Kirchen und Kapellen,  Nicht mehr vorhandene Gebäude

Die Ottilienkapelle in Attenhofen

Lageplan

Am südlichen Ortsende, ca. 200 m außerhalb der historischen Ortslage, befand sich von 1712 bis 1788 die Ottilienkapelle1.

Sie wurde im Jahr 1712 erbaut und später erweitert, so dass sie drei Altäre umfasste. St. Ottilia wird als Patronin gesunder Augen verehrt. Zahlreiche Wallfahrer kamen jeweils zum Patroziniumsfest am 13. Dezember.

Die Ottilienkapelle fiel den Reformbestrebungen des Kaisers Josef II. (Weißenhorn gehörte zu dieser Zeit zur vorderösterreichischen Markgrafschaft Burgau mit Sitz des Oberamtes in Günzburg) zum Opfer. Kaiser Joseph II. reformierte die Strukturen in seinem Staat und zog als Erzsakristan auch die Kirche in diese Reformen ein. Er löste Klöster auf und gründete einen „Religionsfond“, in welchen das Vermögen der Kirche überführt werden sollte. Durch Aufhebung von Filialkirchen und Kapellen wollte er den Einfluss der Kirche auf die Politik vermindern und die Schaffung neuer Pfarrstellen ermöglichen, um die priesterliche Versorgung im Land zu verbessern. Das sollte ihm nicht ganz gelingen. In Weißenhorn fiel diesem Aufhebungserlass neben der Ottilienkapelle auch das Kapuzinerkloster und die St.-Wolfgangs-Kapelle zum Opfer.

Am 27.03.1788 wurden die Altäre, die Stühle und die Glocken an den meistbietenden verkauft. Am 08.05.1788 wurde mit dem Abbruch begonnen. Am nächsten Tag wurde das Weihebild der Hl. Ottilia von den Gläubigen abgeholt und von vier Jungfrauen getragen in die Mutterkirche St. Laurentius zu Attenhofen eingebracht. Die Ziegel und Platten des Abbruchs wurden für den Neubau des Pfarrhofs verwendet.

Das Fest der Hl. Ottilia wurde zum zweiten Patrozinium der Pfarrkirche erhoben.

Im Urkatasterblatt 1823 ist die Kapelle noch eingezeichnet, obwohl sie schon 1788 abgebrochen wurde, allerdings ohne Kreuzsignatur als Kirche. Es ist nicht zu klären, ob bei der Vermessung lediglich die Fundamentreste kartiert wurden oder ob sich hier bereits eine Nachfolgebebauung entwickelt hatte. In späteren Katasterblättern ist das Gebäude nicht mehr eingetragen. Nur die eigenartige Straßenführung weist noch auf den Standort hin.

Der unmotivierte Bogen der Straße stellte sich im Fahrbahnverlauf mit zunehmendem Verkehr und steigenden Geschwindigkeiten bei der schlecht ausgebauten Straße als Gefahrenstelle heraus. Mehrere schwere Unfälle an dieser Stelle führten bald zu dem Titel ‚Todeskurve‘. Allein im Jahr 1966 ereigneten sich hier 6 schwere Unfälle.

Im Zuge des Straßenausbaus der ST 2020 zwischen Pfaffenhofen und Hegelhofen im Jahr 1967 wurde diese Kurve beseitigt. Die alte Straßentrasse blieb als Grünfläche erhalten, die neue Trasse verläuft genau über den Standort der ehem. Ottilienkapelle. Zur Erinnerung an die Kapelle wurde neben die Straße ein Feldkreuz gesetzt, leider ohne jeden Hinweis auf die mhistorische Situation.

Leider existiert von der Ottilienkapelle keinerlei Bilddokument.

  1. nach: Hans Burkhart; Geschichte der Stadt Weißenhorn; 1988; Mareis Druck GmbH, Weißenhorn ↩︎

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