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Die Bahnhofsrestauration – Bahnhofstr. 13-15

Im Zuge des Eisenbahnbaus wurde auch wie andernorts eine Bahnhofsrestauration errichtet. Die Gaststätte bestand bis ca. 1975. 1985 wurde das Gebäude abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Doch auch dieser wurde 2016 abgebrochen und durch einen anderen Neubau ersetzt. Eine Studie des Zeitgeists.

Die Bahnhofrestauration

Im Sommer des Jahres 1877 wurde mit dem Bau der Eisenbahnstrecke Senden-Weißenhorn begonnen. Nun war es an der Zeit, bis zur Eröffnung der Eisenbahnstrecke auch eine straßenmäßige Verbindung zur Stadt herzustellen, damit die Eisenbahn auch an das örtliche Verkehrsnetz angebunden war. Die Stadt beschloss daher einen Baulinienplan für die zuerst ‘Eisenbahnstraße’ genannte Verbindung aufzustellen, sowie eine Straße zu planen und zu bauen, in deren Verlauf zweimal die Roth mit Brücken gequert werden musste. Joh. Nep. Laupheimer, der seit 1863 in der Fuggerstr. ein Dampfsägewerk betrieb, trat beim Bau der Bahnhofstr. als Bauunternehmer auf und erhielt den Auftrag für den Bau der Straße und der beiden Brücken. Er nutzte die Gunst der Stunde und baute gleichzeitig auch einen Gasthof in der Nähe des Bahnhofs. 1877 stellte er dem Stadtrat 2 Varianten vor, von denen die kleinere verwirklicht wurde.

Am 04.09.1878 wurden der Bahnhof und die Bahnhofsrestauration in Betrieb genommen. Südlich des Gebäudes befand sich die “Restaurationswaage”, wo Güter aller Art gewogen werden konnten. Wohl zeitgleich mit der Restauration wurde eine Kegelbahn errichtet. Hierüber liegt zwar kein Bauplan vor, im Lageplan der Remise 1878 ist die Kegelbahn aber bereits eingetragen. Noch 1878 baut J.N. Laupheimer auch ein Stallgebäude, 1882 noch eine Holzremise.

Die Bahnhofrestauration war von vornherein eine Kapitalanlage, die verpachtet wurde. Der erste Pächter war ein NN Berger, dessen Witwe Eleonora 1882 genannt wird. Sie lässt 1884 den Eiskeller abreißen und die Stallung erweitern.

1888 stellt Josef Hartung den Antrag auf eine neue Remise. Die 1888 genehmigte Remise wurde erst 1901 fertiggestellt. Josef Hartung war der sog. Postwirt, der in seinem Haus Rothweg 2-6 seit 1866 eine kleine Wirtschaft betrieb. Verständlich, wenn er die gegenüberliegende Wirtschaft übernehmen konnte, die bessere Arbeits- und Verdienstbedingungen bot. Vermutlich wurde jetzt die Postwirtschaft aufgegeben.

1895 wird Erich Mahler als Pächter genannt. Er erneuert die Umfassungsmauer des Eiskellers und baut 1896 ein Sommerhaus für den Biergarten. Nach damaligem Sprachgebrauch handelt es sich bei einem Sommerhaus um ein leichtes Holzhaus, das als Unterstand eines Biergartens dient.

1898 wird schon wieder ein anderer Name als Pächter genannt. Es ist Eugen Weiß, der außer einem Umbau des Eiskellers 1899 auch die Stallungen umbaut.

Am 21.07.1905 erwerben die Eheleute Christian und Angelika Maeckh die Bahnhofrestauration und beantragen die Gaststättenkonzession. Sie betreiben die Wirtschaft zunächst selbst und verpachten dann ab 06.03.1908 an Leonhard und Sophie Eberle, ab 16.04.1909 an Josef Jedelhauser. Im Jahr 1909 geht die Bahnhofrestauration an die Gebr. Sammeth der Löwenbrauerei Neu-Ulm über. Hier ist nicht klar, ob diese als Eigentümer oder als Pächter auftreten.

Am 08.02.1912 wird die Gaststättenkonzession an den Viehhändler Alois Frieß erteilt. Frieß dürfte Käufer gewesen sein, denn schon 4 Tage später wird die nächste Konzession an Josef Sorg erteilt. Über die Kriegsjahre des 1. Weltkriegs hinweg bis über die Inflationszeit wechseln die Pächter häufig: 8 Pächter innerhalb 12 Jahren! Die Namen können bei Interesse dem beil. Datenblatt entnommen werden. 1920 war der Kupferschmiedemeister Ernst Turnwald auch Pächter der Gaststätte. Er wollte in einem Grundstücksteil südlich des Biergartens eine Lagerhalle bauen. Der Stadtrat lehnte das Vorhaben ab, weil an der Baulinie nur Hauptgebäude zulässig seien und das Vorhaben das Städtebild verunstalte.

