Günzburger Str. 5 – ehemalige Mang und Gasthaus Hecht
2. September 2021/Lageplan
An dieser Stelle stand die ehemalige Mang. Von 1636 bis 1818 befand sich hier die Gastwirtschaft zum Hecht. Dementsprechend war der Hausname “Beim Hechtsoiler”.
Die Historie dieses Gebäudes ist nicht vollständig geklärt. Es handelt sich um die ehemalige Mang, wo die hergestellten Webwaren nach dem Färben oder Bleichen geglättet wurden. Die Mang war städtisches Eigentum und wurde als Ehehäfte 1 verpachtet. Daher treten die Besitzer nicht immer in den Steuerbüchern auf. Teilweise überschneiden oder widersprechen sich die Angaben in den Archivquellen. Hier besteht noch Forschungsbedarf.
Inhalt
Vorgängerbebauung
Eigentümer vor 1475 sind archivalisch nicht feststellbar. 1475 ist Jorg Ziegler als Eigentümer genannt, ab 1499 kommt Jorig Verber hinzu, der 1512 auf GZ03 wechselt und 1515 wieder hierher zurückkehrt. Verbers Wechsel auf das Nachbarhaus wird dahingehend interpretiert, dass es sich hier um zwei Haushälften gehandelt hat und Verber seine Hälfte umfassend modernisierte bzw. neu baute und während der Bauarbeiten im Nachbarhaus lebte. Da seit 1499 der Name Verber (später Färber) vorkommt und die Familiennamen damals öfters dem Beruf entsprachen, könnte man annehmen, dass die Färberei und evtl. auch die Mang bereits früher in diesem Haus ausgeübt wurde. Für die folgenden Jahre 1518-1548 liegen keine Aufzeichnungen vor.
1548 ist Lazarus Bayr Eigentümer des Hauses, als Vorgänger wird Heckels Witwe genannt. Es konnte noch nicht geklärt werden, ob Lazarus Bayr auch schon eine Mang betrieben hat oder ob dies erst durch die Stadt 1562 geschah. Ab 1562 ist das Haus als städtische Mang dokumentiert. Am 03.07.1586 bekommt Michael Ferr von Berwang (Österreich), Färbergeselle, von der Stadt die Mang für wöchentlich 34 kr verliehen. Michael Ferr ist im Steuerbuch nicht als Steuerzahler vermerkt, da die Stadt Eigentümer der Mang gewesen ist. Am 05.08.1586 verkauft die Stadt die Mang oder Ferbin als Behausung, Hofraiten und Garten an Michael Fehr, Färbergeselle, um 680 fl. 1594 werden Michel Pförners (Ferrs!) Erben als Eigentümer genannt.
Am 03.02.1595 kauft die Stadt nach dem Tod von Michael Fehr die Mang von dessen Kindern als Erben für 740 fl wieder zurück. Im selben Jahr bekommt Hans Selzle die Mang von der Stadt verliehen. Hans Selzle ist im Steuerbuch nicht als Steuerzahler vermerkt. Das Grundstück ist unerwähnt.
Im Jahr 1601 sind Jacob Seytz, Bürgermeister und Caspar Strauß als Inhaber der Mang genannt. Strauß zahlt 4fl 10 kr Steuern für seine Manghütte. Am 18.03.1602 wird die Mang für 1060 fl an Caspar Strauß von Aulla einschl. aller Gerätschaften verkauft: 4 eingemauerte Kassel, 3 Farbständer/Waydgeschirr, neue Windpranten, 3 3 Ständlen, 2 Wasserschaff, 4 Farbschifflen, 2 Trichter, 1 Schaff, 3 Kübel, 3 alte Standen, 1 Farbmühle, 3 Leimstandeln, etliche Mödel, 1 Farbsieb, 5 Kesseldecken, 1 Farbschaffel, 1 eiserne Schürgabel, 1 Mangtafel, 5 Wellen, 1 altes Keslin.
Die Mang wird als sog. Ehehäften geführt, d.h., es besteht die Verpflichtung, gewisse Arbeiten im Allgemeininteresse durchzuführen: Auf dieser Mang ist bisher Hans Sälzlin gesessen. Was an Leinwand und Barchent geschautes Gut ist, ist er schuldig zu mangeln, wenn es andere Färber bringen. Was er als ungeschautes Gut oder Bauernarbeit annehmen sollte, steht in seinem Belieben, ob er dasselbe zum Mangeln annehme oder nicht. Jeder mag dasselbe nach seinem Gefallen mangeln lassen, wo er will. Die Färberei darf nur an einen Färber weiterverkauft werden, der kein anderes Gewerbe treiben darf. Nach den Steuerbüchern war ab 1601 Jacob Seytz auf diesem Gebäude. Er ist aber nur mit einer Steuerabgabe von 50 kr belegt. Ab 1604 sind Jacob Seytz’ Witwe und Caspar Strauß als Besitzer geführt.
