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Der Fuggersche Kornkasten – Malzfabrik und Wohnhaus

Kurz nach der Erbauung des Wollhauses bauten die Fugger An der Mauer einen großen Kornspeicher. Als dieser Kornkastan nach 1862 nicht mehr gebraucht wurde, baute Franz Kircher hier eine Malzfabrik, die Anfang der 80er-Jahre in eine Wohnbebauung umgewandelt wurde.

Im Jahr 1537 wurde der Fugg. Kornkasten an der Stadtmauer neben dem Wollhaus erbaut. Der Chronist Nikolaus Thoman schreibt hierzu: Anno domini 37 umb Pfingsten [20.05.1537] ward der new korenkast an der maur angefangen zu bawen durch unsern gnedigen herrn Antoni Fucker auf sein aygen kosstung. Darnach am 13 tag des monetz Novembris ward das tachwerck aufgericht.

Für die nächsten 300 Jahre finden wir nun keine Eintragungen mehr im Archiv. Vielleicht sind im Fuggerarchiv noch Akten zu finden, die noch nicht erforscht sind.

Als sich die Fugger nach 1848 infolge der Mediation vollständig zurückziehen und alle Immobilien in der Stadt verkaufen, haben sie auch für dieses Gebäude keine Verwendung mehr. Zunächst wird nur eine Wohnung vermietet, 1855 und 1858 sind hier Johann und Johanna Wirth als Mieter gemeldet.

Zusammen mit anderen Immobilien erwarb die Stadt am 30.05.1862 auch das sog. Kastenhaus für 4000 fl. Die Stadt wusste aber nicht so recht, was sie mit diesem Gebäude anfangen sollte. So entschloss man sich, das Gebäude wieder zu verkaufen: Da der von der Commune angekaufte Gräflich Fuggersche Kornkasten sich in seiner gegenwärtigen Verpachtung nach dem Ankaufspreise durchaus nicht rentirt, möchte die Commune zur Abtragung dem wegen des Schloßverkaufes extrahirten Schulden Geld nöthig hat, so beschließt der Stadtmagistrat in heutiger Sitzung, daß dieses Gebäude im öffentlichen Aufstriche versteigert werden soll. Die Versteigerung wurde auf den 17.03.1863 anberaumt und im Ulmer Landboten vom 14.03.1863 bekannt gemacht. Gleichzeitig wurde auch das Kaplanhaus (An der Mauer 15) zur Versteigerung angeboten. Die Ausschreibung des Kornkastens erfolgte auf Abbruch. Über das Gebäude ließ man ein Wertgutachten erstellen. Die Schätzung ermittelte einen Neubauwert von 10.744 fl 48 x, einen Zeitwert unter Berücksichtigung des baulichen Zustandes von 6.715 fl 30 x und einen Abbruchwert von 2.984 fl 40 x. Gekauft hatte man den Kornkasten für 4.000 fl.

Interessant ist eine Stelle in dem Gutachten: Dieser Bau gehört in das 17. Jahrhundert wurde seither im Mittelmäßigen Baulichen Zustand unterhalten. Der nördliche Gübel hat durch Abbrechen eines Thurmes der Ehemaligen Festung etwas Schaden gelitten. Wenn der Gutachter auch mit dem Alter irrt, verweist er doch auf einen alten Turm der Stadtmauer, der aber weder in einer zeitgenössischen Darstellung noch in irgendwelchen Akten erwähnt wurde.

In den Versteigerungsbedingungen forderte die Gemeinde den sofortigen Abbruch des Gebäudes und die Abfuhr des Abbruchmaterials. Der anfallende Bauschutt sollte zur Verfüllung des Stadtgrabens bei der östl. Promenade verwendet werden. Bei der Versteigerung gab Karl Kreutzer (dem auch der benachbarte Stadel Ander Mauer (jetzt Östl. Promenade 3 gehörte) mit 2.200 fl das Meistgebot ab, blieb damit aber unter dem geschätzten Wert. Am nächsten Tag erschien Xaver Böck und bot als Nachgebot 2.600 fl. Der Magistrat beschloss, eine neue Versteigerung auszuschreiben, entweder auf Abbruch, auf Verkauf ohne Abbruch in 2 Abteilungen oder als Ganzes auf Abbruch oder Erhalt.

Die erneute Versteigerung wurde am 28.03.1863 im Ulmer Landboten bekanntgemacht und auf den 31.03.1863 anberaumt. Auf Abbruch wurde das Meistgebot von Xaver Böck mit 2.600 fl abgegeben. Der Verkauf in 2 Teilen hätte 2000 fl für den südlichen Teil (Johann Vogel) und 2425 fl für den nördlichen Teil (Johann Wersing) ergeben. Für den Kornkasten als Ganzes bot der Engelwirt Matthias Kircher mit 5600 fl das meiste. Am 03.04.1863 legte Johann Wersing ein Nachgebot in Höhe von 5900 fl vor. Daraufhin beschloss der Magistrat eine nochmalige Versteigerung.