Am 03.10.1924 geht die Bahnhofswirtschaft mit Adalbert Bolkart an den nächsten Eigentümer. Dieser baut ab 1924 ein neues Mansarddach auf das Gebäude und installiert ein Woll- und Futtermittelgeschäft. Im Zuge des Umbaus wird der Haupteingang von der Nordseite auf die Westseite verlegt. 1926 ist der Umbau abgeschlossen. Die Gaststätte erhält mit Josef Ruf ab 08.01.1926 einen neuen Pächter, der immerhin bis 1931 bleibt, als am 24.07.1931 Anton Weinmann aus Ottobeuren der nächste Pächter wird. 1948 ist Maria Roider Pächterin der Restauration, 1959 bis zum Ende sind es Rudolf und Martha Kradisch.

1932 bewarb die Bürger- und Engelbräu AG Memmingen den Bierausschank in der Bahnhofrestauration.

1968 investiert Bolkart nochmals in eine Fassadenänderung, bei der neue Einscheibenfenster in die Gaststätte eingebaut werden. Doch ist der Niedergang der Wirtschaft nicht mehr aufzuhalten. Ab 1975 wird die Bahnhofsrestauration nicht mehr verpachtet. Aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes wird das Gebäude auch nicht mehr bewohnt.

1976 wollte der benachbarte Baustoffhändler Rast & Steiger die Bahnhofsrestauration abbrechen und eine Lagerhalle errichten. Dieser Gedanke stieß auf den Widerstand der Stadt. Der Abbruch kam zwar nicht zustande, der Biergarten wurde aber abgeholzt und in die Lagerfläche einbezogen. Das Gelände der Bahnhofsrestauration erwarb die Volksbank Weißenhorn. Doch das Gebäude fand keinen neuen Nutzer und kam immer mehr herunter. Nach 9 Jahren Leerstand sah auch die Bank keine andere Lösung mehr, als das Gebäude abzubrechen. 1985 fand der Abbruch statt. Auf dem Grundstück wurden Parkplätze angelegt. Um die ehemalige städtebauliche Situation noch erkennbar zu halten, wurden die Grundmauern am Straßeneck ca. 1 m hoch stehen gelassen.

Neubebauung 1984

Schon 1983 hatte die Volksbank dem Baustoffhändler die Lagerfläche gekündigt. Zusammen mit dem örtlichen Bauträger ST-Hausbau wurde die Fläche des ehem. Biergartens an der Ecke zur Herzog-Georg-Str. mit einem neuen Wohn- und Geschäftshaus im Stil des damaligen Zeitgeists neu bebaut. Der Neubau wies ein stark gegliedertes Dach auf und setzte einen neuen städtebaulichen Akzent an der Ecke gegenüber dem Bahnhof. In dem Gebäude befand sich u.a. ein kleiner Baumarkt.

Dieser konnte jedoch nicht recht Fuß fassen, so dass 1992 eine Videothek dort eingebaut wurde. 1994 verlegte die Volksbank ihre Immobilienabteilung in das Haus.

Ab ca. 2000 beabsichtigte die nun unter dem Titel Raiffeisenbank firmierende ehem. Volksbank den Bau eines neuen Geschäftsstellengebäudes und erwarb hierzu umfangreiche Flächen im Bereich Herzog-Georg-Str. 18, u.a. auch das Gebäude Bahnhofstr. 15. Nach einem Architektenwettbewerb baute die Bank ab 2005 ein neues Geschäftsgebäude an der Herzog-Georg-Str. Um den Neubau verwirklichen zu können, wurde vom Gebäude Bahnhofstr. 15 der an der Herzog-Georg-Str. liegende Flügel abgebrochen, der andere Teil wurde mit einem Walmdach versehen und einem wohlproportionierten Umbau unterzogen.

Da trotz des Umbaus die Räumlichkeiten im alten Gebäude Bahnhofstr. 15 nicht den Anforderungen der Bank genügten, wurde das Haus 2016 abgebrochen.

Neubau 2016

Das alte Gebäude wurde 2016 abgebrochen und durch einen Neubau in gleicher Gestaltung wie das Hauptgebäude ersetzt. Hierdurch wurde ein einheitlicher städtebaulicher Schwerpunkt an dieser Stelle gesetzt.

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