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Hauptplatz 6 – Eiscafé Saviane

Das Haus am Hauptplatz gehört auch zu den ältesten bebauten Grundstücken der Stadt mit einer der ältesten Gastwirtschaften. Das heutige Gebäude ist der vierte Bau an dieser Stelle und stammt in dieser Form aus dem Jahr 1909.

Vordergebäude

Erster Vorgängerbau

Erstmals lässt sich 1465 mit Jos Betzlin ein Eigentümer hier bestimmen. Eigentümer vor 1465 sind archivalisch nicht feststellbar. 1475 gehört Josn Betz auch das Rückgebäude Reichenbacher Str. 5a. 1492 ist Hainrich Wagner alt hier genannt. (H.Wagner jung auf Fuggerstr. 2b). 1499 gehört das Haus Peter Schopper jung, der vorher auf Memminger Str. 10 wohnte. 1505 sind Peter Schopper und Margareth Waltvögelin (vorher bei St. Leonhard GZ41) hier steuerpflichtig. Peter Schopper ist bis 1548 hier nachvollziehbar, zuletzt seine Witwe. 1551 kauft der Schmied Hans Diepoldt das Haus und auch das Nachbarhaus Hauptplatz 5 des Schmieds Christoff Schopper und übernimmt dessen Schmiede. In den folgenden Jahren wird das Haus HP06 nicht mehr erwähnt. Es ist nicht geklärt, ob es weiter genutzt oder abgebrochen wurde.

Zweiter Vorgängerbau

Im Jahr 1572 wird mit Hans Saussendaller erstmals das Haus wieder erwähnt. Es wird von einem Neubau ausgegangen. Hans Saussendaller ist bis 1594 hier auf HP06 nachzuweisen. Ab 1598 ist seine Witwe auf MM22 zu finden. Für 1594 und 1595 ist auf MM22 kein Eigentümer eingetragen. Es wird angenommen, dass Saussendaller bereits 1594 das Grundstück MM22 erwarb und es als Zweitbesitz anzusehen ist.

Zwischen 1587 und 1594 wurde die vor dem Oberen Tor stehende Schmidtsche Herberge an die Fugger verkauft, die auf diesem Gelände ihr Sommerschlösschen mit Garten errichteten. Die Familie Schmidt wurde abgefunden, Michael Paul Schmidt kaufte sich im Bereich der Schranne auf Martin-Kuen-Str 2. ein und Martin Schmidt setzte die Brauertradition fort, kaufte das Haus Hauptplatz 6 und richtete hier eine neue Gaststätte ein, deren Name leider nicht überliefert ist.

1595 ist Martin Schmidt als Eigentümer geführt. 1614 ist die Liegenschaft als Behausung Hofraithen Stadl und Gartten, mit einem Wert von 600 fl beschrieben. 1632 wird als Beruf des Martin Schmidt Bräuer angegeben. Eine Braugerechtigkeit ist nicht erwähnt, eine solche ist aber zu dieser Zeit auch bei anderen Gastwirtschaften nicht erwähnt. Eine Braugerechtigkeit ist erst 1675 notiert. Es wird dennoch angenommen, dass Martin Schmidt bereits ab Erwerb des Grundstücks 1595 hier eine Brauereiwirtschaft betrieb. 1633 geht Hans Schmidt, Sohn des Martin Schmidt, auf das Haus Hauptplatz 8, erhält dort ein Braurecht und eröffnet dort eine Gastwirtschaft.

Martin Schmidt stirbt am 11.10.1637 ohne männliche Nachfolger. Für seine minderjährige Tochter Elisabetha wird ein Pfleger eingesetzt. Martin Schmidts Erben, genannt Rubelins Erben, verkaufen schon 1636 das Haus für 600 fl an Mathäus Roth; Behausung, Hofraiten, Stadel und Garten. Mathäus Roth ist der Sohn des Bräuhauswirts (Kirchplatz 6) Bernhart Roth, der sich nach dem Tod seines Vaters 1635 mit seinem Erbteil hier einkaufte und nach Eintritt deren Volljährigkeit die Tochter Elisabetha des Martin Schmidt heiratete.

Der Ehe entspringen zwei Töchter, Anna Maria und Ursula. Anna Maria heiratet ~1670 den Nachbarn, den Lammwirt Christoph Stigele. Ursula heiratet einen Bräuer Benz (Herkunft unbekannt). Mit ihm erscheint ein neuer Name in Weißenhorn. Benz kauft das Anwesen, jetzt wird auch das erste Mal explizit eine Braugerechtigkeit erwähnt. Hans Benz wird 1697 als Vetter (Cousin) des Michael Stigele bezeichnet. Demnach müssen die beiden Mütter Schwestern, geb. Roth, gewesen sein. 1674 verkauft Hans Benz einen Gartenteil an den Nachbarn Stephan Käufel (HP05) und 1693 nochmals einen Teil seines Gartens für 90 fl an den Nachbarn Martin Böckh, Hauptplatz 5. 1697 stirbt Hans Benz, sein Erbe wird aufgeteilt.