Diese fand am 09.04.1863 statt. Hierbei legte Matth. Kircher nochmals nach und bot jetzt 5925 fl. Zu diesem Preis wurde das Gebäude an Kircher verkauft. Kircher baute das Gebäude anschließend zu einer Malzfabrik um. Eigenartigerweise ist dieser Umbau aber nicht im städt. Bautenverzeichnis als Bauantrag enthalten. Es ist auch nicht dokumentiert, wann das Gebäude an Johann Zimmermann verkauft wurde. Von ihm stammt 1874 der erste Bauantrag, in dem die Vergrößerung der Wohnung im nördl. Teil enthalten ist. Von daher wissen wir nicht, wie umfangreich die Umbauarbeiten vom Kornkasten zur Malzfabrik gewesen sind. Aus dem Jahr um 1900 ist ein Foto der östlichen Promenade überliefert, auf dem das Gebäude vor dem Brand 1901 zu sehen ist. Es war ein dreigeschossiges Gebäude mit steilem Satteldach, welches wohl größer als das Wollhaus war. Die Schnittzeichnung von 1874 zeigt jedenfalls einen spätgotischen Dachstuhl. Es ist nicht klar, ob die schmalen gekuppelten Fenster schon im Kornkasten waren oder erst für die Malzfabrik eingebaut wurden.

1881 baute Joh. Zimmermann im Bereich des Beschälhofs einen Keller auf Gemeindegrund. 1885 kam eine Gernmühle und ein Dampfkessle hinzu. 1888 dann baute er in der östl. Promenade unter Ausnutzung des Stadtgrabens eine Malztenne, der überschüttet wurde und von außen nicht sichtbar war. Bei den Umbauarbeiten ab 1980 ff kam dieser Keller zum Vorschein und wurde abgebrochen.

1892 wurde der Dampfkesselkamin vergrößert. Dieser ist auf dem o.a. Foto von 1900 zu sehen. 1898 wurde die Dunggrube vergrößert und neue Fenster eingebaut.

1900 baute Johann Zimmermann auf seinem Grundstück an der Bahnhofstraße 14 eine Wagen- und Torfremise und 1901 errichtete er sich dort eine großzügige Villa.

Am 08.06.1901 gegen 12:30 Uhr brannte die Malzfabrik vollständig aus und wurde anschließend abgebrochen. Es blieb nur der Wohnteil im Norden und der Keller erhalten, das restliche Gebäude wurde vollständig neu errichtet. Beim Wiederaufbau wurde das Gebäude um 1 Stockwerk erhöht und bekam ein flacher geneigtes Dach, so dass die Firsthöhe der angrenzenden Gebäude nicht überschritten wurde. Das Dach bekam mehrere Lüftungsaufsätze und Kamine, besonders den für Mälzereien typischen drehbaren Lüfter, den sog. ‘Dachaffen’.

Im Jahr 1965 verlegte die Fa. Zimmermann ihren Betriebssitz in das neue Industriegebiet Eschach an der Rudolf-Diesel-Str. Doch das einsetzende Brauereisterben reduzierte die Absatzmärkte der nur regional auftretenden Firma. Mitte der 70er-Jahre musste der Betrieb aufgegeben werden. Das Gelände wurde von einem Agrarproduktehändler aufgekauft, der seinen Betrieb hier aufzog.

Das ehem. Betriebsgebäude in der Altstadt stand einige Jahre leer, bis sich 1979 der Sendener Bauträger Inhofer dem Gebäude annahm. Die 1901 neu errichteten Bauteile wurden fast vollständig abgebrochen und in gleicher Dimension neu erbaut. Es entstanden mehrere Wohnungen. Im EG wurde zur Institutsgasse ein Arkadengang angelegt. Hier zog ein innerstädtischer Supermarkt der Kette Plus ein.

Die unzureichenden Parkplatzmöglichkeiten in der Altstadt und die schlechte Andienungsmöglichkeit für die Beschickung führten aber dazu, dass sich der Laden nicht lange halten konnte. Die schlechte Belichtung ließ wenig Möglichkeiten für anderweitige Nutzungen. So wurde die Fläche öfters wechselnd für wenig intensive Nutzungen wie Tatoo-Studio, Solar-Studio oder Pizza-Service genutzt.

Quellen:

Quellen:
1, 2, 3, 4, 5, 6 Heimatmuseum Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn

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