
Illerberger Str. 6 – E-Werk
Das E-Werk Weißenhorn befindet sich auf der Fläche zwischen Haupt- und Nebenroth, manchmal auch als Rothinsel bezeichnet. Diese Fläche war noch 1909 unbebaut. Sie wurde bei Hochwasser leicht überschwemmt und dürfte sehr feucht gewesen sein, weswegen die Straße in der Mitte des Gebiets und bei der Querung der Westroth als Knüppeldamm ausgeführt und so bei höherem Wasserstand nur bedingt befahrbar war. Die Straße hatte damals einen anderen Verlauf als heute, auch war die Roth noch nicht reguliert. (siehe ausführlich hierzu den Beitrag ‚Die Illerberger Straße‘.


Es ist noch nicht geklärt, wann die Illerberger Str. auf die heutige Trasse verlegt wurde. Vermutlich geschah dies schon zwischen 1845 und 1852, nur der Nachtrag auf den Lithographiesteinen des Vermessungsamtes erfolgte – aus welchen Gründen auch immer – viel später. Erst bei der Neuvermessung 1921 erfolgte eine lagerichtige Darstellung.
Im Jahr 1903 diskutierte der Stadtrat über die Festsetzung einer Baulinie auf diesem Grundstück um es zur Bebauung freizugeben. Der Steuerrevisor Schorn beantragte 1907 den Kauf eines Bauplatzes gegenüber dem Holzlagerplatz. Der Stadtrat war mit dem Verkauf einverstanden. Nachdem Schorn aber auch die Fällung der dortigen Linde verlangte, kam der Kauf nicht zustande. Auf Anregung beschloss der Stadtmagistrat 1908, den Platz vis à vis des Holzlagerplatzes für Bauplätze auszustecken und solche öffentlich zu versteigern.
1928 wurde das Grundstück dem 1927 neu gegründeten E-Werk zur Verfügung gestellt.


Die Geschichte der Stromversorgung Weißenhorn ist zusammen mit der Geschichte des E-Werks als Wirtschaftsbetrieb in einem separaten Beitrag dargestellt.

Die Bebauung des Grundstücks gliedert sich in drei Teile; die ehem. Beschälstation, das E-Werk mit Maschinenhalle und das Dienstwohnhaus.
Die Beschälstation
Im Jahr 1917 beschloss der Stadtrat, im hinteren Bereich des Grundstücks gegenüber dem Holzlagerplatz eine neue Beschälstation zu bauen. Die Beschälstation befand sich vor dem Neubau zwischen den Gebäuden An der Mauer 2 und An der Mauer 4. Baumeister Gaiser legte am 29.07.1917 einen Plan vor. In die neue Beschälstation wurden 5 Pferdestände der Fa. Kustermann eingebaut. Die Stadt übernahm 1925 eine Einnahmegarantie für mind. 100 Stuten/Jahr bei staatl. Gestellung der Deckhengste. Die Bezirksbauernkammer übernahm 1/3 der Kosten der Beschälstation. 1926 wurde die Garantieerklärung auf 80 Stuten abgesenkt. 1928 beantragte die Zuchtstiergenossenschaft die Überlassung der Beschälstation auch für die Regiebullenhaltung. Die Stadt wäre hierzu bereit, wenn das Landesgestüt München dauernd auf die hiesige Beschälstation verzichtet. Nach der Zustimmung des Gestütsamts München wurde die Beschälstation der Stierzuchtgenossenschaft zur Haltung des Regiebullen zur Verfügung gestellt.
1922 wurde der Anbau eines Raumes an die Beschälstation zur Aufstellung von 2 Obstdörröfen durch die Stadtgemeinde beschlossen, aber erst 1924 ausgeführt. Genutzt wurden Öfen vorwiegend durch den Obstbauverein. Dieser erhielt 1940 einen Anbau für einen Lagerschuppen. Wegen der Beschädigungen durch Kriegseinwirkungen baute die Stadt 1943 eine Baracke, in der Möbel und Habseligkeiten der Geschädigten gelagert werden konnten. Die Viehzuchtgenossenschaft erhielt weiterhin die Räume für den Bullenstall in der Illerberger Str. 6 unentgeltlich. Nach dem Krieg wurde dieser Schuppen zu Garagen des E-Werks umgebaut.


Es ist nicht dokumentiert, wann die Nutzung als Beschälstation und Bullenstall beendet wurde. Durch die fortschreitende Motorisierung sank die Bedeutung der Pferdezucht immer mehr und die Pferdehaltung wurde zu einer Liebhaberei. Ähnlich erging es der Bullenhaltung. Mit Zunahme der Besamung durch den Tierarzt verlor die Bullenhaltung an Bedeutung und wurde letztlich eingestellt.
1971 gründete sich eine ‚Interessengemeinschaft Reitsport‘, die beantragte, den nicht mehr genutzten Bullenstall hinter dem E-Werk als Pferdestall und das Pfadfinderheim als Reiterstube zu nützen. Außerdem sollte die Turnerwiese als Reitplatz genutzt werden. Die Gründung eines Vereins sei beabsichtigt. Der Stadtrat unterstützte zwar die Gründung eines Vereins, hielt die Turnerwiese aber als Reitplatz ungeeignet und konnte sich auch nicht zur Zusage der Nutzung des Bullenstalls entschließen. Aus dieser Interessengemeinschaft entstand der Reit- und Fahrverein Weißenhorn.


Um 1980 wurden Grundstück und Gebäude nicht mehr benötigt und dem E-Werk überlassen. Nach 1982 wurde der Schuppen abgebrochen und die ehem. Beschälstation umgebaut. Seitdem gehört das Gebäude zum E-Werk und wird nicht mehr eigenständig geführt.


Das E-Werk Weißenhorn
Im Jahr 1924 wurde beschlossen, ein eigenes Elektrizitätswerk der Stadt zu gründen, was am 05.08.1927 geschah. 1928 wurde das Elektrizitätswerk mit einem Dieselgenerator und der Übernahmestation, sowie einem Werkwohnhaus mit zwei Wohnungen für den Maschinisten und den Monteur sowie Büroräumen fertiggestellt.
Der Bauplatz des E-Werks an der Illerberger Str. sollte zunächst an das E-Werk für 3.000 RM verkauft werden. Am 29.11.1929 wurde aber beschlossen, das Baugrundstück für das E-Werk von der Stadt abzutreten.
Die interessante Geschichte des E-Werks Weißenhorn als Stromversorgungsunternehmen wird in einem separaten Beitrag behandelt.


1961 wurden Büros in die ehemalige Kraftwerkshalle eingebaut. Hierbei wurden die hohen schmalen Fenster zu quadratischen Einscheibenfenstern umgebaut.

1982 wurde das E-Werk umfangreich umgebaut. Im Rahmen dieses Umbaus wurde die ehem. Kraftwerkshalle zweigeschossig umgebaut und das Dach angehoben. 1985 wurde im Kellergeschoss ein zusätzlicher Technikraum eingerichtet. 1992 wurde das bestehende Bürogebäude umgebaut.




Das Dienstwohngebäude Illerberger Str. 6a
Das Dienstwohngebäude wurde gleichzeitig mit dem E-Werk mit zwei Wohnungen für den Maschinisten und den Monteur sowie Büroräumen 1928 erbaut.



Die Modernisierung mit Einbau der einflügeligen Fenster, Entfall der Kamine und Gauben fand zu einem nicht dokumentierten Zeitpunkt statt.
2021 wurde das Haus für einen Neubau abgebrochen.


2023/24 wurde ein moderner Neubau errichtet.




