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Der Nepomukbrunnen am Hauptplatz

Im Jahr 1538 wurde in der Stadt Weißenhorn die erste öffentliche Wasserleitung gebaut. Zu dieser Zeit dürfte auch der ersten Röhrenbrunnen hier aufgestellt worden sein. Im Laufe der Jahrhunderte wurde er mehrfach umgebaut, erneuert oder versetzt. Die letzte Veränderung fand im Rahmen des Hauptplatz-Ausbaus 2010 statt.

Der alte Brunnen am Hauptplatz [1]Der Beitrag basiert in weiten Teilen auf der Veröffentlichung von Magdalena Günther ‘Brunnen und frühe Wasserversorgung in Weißenhorn’ im Buch ‘Weißenhorner Profile, 2010’

Über die erste Aufstellung eines Brunnens auf dem Hauptplatz ist nichts Genaues bekannt. Es dürfte aber vor 1685 geschehen sein, da zu dieser Zeit in einem Vergleichs-Regreß mit den Kapuzinern schon von zwei Röhrenkasten in der Stadt und einem vor dem Oberen Tor die Rede ist.

1740 wurden dem Bildhauer Leonard Miller 4 fl 30 x für “S. Joannis Nepomuceni bildnüß auf den außern Röhrcasten zu machen” gezahlt [2]Stadtrechnung R12. Der geringe Preis lässt darauf schließen, dass es sich um eine Reparatur gehandelt hat, denn die zeitgleich für den Kirchplatzbrunnen von ihm neu gefertigte Mutter-Gottes-Figur kostete 32 fl. Der Maler Stefan Habereß erhielt für die Fassung der Figur einen Lohn von 9 fl 10 x. Schon 1740 stand hier also schon ein Nepomuk-Brunnen.

Eine gemalte Ansicht des Hauptplatzes aus dem Jahr 1830 lässt deutlich die Art und Proportion des sechseckigen Brunnens erkennen. Die bekrönende Figur ist nur schematisch dargestellt und lässt sich nicht näher definieren. Auf diesem Bild ist erkennbar dem Brunnen ein Trog vorgelagert. In diesen floss das Überwasser des Brunnens und diente wohl als Viehtränke, bevor es in einem offenen Graben über den Platz in den Stadtgraben geleitet wurde.

Ein nicht näher bezeichneter und datierter Plan eines Brunnens im Stadtarchiv lässt sich mit großer Wahrscheinlichkeit dem Hauptplatz zuordnen, da er auch ein Sechseck darstellt. Die bekrönende Figur ist leider nicht abgebildet.


Brunnenneubau 1850-60

Der Brunnen war wohl um 1850 so veraltet, dass man beschloss, ihn zu ersetzen. Zur gleichen Zeit plante man einen neuen Brunnen auf dem Kirchplatz und beschloss, diesen alten Brunnen auf den Hauptplatz zu versetzen. Der Beschluss wurde am 27.06.1856 nochmals wiederholt, da bis dahin nichts geschehen war. Maurer­meister Deibler regte unter Vorlage eines Lageplanes an, den Brunnen nicht an der alten Stelle, sondern unmittelbar auf die Haupt­wasserleitung in der Flucht des Platzmetzgerhauses (Hauptplatz 1) aufzustellen (siehe unten). Außerdem müsse für den Brunnen eine neue Säule und ein neues Becken hergestellt werden, weil die alten Teile nicht mehr zu verwenden wären [6]A 117/34. Der Magistrat ging aber weiterhin von einer Verwendung der alten Teile des Kirchplatzbrunnens aus und orderte nur eine neue Brunnensäule aus Tuffstein im Rokokostil und zwei neue Seitenplatten aus Sandstein für den Trog. Auf die Wassersäule sollte eine Figur des Heiligen Johannes von Nepomuk gestellt werden, wofür der Bildhauer Johann Riedmiller aus München den Auftrag für 280 fl erhielt. Des Weiteren sollte noch ein Kapitell vom Steinmetz Leonhard Edelmann aus Günzburg hergestellt werden, was zusammen mit den Steinarbeiten insgesamt 484 fl kostete. Das Landgericht Roggenburg erteilte am 13.04.1858 die kuratelamtliche Genehmigung für diese Arbeiten. Jedoch kam dieses Projekt so nicht zur Ausführung [7]A 117/35. Der Brunnen vom Kirchplatz wurde nicht weiterverwendet, da sich das alte Steinmaterial als nicht mehr brauchbar herausstellte. (Das alte Mittelstück des Brunnens vom Hauptplatz mit den Auslässen und Fratzen wurde bei der späteren Metzgerei Schmid (Wettbach 2) als Prallstein verwendet, kam beim Ausbau des Wettbach im Jahr 2002 wieder zum Vorschein und dient jetzt als Sockel für eine Pflanzschale).

