen.

April baute den Gasthof kräftig um und aus. 1852 vergrößerte er die Küche und das Gastzimmer im südlichen
Anbau, 1858 brach er ein Nebengebäude ab und baute ein Back- und Branntweinbrennhaus im südlichen Teil des Grundstücks. Doch auch ihm war das Glück auf der Wirtschaft nicht hold, er konnte seinen Verpflichtungen nicht nachkommen und geriet in die Gant. Am 21.09.1869 ersteigerte ‘Landauer Hirsch’ den Gasthof aus der Gant. Es konnte noch nicht geklärt werden, wer oder was hinter dieser Bezeichnung zu suchen ist.

1875 tritt jedenfalls mit Anton Deininger ein neuer Name auf, wahrscheinlich als Eigentümer. Deininger baut eine neue Doppeldörre und richtet das Bräuhaus neu ein. 1879 wurde das Backhaus aufgestockt um eine Wohnung aufzunehmen. Es geschieht aber wieder das gleiche: Deininger gerät in Konkurs, am 05.04.1881 kaufen Maier Samuel, Handelsmann in Ichenhausen u. Henk Blasius, Ökonom in Weißenhorn, das Anwesen aus der Gant. Scheinbar konnte Anton Deininger trotz des Konkurses und der Zwangsversteigerung die Wirtschaft weiterführen, vielleicht jetzt als Pächter. 1884 nimmt er umfangreiche Umbauarbeiten im Saal, Treppe, Einbau von Aborten u.ä. vor. Die Bauarbeiten entsprechen einem Neubau dieses Gebäudeteils.

1887 wird der Lagerkeller und die darüber liegende Schupfe verlängert. Der Gasthof Kreuz verfügte nach Burkhart über einen doppelstöckigen Lagerkeller. Wohl deswegen war das Kreuz die einzige Weißenhorner Brauerei, die an der Roggenburger Str. im 19. Jahrhundert keine Lagerkeller baute.

Am 25.08.1891 erwerben Johann und Maria Zeller die Wirtschaft. Sie investieren in die Brauerei mittels einer neuen Pfannenheizung und einem Kühlschiffanbau.

Am 25.07.1919 erhalten Michael und Maria Fröhlich aus Schrobenhausen eine Gaststättenkonzession auf dem Löwen (Martin-Kuen-Str.5); sie erwarben mit Datum vom 20.08.1919 auch den Gasthof Kreuz, MM54. Fröhlich betrieb wohl das Kreuz und verpachtete den Löwen weiter, denn schon am 22.08.1919 erhielt ein Rudolf Gutter die Konzession für den Löwen. Fröhlich verkaufte auch das Kreuz schon wieder schnell, am 30.03.1920 treten dort mit Albert und Ida Albrecht, Käsereibesitzer von Biberberg, die nächsten Eigentümer auf. Sie betreiben jetzt eine Käsezucht in den Kellern und betreiben auch die Wirtschaft, aber ohne die Brauerei. Am 07.07.1924 erwirbt der Schafhalter Adalbert Bolkart die Gebäude. Er versucht etwas Neues: am 27.03.1925 wird eine Genehmigung von Filmvorführungen im Saal des Gasthauses Kreuz für Wilhelm Kallmeyer, Krumbach, erteilt.

Doch auch Bolkart kann, wohl auch wegen der Wirtschaftskrise, nicht alle Rechnungen zahlen. Wegen der hohen Ausstände geht die Wirtschaft am 26.09.1932 in die Hände der Bürger- und Engelbrauerei AG, Memmingen, über. Ab jetzt sind nur noch Pächter auf der Gastwirtschaft: ab 27.01.1933 Xaver und Franziska Mengele, ab 25.01.1935 Josef und Josefa Kuhn und ab 29.01.1937 Johann Jakob Krumm. Die B&E versucht 1939 durch den Bau einer Kegelbahn die Wirtschaft attraktiver zu machen um den häufigen Pächterwechsel zu beenden, aber der 2. Weltkrieg trägt auch nicht zum wirtschaftlichen Erfolg bei. 1932 bewarb die Bürger- und Engelbräu AG Memmingen den Bierausschank in der Kreuzwirtschaft.

Nach dem Krieg erhält Alois Mayer am 22.11.1946 noch eine Konzession, eine weitere noch einmal Franz Mischke am 21.02.1947, dann ist endgültig aus für die Wirtschaft. Alois Mayer war eigentlich Bäcker, er baut die Gebäude zu einer Großbäckerei um. Hierzu beantragt er 1947 den Einbau eines Bäckereibetriebes mit Laden als Pächter, außerdem sollten in das DG zwei Wohnungen eingebaut werden. Von dieser Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht, die Dachgauben wurden nicht errichtet. Auch wurde die Fassade nicht nach den Plänen des Arch. Dreetz umgestaltet. Am 30.08.1951 werden Alois Mayer, Bäckermeister, und Ehefrau Valeria, geb. Mischka (Tochter des letzten Pächters) Eigentümer. Die Bäckerei prosperiert, die Bäckereiräume werden 1955 umgebaut und erweitert und 1959 durch erneuten Umbau, Einbau eines weiteren Backofens und Neubau einer Garage nochmals vergrößert.

Ungefähr 1960 wurde die Bäckerei durch die Fa. Jaus aus Stuttgart-Zuffenhausen übernommen. 1962 wird der Betrieb auf Ölheizung umgebaut. Die Fa. Jaus erweiterte die Bäckereiräume nochmals und fügte hierzu einen modernen, flach gedeckten Anbau auf der Westseite an. Außerdem wurde der Hofraum großzügig überdacht. 1971 beschloss der Betrieb, ins Industriegebiet Eschach auszusiedeln und dort eine neue Produktionsanlage zu bauen. An der Daimlerstraße wurde eine Großbäckerei neu erstellt und mit einer der modernsten und größten automatischen Backstraßen ausgestattet. Vor der Nordseite der alten Gaststätte wurde 1971 noch ein Behelfsbau aufgeführt, bis der Neubau der Produktionsanlagen im Eschach fertiggestellt war. Die Produktion am alten Standort wurde eingestellt.

Neubebauung ab 1975

Nach 4 Jahren Leerstand erwarb der örtliche Mercedes-Händler Georg Gutter, vormals Schulstr. 33, 1975 die Gebäude von der Fa. Jaus und brach den alten Gasthof, einschl. des Sozialgebäudes MM56 ab. Der neue Anbau aus dem Jahr 1965 blieb stehen. Die Halle wurde zu einem Kfz-Betrieb mit Büro ausgebaut. 1982 wurde die Kfz-Werkstatt erweitert.

Im Jahr 1994 wurde die Innenstadt durch den Bau der Südtangente entlastet. Die Kreuzung der Südtangente mit der Memminger Str. wurde zu einem Kreisverkehr umgebaut. Im Zuge des Neubaus der Südtangente wurde der gesamte Bereich neu geordnet. Es fand ein Grundstückstausch für den Straßenausbau statt. Das Autohaus baute 1995 eine neue Ausstellungshalle und schaffte so eine städtebauliche Begrenzung auf der Südseite des Kreisverkehrs.

Quellen:

Quellen:
1, 2, 3 Stadtarchiv Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
4, 5, 6, 7, 9 Heimatmuseum Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
8 NUZ 1975/214-20

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