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Schulstraße 29
Das Haus hat eine eigenartige Baugeschichte, wurde doch der Vorgängerbau bereits 17 Jahre nach seiner Erbauung 1843 im Jahr 1860 abgebrochen und 1862 das Grundstück neu erbaut.
1843 kaufte der Advokat Dr. v. Senger (zu dieser Zeit als kgl. Advocat im fugg. Herrschaftsgericht Hauptstr. 8 gemeldet) von Zimmermeister Ott einen Teil dessen Gartens in der Memminger Str.47 und vom Müller Renz einen Teil dessen Ackers und wollte dort ein größeres Wohnhaus und ein Nebengebäude errichten. Die städt. Baukommission begrüßte das Vorhaben und stimmte dem Plan zu. Die Verkäufer der Teilflächen stellten aber weitergehende Forderungen bzgl. der Abstandsflächen. Schon drei Tage später erklärte v. Senger, er habe es sich anders überlegt und nun in der Schulstr. von Metzger Kast einen Bauplatz gekauft und bar bezahlt. Er möchte sein Haus nun auf diesem Grundstück errichten.
So wurde der Bauplan etwas abgeändert und für den Standort in der Schulstr. erneut eingereicht. Stadt und Nachbarn stimmten dem Bauantrag zu, die Genehmigung durch das LG Roggenburg erfolgte bereits am 24.08.1843. Andererseits machte Senger seinem südl. Nachbarn Gebhardt (Schulstr. 31) erhebliche Schwierigkeiten, als dieser kurz darauf einen Neubau beantragte. Nach einem Vermerk vom 12.04.1844 hat Senger dem Gebhart dann den Bauplatz abgekauft, wodurch sich die Sache erledigt hatte.
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1855 ist die Witwe Schweihgard als Mieterin auf dem Haus verzeichnet. Es ist nicht überliefert, was mit Herrn v. Senger damals passierte, ob er verstarb, versetzt wurde oder in finanzielle Probleme kam, auf jeden Fall stand das Haus 1858 zum Verkauf. Als Verkäufer trat die Sparkasse Heidenheim (a.a.O. Sparkasse Giengen) auf. Weil zu dieser Zeit die Stadt auf der Suche nach einem Gebäude zur Unterbringung einer vierten Schulklasse für die Volksschule war, schlugen die Gemeindebevollmächtigten am 29.08.1858 vor, das Haus des Advokaten Singer (Schulstr. 29) als Schullokal zu erwerben. Eine Kommission aus Kreisbaurath Baron v. Stengel, dem Landrichter Sybringer und dem Magistrat hat daraufhin am 21.02.1859 mit Einverständnis des Landgerichtsarztes Dr.Beck und Bewilligung der GB das v.Sengersche Haus besichtigt und beschlossen, dieses für 6.000 fl zu kaufen. Am 28.02.1859 wurde ein Vorvertag mit der Sparkasse Heidenheim über den Ankauf geschlossen. Der Aufsichtsrat der Sparkasse HDH teilte jedoch am 07.03.1859 mit, dass nun ein Gebot von 6.300 fl für das Sengersche Haus vorliege und man daher neu versteigere. In einer gemeinsamen Beratung des Magistrats und der GB am 21.03.1859 sprach BM Jann sich für das Sengersche Haus aus, Magistratsrat Göppel für den Ankauf des Schlosses, da dieses weniger Bauarbeiten erfordere. Mehrheitlich sprach man sich aber für das Haus Senger aus und ermächtigte den BM, bis 7000 fl zu bieten. Bei der Versteigerung am 30.03.1859 konnte die Stadt das Haus Senger nicht für 7.000 fl ersteigern. Zimmermeister Balthasar Rothenberger aus neu-Ulm bot 7.025 fl.
Rothenberger brach das Haus im Frühjahr 1860 ab und verbrachte das Baumaterial nach Neu-Ulm. Der leere Bauplatz mit 3 Tgw. 65 Dez. (12.439 m²) wurde anschließend für 2000 fl von Zimmermeister Ott aus Weißenhorn erworben. Aus heutiger Sicht erscheint dieses Vorgehen unverständlich, machte doch Rothenberger 5.000 fl Verlust zzgl. der Abbruch- und Transportkosten. Es zeigt sich aber auch der hohe Wert des Materials und der geringe Wert der Lohnarbeit zur damaligen Zeit.
Ott stellte noch 1860 einen Bauantrag für ein Haus „im Oberländer Style mit Vorladungen auf allen 4 Seiten“. Den Platz vor dem Haus im Süden möchte er uneingefriedet lassen und als Zimmerplatz nutzen, da ihm das südliche Grundstück auch gehöre.
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Schon 1862 verkaufte Zimmermeister Ott sein neuerbautes Wohnhaus Schulstr. 29 an den Wirt Linder aus Fahlheim und baute für sich in den südlichen Garten dieses Grundstücks auf einer Fläche von 20 Dez. (682 m²) ein neues Wohnhaus mit Werkstatt.
1875-1885 gehörte das Haus dem Getreidehändler Xaver Schuster, anschließend Franz Hornung, der einen neuen Stadel errichtete. Von 1906-1968 besaß die Landwirtsamilie Georg Lohr das Gebäude. Anna Lohr baute 1939 eine Dunglege und Jauchegrube, 1953 einen neuen Kamin und 1957 einen Schweine- und Hühnerstall.
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1973 wurden die Fenster erneuert und 2001 wurde im Osten ein Einfamilienhaus angebaut.
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