Man erbaute stattdessen vor dem Oberen Tor einen ganz neuen steinernen Brunnen mit der Statue des Heiligen Nepomuk aus Kalkstein und einem byzantinischen Kapitel auf einem steinernen Säulenschaft, was aber 1523 fl 32 x kostete. Diese ungenehmigte Mehrausgabe führte zu einer empfindlichen Rüge durch die Regierung [9]A 117/38. In einem Schreiben vom 23.11.1859 verlangte sie äußerst scharf eine Erklärung durch die Stadt. Dieser Forderung kam man am 12.12.1859 durch ein zusammen mit dem Maurermeister Deibler angefertigtes „Rechtfertigungs-Protokoll“ nach, welchem auch zwei Zeichnungen über den ausgeführten Brunnen beigefügt wurden (siehe Anhang B, Abb.33). Man führte technische und gestalterische Gründe an, die zu der Planänderung und den Mehrausgaben geführt hatten. In weiten Teilen wurde die Schuld auf den mittlerweile verstorbenen städtischen Bau-Inspicienten Magistratsrat Erhard geschoben, der die Änderungen ohne Kenntnis des Magistrats angeordnet haben sollte. Man erklärte auch, dass der alte Brunnen aus dem 16. Jahrhundert gewesen sei und deshalb erhebliche Mängel aufgewiesen habe. [10]Der Kirchplatzbrunnen war aber eigentlich aus dem 18. Jahrhundert (Neubau 1740), von daher dürfte es vielmehr als Indiz gelten, dass der erste Röhrenkasten von 1538 an dieser Stelle stand und dass … Continue reading

In einer Petition vom 15.12.1859 bat man den bayrischen König mit der untertänigsten Bitte um eine nachträgliche Genehmigung. Diese wurde knapp drei Monate später erteilt, nicht aber ohne den Bürgermeister zu tadeln und Konsequenzen bei nochmaligem Handeln anzudrohen [13]A117/35.

1871 wurde nach dem deutsch-französischen Krieg südlich des Brunnens eine sogenannte „Friedenslinde“ gepflanzt. Der Baum ging zwar 1948 wegen zu viel verwendeten Streusalzes ein, wurde aber sofort wieder neu gepflanzt und ist heute sogar als Naturdenkmal eingetragen.