Nach Bernhard Roths Tod 1674 wird die Wirtschaft vom Sohn des Cousins seiner Frau, Hans Jörg Schmidt, übernommen (Erbvertrag?), aber schon im folgenden Jahr 1675 an den Cousin des Lammwirts, Hans Benz, verkauft. 1697 stirbt Hans Benz und der Cousin Michael Stigele, Lammwirt, kauft das Haus mit der Braugerechtigkeit hinzu. 1706 wird das Haus fremd verkauft an Franz Jann. Beim Verkauf des Grundstücks behält Michael Stigele die Braugerechtigkeit für sich und schlägt sie als zweites Braurecht seinem Gasthof Lamm zu.

Michael Stigele (Eigentümer des Nachbargebäudes Hauptplatz 7, Gasthof Lamm) erwirbt das Haus 1697 für 850 fl mit der Braugerechtigkeit von seinem Vetter Hans Benz. Der Kauf beinhaltet alles vorhandene Bräuzeug samt 10 Faß Bier, dem eisernen Ofen samt den Schäfflen, den kupfernen Kragen, auch alles Branntweinbrennzeug samt den Ständern und Fässlein, 2 Messinghahnen, 3 kupferne Maß und einen Trichter etc. Stigele überträgt das Braurecht auf den Gasthof Lamm, hat aber an dem Haus und der Wirtschaft kein langfristiges Interesse. Daher verkauft er am 15.01.1706 das Haus ohne die Braugerechtigkeit an den Lodweber Franz Jann für 700 fl.

Neubebauung 1706

Der Lodweber Franz Jann hat am 15.01.1706 das alte Haus gekauft und bricht es ab. Er errichtet einen Neubau an dieser Stelle. 1716 wird der Wert des Hauses bereits mit 1000 fl veranschlagt. Ab 1736 ist Franz Jann Bürgermeister. Am 15.03.1755 stirbt Catharina Jann, Frau des BM Franz Jann, ihr Vermögen wird aufgeteilt. Es ist nicht vermerkt, ob ihr Mann Franz Jann zu dieser Zeit schon gestorben war.

Das Haus geht zu einem nicht genannten Zeitpunkt an den Sohn Eustachius. Er betreibt den Beruf eines Wachsziehers. Um 1765 wird der Hauswert auf 1050 fl geschätzt. Am 20.03.1789 geht das Anwesen Wohnhaus und eine angebaute Holzlege, ein allein stehender Stadel mit Stall, dann Hofraum an den Sohn des Hirschwirts (Hauptstr. 24) Andreas Kretz. Am 23.03.1806 folgt Johann Kretz. Vermutlich handelt es sich bei ihm um den Sohn des Andreas Kretz und nicht um den (fast) gleichnamigen Sonnenwirt Johannes Kretz. Das wird auch deswegen vermutet, weil 1819 außer ihm auch noch Franziska Kretz, die Witwe des Andreas Kretz, hier wohnhaft ist. 1831 verkauft Johann Kretz das Haus und kauft sich auf dem Haus Hauptstr. 22 ein.

Das Haus hier erwirbt der Landrat und kgl. Rechnungskommissär Joseph Müller. Müller besitzt das Haus bis zum 29.11.1839, als er es an den Ochsenwirt Mathias Gollmützer verkauft, der den Ochsen übergeben hat und sich hier zur Ruhe setzt. 1850 baut Gollmützer zwischen Haus und Stadel ein weiteres Nebengebäude. Gollmützer stirbt 1863, das Haus geht an seinen gleichnamigen Sohn Mathias Gollmützer, der aber nicht in Weißenhorn wohnt und das Haus vermietet.

Am 04.10.1883 verkauft Mathias Gollmützer das Haus an den Conditor und Wachszieher Karl Hitz aus Lindenberg im Allgäu. Am 03.04.1890 wird seine Frau Therese Miteigentümerin. 1905 baut Franz Hitz (Verwandtschaftsbeziehung unklar) eine Autogarage im hinteren Teil und beginnt eine Limonadenfabrikation im Nebengebäude. 1908 wird der hintere Stadel abgebrochen, die Fläche bleibt unbebaut.

Neubau 1909

Im Jahr 1909 wurden das alte Gebäude und der mittlere Stadel durch Karl Hitz abgebrochen. Es entstand ein Neubau, der einen neubarocken Schweifgiebel erhielt. Den Zugang zum Laden verlegte man genau auf das Eck, welches deswegen gebrochen wurde. 1911 stellte der Sohn Josef Hitz den Bauantrag für einen Wohnhausneubau mit Conditorei auf dem hinteren Teil zur Schulstraße, der die Bezeichnung Schulstr. 4 erhielt.