Ab 1614 ist wieder ein Michael Fehr, Färber, genannt, wie schon 1586. Ein etwaiger Zusammenhang ist noch ungeklärt. Die Immobilie wird als untere Mang, Behausung, Hofraiten Stadel und Garten bezeichnet, Wert 1000 fl. 1636 lautet der Eintrag im Steuerbuch Gemainer Stadt oder Michael Fehr, die Under Mang Behausung, Hofraitrhen, Stadel und Garten; die Gebäudebeschreibung ist gestrichen, kein Wert angegeben; das Gebäude wurde offenbar abgebrochen.
Neubebauung 1674
Lorentz Stigele, Bräuer, Eigentümer der gegenüberliegenden Wirtschaft Pflug mit Brauerei (Günzburger Str. 4) kauft 1636 das Grundstück mit Stadel und Hoff sambt Garten so Hausrecht hat, Wert 200 fl. 1651 wird das Grundstück nur noch mit einem Wert von 150 fl angesetzt. Lorentz Stigele erwirbt auch das Grundstück Untere Mühlstr. 4, ehem. Thomas Schottmüller, hinzu, was westlich an seinen Garten anstößt. 1660 übernimmt Jörg Stigele (wohl Sohn des Lorenz Stigele) neben dem Anwesen Günzburger Str. 4 auch die ehem. Mang und den Garten aus Untere Mühlstr. 4, die jetzt mit 300 fl Wert angesetzt werden. Item ein Stadel und Hof u Hausrecht hat sambt den zween gärten, und Hofstatt, neben Jacob Striebel, Jerg Schwartß Hueter und gemainem Gang. Das Grundstück blieb von 1636 bis 1674 unbebaut.
Georg Stigele, vorher auf Günzburger Str. 4 (Pflug) gegenüber, baut 1674 hier ein neues Gasthaus (Hecht) und zieht hierhin. Den Pflug übernimmt sein Bruder Lorenz Stigele. Die Immobilienbeschreibung lautet jetzt: Behausung, Hofraithen, Stadel und zwei Gärten, der Wert beträgt jetzt 800 fl. 1682 wird Georg Stigeles Witwe Catharina Eigentümerin, sie stirbt am 31.03.1689. Das Erbe wird aufgeteilt. Catharina Stigeles Behausung und Äcker fallen nach deren Tod Georg Stigeles Bruder Lorentz (Günzburger Str. 4) zu.
1691 wird Josef Schwinghammer Eigentümer, 1692 ist Franz Handel, Metzger (vorher Günzburger Str. 11), für 1000 fl Inhaber geworden. Am 13.12.1715 kauft Hans Jörg Zimmer, Günzburger Str. 3, von Franz Handel für 40 fl einen Grundstücksteil, auf dem vorher Handels Stadel gestanden ist. Am 02.03.1722 kauft Maria Handel, Witwe des Metzgers Franz Handel, die halbe Behausung Hl.-Geist-Str. 4 von Johann Miller, Glaser [Prof.-Jann-Gasse 6] und zieht dorthin.
Der Gärtner Josef Bader kauft das Haus mit einem Wert von 800 fl und ist 1729 hier verzeichnet. Um 1736 findet ein Grundstückstausch mit dem nördlichen Nachbarn, GZ07, statt. Andreas Cramer, Günzburger Str. 7, verkauft 3/4 seines Gartens an Joseph Bader, er erhält hierfür ein kleines Gartengrundstück mit 2 fl Wert von Josef Bader.
Am 23.09.1754 erwirbt Josef Frick, Weinwirt und Metzger; Behausung, Hofraiten, Stadel und 3 Gärten, item eine Hofstatt im Garten; Wert 750 fl. Joseph Bader zieht auf das Haus Günzburger Str. 9. Hinzu kommt ein Garten beim Ziegelstadel (vermutl. das Grundstück Günzburger Str. 30). Josef Frick dürfte der Sohn des Hirschwirts Jakob Frick gewesen sein und die Tochter des Josef Baders geheiratet haben. Beim Verkauf des Anwesens hat sich der Vorbesitzer, Gärtner Joseph Bader, die Gärten ohne den Stadel und einen 2,50 m breiten Hofraum für sich und seine Frau zeitlebens (dies vita) zur Nutzung vorbehalten. Nach dem Tod des Letztlebenden sollen die Grundstücke an die Wirtschaft (GZ05) fallen, die Steuer trägt Joseph Bader als Nutzer. NB die Gärten hat sich berblaichter Joseph Baader mit ausschluß eines Plazes, so vil als der Stadl in sich hat, dergestalt ad dies vita Vorbehalt das nach sein und seines weibs todt selber nach biedermann erkantnus zur würthschaft falle soll und ohn Ihm (ohnbe?) bleibe auf sein gärthin Hausel nebst 10 schüige Hofraith auch zu erbau. diße gärten hat Joseph Baader zu versteurn übernommen gemachth. Nach Josef Baders Tod (um 1765) fallen die restlichen Grundstücke an Joseph Frick, Metzger und Weinwirt beim Hecht, Wertansatz 400 fl. Die gärth sind nach dem Todt des Vatters anhero zu gefallen.