Erneuerung des Hauptplatzbrunnens 1930

Im Zuge des Baus der neuen Wasserleitung beschloss der Magistrat am 02.10.1913, auch einen neuen Brunnen aus fränkischem Muschelkalk zu errichten. Hierfür stellte er 1000,- Mark zur Verfügung. Der Bauführer Mitterlehner vom Wasserversorgungsbüro (welches die Wasserleitung plante) sollte einen Plan über einen neuen Brunnen anfertigen. Dieser legte am 31.10.1913 einen Entwurf für die Renovierung des Johannis-Brunnens vor dem Oberen Tor vor, der mit einigen Änderungen angenommen wurde. Das Bezirksamt als Genehmigungs­behörde empfahl aber, für die Zeichnungen einen mit den ‘Intentionen des Vereins für Volkskunst vertrauten Künstler, z. B. Architekt Huf aus München[15]Architekt Huf wurde von der Regierung protegiert, zu beauftragen. Die Stadt hielt jedoch die Einschaltung eines Architekten für nicht erforderlich. Sie erteilte stattdessen dem örtlichen Steinmetz Drexel den Auftrag, den Brunnen in gleicher Form aus hartem, poliertem Material herzustellen. Am 27.5.1914 kam der königliche General­konservator Professor Müller nach Weißenhorn und fragte einen Passanten nach dem beauftragten Steinmetz. Dieser wusste nichts und schickte ihn zum Steinmetz Kassenetter, den Auftrag hatte jedoch Drexel. Kassenetter klärte den Professor über dieses Missverständnis nicht auf und besprach mit ihm die Arbeiten. Im Schreiben vom 30.5.1914 zeigte sich die Stadt befremdet über das Vorgehen des Generalkonservators und meinte, man hätte sich auch mit der Stadt ins Benehmen setzen und Kenntnis von dem Ortstermin geben müssen. Außerdem wolle man das Brunnenbecken jetzt lieber aus Granit herstellen, weil man diesen für dauerhafter als Muschelkalk ansehe. Professor Müller rechtfertigte sich in einem späteren Schreiben, dass er das Versehen bedaure, aber wegen Zeitnot ein persönliches Benehmen mit dem Stadtmagistrat nicht für erforderlich gehalten habe. Er riet weiterhin zu Muschelkalk und bat, Steinmetz Drexel sollte Proben nach München schicken (Stadtarchiv Weißenhorn). Drexel starb aber überraschend und plötzlich im Juli 1914. Der Steinmetzbetrieb wurde von Steinmetzmeister Mückenrieder übernommen, somit auch der Auftrag für den Brunnen.

Wenn man die vorhandenen Fotos des Hauptplatzes vergleicht, ist es aber fraglich, ob diese Arbeiten überhaupt ausgeführt wurden oder ob man nicht wegen des beginnenden 1. Weltkriegs das Bauvorhaben aufgab. Ein auf 1928 datiertes Foto zeigt jedenfalls am Brunnenbecken immer noch gravierende Schäden (siehe Anhang B, Abb. 36). Außerdem sind in den Stadtrechnungen keine gezahlten Leistungen vermerkt und auch die 1930 durchgeführte Erneuerung des Brunnenbeckens spricht für diese These, denn es ist unwahrscheinlich, dass der Brunnen nach nur 16 Jahren Standzeit so schlecht wurde, dass er wiederum erneuert werden musste.

1930 ging man die Erneuerung des Brunnens dann tatsächlich an. Am 02.05.1930 beschloss der Stadtrat, den St.-Nepomuk-Brunnen nach dem Entwurf des Weißenhorner Bildhauers Gehring zu erneuern. Der Verschönerungsverein erklärte sich bereit, die Kosten zu übernehmen.

Bei diesen Arbeiten wurde ein neues Brunnenbecken aus Beton in der Formensprache dieser Zeit errichtet. Auch die Brunnensäule wurde erneuert und in schlichter Form angepasst. Nur die Heiligenfigur wurde nicht erneuert, sondern wieder verwendet. Sie wurde aber um 90° gedreht und schaut jetzt nach Norden, wohingegen sie früher nach Westen ausgerichtet war. Die Umgebung des Brunnens mit den Pollern aus Granit und den dazwischen hängenden Ketten verblieb.

Der Vorschlag zum Umbau des Nepomukbrunnens in ein Kriegerdenkmal fand am 29.4.1939 keine Mehrheit im Stadtrat. 1939-42 wurde aber um den Brunnen eine Grünfläche angelegt. 1950 wurde diese Fläche durch den Verschönerungsverein neu bepflanzt.

1961 musste der Nepomuk repariert werde. Infolge der Witterungseinflüsse war ihm die rechte Hand abgefallen. Dies wurde am 15.06.1961 repariert.

1971 wurde der Nepomukbrunnen als Verkehrshindernis angesehen. Insbesondere sollten die Poller und Ketten sowie die Hecken beseitigt werden. Bildhauer Schultheiß wurde gebeten, einen Vorschlag mit Modell für einen neuen Brunnen zu machen, der von einer Kommission (Heinle, Gaiser, Konrad) begutachtet werden sollte. Hierzu kam es jedoch nicht. 1977 war der Zustand des Nepomuk so schlecht, dass er im Herbst 1977 abgenommen wurde, um ihn von Bildhauer Schultheiß restaurieren zu lassen. Im Januar 1978 wurde auch ein Planungsauftrag für die Instandsetzung der Brunnentechnik an Fa. Richter + Borchart, Neu-Isenburg, erteilt. Im Herbst 1978 stand der Brunnen noch immer seine Figur. Jetzt stelle man fest, dass die Brunnensäule aus Beton derart geschädigt war, dass sie neu aus Naturstein angefertigt werden musste. Auch das Becken musste repariert werden. Die Fassung de Nepomuk wurde durch Herrn Amann für 800 DM erneuert, die Wassertechnik durch die Fa. Borchardt für 6500 DM.