Am 27.02.1925 wurde der Sohn Karl Hitz, Wachszieher, durch Erbschaft Eigentümer des Gebäudes. Der Betrieb überstand die Weltwirtschaftskrise nicht. Am 03.12.1931 musste Konkurs angemeldet werden.

Der Steinmetzmeister Karl Berschin kaufte das Haus am 07.07.1932 aus der Konkursmasse. Franz Hitz verlegte seine Limonadenfabrikation und sein Lebensmittelgeschäft zunächst in die Hauptstr. 14 und baute 1948 in der Adolf-Wolf-Str. 22 einen neuen Handel auf. Im Haus Hauptplatz 6 wurde auch das Gesundheitsamt und die Geschäftsstelle der NS-Volkswohlfahrt (NSV) eingerichtet, die ab 24.04.1937 auch die Stadtbücherei aufnahm. Am 27.12.1941 ging das Geschäft des Karl Berschin an seinen Sohn Karl und dessen Ehefrau Sophie Beck über. Nach unüberprüfter Angabe von Hans Burkhart verblieb die Wachszieherei Hitz auch nach dem Konkurs in dem Gebäude.

Zum 21.12.1945 wurde das Gesundheitsamt von hier in die Bahnhofstr. 14 verlegt. 1945 wurde die Schaufensteranlage abgeändert. 1947 wurde Sophie Berschin durch Erbschaft Eigentümerin. Sie heiratete den Friseur Rudolf Hartwig, der 1949 Friseurgeschäft einbaute. 1950 wurden 2 weitere Schaufenster eingebaut und der Fa. Jerôme Léplât zur Verfügung gestellt, die vom Lederwaren- und Schuhgeschäft Gnann vertrieben wurden. Im rückwärtigen Grundstücksteil wurden Nebengebäude errichtet, u.a. eine Doppelgarage.

1961 wurde die Fassade modernisiert und nochmals 1973 umgebaut. Dabei wurde die Schaufensteranlage nochmals vergrößert. 1974 versah der Kunstmaler Gebhard Schmidl [6]Gebhard Schmidl wurde am 16. November 1931 in Weissenhorn geboren. Nach einer Ausbildung zum Kirchenmaler studierte er von 1957 bis 1963 an der Akademie der bildenden Künste in München und wurde … Continue reading die Fassade mit einer Malerei im Stile der Zeit. Die Medaillons zeigen Motive aus der Bildhauerei und dem Steinmetzberuf (weil das Haus das Stammhaus der Steinmetzfamilie Berschin ist), in der Mitte der Engel von Samothrake. Die Renovierung wurde in der Tagespresse lobend erwähnt.

[7]NUZ 1974/123-21

1990 übernahm das Schuhhaus Hopp den Laden der Frau Gnann. Hierzu wurde der Laden umgebaut und vergrößert. 1998 wurde das Haus umfassend renoviert. Hierbei erfolgte eine Neueindeckung des Daches, der Einbau von Dachflächenfenstern, einem Balkon auf der Rückseite und teilweise Erneuerung der Fenster. Zum 01.02.2002 zog das Schuhhaus Hopp in den Neubau Memminger Str. 7 um. Der Laden wurde von der Familie Saviane übernommen, die hierher ihren Eissalon von der Memminger Str. 19 verlegte und sich so erheblich vergrößern konnte. Die Fassade und der Grundriss wurde den neuen Anforderungen angepasst. Zum Eissalon gehörte auch eine Außenbewirtschaftung.

Rückgebäude, Neubau Bürogebäude

Der Architekt Steffen Berschin errichtete 2001 für sich ein Bürogebäude mit Garagen in moderner Formensprache im rückwärtigen Teil des Grundstücks. 2005 wurde das Büro verlegt und die Räume zu einem Friseursalon umgenutzt.

Quellen:

Quellen:
1, 2, 3, 4, 5 Heimatmuseum Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
6 Gebhard Schmidl wurde am 16. November 1931 in Weissenhorn geboren. Nach einer Ausbildung zum Kirchenmaler studierte er von 1957 bis 1963 an der Akademie der bildenden Künste in München und wurde anschließend, bis 1976, als Assistent in die Mal- und Zeichenklasse von Professor Franz Nagel berufen. Von 1976 bis 1994 lehrte Gebhard Schmidl als Leiter der Studienwerkstätte für Maltechnik an der Akademie der bildenden Künste in München. Er ist Mitautor am „Kurt Wehlte“, einem Standardwerk über Werkstoffe und Maltechniken. Er lebt seit 1965 in Dachau
7 NUZ 1974/123-21

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