Joseph Frick wird 1760 zum Brunnenmeister des nächst dem Pflug (GZ04) gelegenen Brunnens eingestellt.
1775 gerät Joseph Frick in in Zahlungsschwierigkeiten und 1779 in die Gant. Im Zuge dessen wird das Gebäude 1781 an Bartholomäus Roth, den Sohn des Ochsenwirts Joseph Roth für 1000 fl verkauft. Das Hausinventar umfasst bloß 4 Betten, 6 Stühle und 6 Sessel. Bartl Roth heiratet 1782 Ludowika Kircher. Bartholomäus Roth wurde 1791 neben dem Sonnenwirt Kretz und dem Hufschmied Philipp Glotz zum Roßschauer bestellt.
Nach Bartholomäus Roth Tod (vermutlich 1792) hat seine Witwe Ludowika scheinbar das Haus verkauft, denn bei ihrem Tod am 29.06.1796 sind im Inventarium keine Immobilien mehr aufgeführt.
Am 28.06.1792 wird Johann Michael Kohler neuer Hechtwirt. Johann Michael Kohler stirbt am 03.09.1800, das Erbe wird aufgeteilt. Neben seinem Sohn Michael hinterlässt Joh.Mich. Kohler noch eine Tochter Johanna, verh. Streich. Michael Kohler (Sohn des Joh. Mich. Kohler), verkauft den Hecht an Andreas Schuster und kauft die Kreuzwirtschaft MM54. Er kann aber den Kaufpreis nicht aufbringen und muss daher vom Kauf zurücktreten. Stattdessen will er nun den Hecht von Andreas Schuster zurückkaufen. Am 11.11.1801 wollte Michael Kohler (nach Verlust der Kreuzwirtschaft), die Hechtwirtschaft von Andreas Schuster um 4300 fl zurückkaufen. Der Rat lehnte den Kauf ab, weil Kohler kreditunwürdig sei. Der Kauf kam am 26.03.1802 dennoch zustande, indem als Käufer der verheiratete Seraphim Kohler von Hittistetten auftrat, der als Bürger aufgenommen wurde.
Im Jahr 1818 wechselt der Besitz von Behausung, Hofraiten, Stadel und Garten auf den Seilermeister Georg Kircher einschl. einer Hofstatt im Garten. Zu dieser Zeit müsste die Nutzung als Gastwirtschaft aufgegeben worden sein. Am 05.11.1847 übergibt Georg Kircher den Besitz an seinen Sohn Johann. Dieser bricht 1849 die bestehende Wagenhütte ab und baut ein neues Ökonomie-Gebäude an diese Stelle.
1906 wird der Wagner Karl Laupheimer Eigentümer des Anwesens. 1906 und 1911 führt er Baumaßnahmen an seinem Haus durch. Hierbei wurde auch der Hauseingang verlegt.
Neubau 1911
Die Baumaßnahmen müssen einem Neubau gleichgekommen sein, denn das Haus ist in den folgenden Katasterblättern nicht mehr genau in der gleichen Lage dargestellt. 1920 ist der Wagner Eduard Reile als neuer Besitzer genannt. 1938 baut Reile einen Lackierraum an. 1942 wird ein Luftschutzkeller eingebaut. 1953 kommt eine Werkstatt mit Späneturm hinzu. 1958 wird ein weiterer Lagerraum angebaut. Auf der Südseite werden 2 Fenster vermauert.
1966 werden neue Fenster in das Haus eingebaut. 1976 wird die Betriebswerkstätte abgebrochen und durch eine Doppelgarage ersetzt.
- Ehehaften (auch Ehhaften, Ehhäften) waren unter dem Feudalrecht entwickelte Realgeweberechte oder -konzessionen, die an bestimmte Lokalitäten gebunden waren. Diese waren für das Gemeinwesen unentbehrlich und zu deren Benutzung konnten die Gemeindeangehörigen gezwungen werden. Die Inhaber erhielten hierdurch ein faktisches Monopol und eine wirtschaftliche Sicherheit. Im 19. Jahrhundert verschwanden die Ehaften allmählich aufgrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und industriell-gewerblicher Produktionsweisen. ↩︎
Weitere Ausführungen zum Thema Gaststätten:
Gaststättennamen und Wirtshausschilder