Seit dieser Zeit verblieb der Brunnen nahezu unverändert, abgesehen von der Erneuerung der Pumpenanlage und dem Bau eines “Winterhauses”, welches den Brunnen vor den Witterungseinflüssen im Winter schützt.

Der neue Nepomukbrunnen 2010

Im Jahr 2008 wurde die Umbauplanung des Hauptplatzes durchgeführt. Wegen des geplanten Kreisverkehrs konnte der alte Standort des Brunnens nicht mehr gehalten werden, er wäre zu nah an der Fahrbahn gestanden. Da eine Versetzung des alten Brunnenbeckens aus Ortbeton nicht möglich war, überlegte man eine andere Lösung, da auch das Denkmalamt einen Erhalt des Beckens von 1930 nicht für erforderlich hielt. Man entschied sich für eine Verschiebung um ca. 10 m nach Osten.

Zu Beginn der Bauarbeiten wurde zunächst der alte Brunnen am 18.05.2009 abgebrochen.

Seitens des Planers, Arch. Wolff, des Stadtbauamtes und des Denkmalamtes hielt man den Gehring-Brunnen von 1930 für nicht so künstlerisch wertvoll, dass man ihn rekonstruieren sollte. Es wurde eine moderne Brunnengestaltung propagiert und die Weißenhorner Steinbildhauerin Juditha Berschin gebeten, Vorschläge zu erarbeiten. Im Juni 2009 wurden dem Stadtrat insgesamt 11 Varianten vorgestellt, wobei sich die Höhen des Brunnenbeckens und die Höhe der Brunnensäule unterschieden und in 2 Varianten auch ein flächiger Brunnen ohne Becken vorgeschlagen wurde. Die Varianten wurden als Modelle in das Stadtmodell eingesetzt um deren Wirkung beurteilen zu können. Vermutlich auch in Erinnerung an die unrühmliche Brunnendiskussion für den Kirchplatz im Jahr 1985 mochte sich der Stadtrat nicht für einen neuen Brunnen entscheiden. Die Mehrheit stimmte für eine Erneuerung des Brunnens nach dem alten Gehring-Entwurf, allerdings sollte das Becken jetzt nicht mehr in Ortbeton, sondern in schwarzem Granit ausgeführt werden.

Am 18.08.2009 wurde die neue Brunnenkammer an ihren Standort versetzt.

Ab dem 24.09.2009 wurden die Fundamente gesetzt und die Entwässerung verlegt.

Ab dem 30.03.2010 wurde der Unterbau für den Brunnen hergestellt und am 07.04.2010 wurde der Brunnen gesetzt und fertiggestellt.

Zur Einweihung des Hauptplatzes am 24.04.2010 war alles fertig. Nun schaut der Hl. Nepomuk nach Südwesten!

Quellen:

Quellen:
1 Der Beitrag basiert in weiten Teilen auf der Veröffentlichung von Magdalena Günther ‘Brunnen und frühe Wasserversorgung in Weißenhorn’ im Buch ‘Weißenhorner Profile, 2010’
2 Stadtrechnung R12
3, 4, 5, 14, 16, 17 Heimatmuseum Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
6 A 117/34
7 A 117/35
8, 11, 12 Stadtarchiv Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
9 A 117/38
10 Der Kirchplatzbrunnen war aber eigentlich aus dem 18. Jahrhundert (Neubau 1740), von daher dürfte es vielmehr als Indiz gelten, dass der erste Röhrenkasten von 1538 an dieser Stelle stand und dass sie den Neubau verschwiegen, um sich selbst zu entlasten.
13 A117/35
15 Architekt Huf wurde von der Regierung protegiert

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