
Günzburger Str. 23
Die bauliche Situation in diesem Bereich bis 1517 ist nicht zweifelsfrei zu klären. Nach dem Lagebeschrieb im Zinsbuch B 38 von 1475 muss sich hier eine nennenswerte Bebauung befunden haben, die aber in den späteren Steuerbüchern nicht mehr auftritt, einige der hier genannten Eigentümer finden sich ab 1492 eindeutig an anderen Bauten. So wird hier 1475 ein Peter App genannt, in den folgenden Steuerbüchern wird aber niemand mehr hier erwähnt. Für die Jahre 1518-1548 liegen keine Aufzeichnungen vor. Nachdem 1548 wieder ein Eigentümer auf diesem Grundstück eingetragen ist, muss zwischen 1518 und 1548 eine Neubebauung des Grundstücks erfolgt sein.
1548 sind Jheronimus von Roßenhaim und Katharina Wörle hier als Eigentümer eingetragen. Katharina Wörle ist auch im Zinsbuch der Liebfrauenpfleg als Eigentümerin aufgeführt. Jheronimus von Roßenhaim ist auch 1551 im Steuerbuch verzeichnet. 1559 ist allerdings wieder niemand hier genannt. Evtl. war das Haus unbewohnt oder es musste einem Neubau weichen. Ich gehe von einer Neubebauung aus.
1587 wird erstmals Jakob Höllwirt hier genannt. 1614 gehört das Haus Jacob Höllwirths Söhnen Ulrich und Hans; Behausung, Hofraithen, Stadel und Garten; Wert 506 fl. 1617 ist Ulrich Höllwirt, Gerber, der einzige Eigentümer.
1629 findet sich Georg Sälzle, Mahler, hier, auch noch 1651. Der Stadel wird nicht mehr genannt, der Wert ist auf 225 fl gesunken. 1660 wird der Eigentümer Jerg Sälzle, Mahler, geschrieben, es könnte sich um einen Sohn handeln.
1678 findet ein Besitzerwechsel auf Andreas Schnitzer, Rotgerber, Wert 375 fl, statt. Andreas Schnitzer kauft auch die Hofstatt Untere Mühlstr. 7 und baut darauf eine Werkstatt. 1694 wird der Besitz von Hans Faulhaber, Haus und Werkstatt UM07. Der Begriff der Übernahme lässt auf einen Eigentümerwechsel in der Familie schließen. Bei Untere Mühlstr. 7 ist auch ein Erbe vermerkt. Es könnte sich daher um den Schwiegersohn von Andreas Schnitzer handeln. Bereits 1696 verkauft Faulhaber die Werkstatt UM07 an den Rotgerber Jacob Wiedenmann für 50 fl. Faulhaber war wohl kein Gerber und brauchte die Werkstatt demnach nicht.
Für den 28.04.1700 ist im Steuerbuch ein Eigentümerwechsel auf Friedrich Staud, Metzger, eingetragen. Doch für den Zeitraum von 1700-1709 ist schon der nächste Eigentümerwechsel dokumentiert, nun ist es Johann Kramer, Schuhmacher; Wert 300 fl; es ist jetzt ein angebauter Stadel beschrieben. Im Jahr 1716 sind Johann Kramer, Schuhmacher und Christian Scheßdauer als steuerpflichtig verzeichnet.
1729 wird das Gebäude geteilt. Scheinbar ist der 1706 erwähnte Stadel zu einer Wohnung ausgebaut worden, denn im Gebäudebeschrieb ist kein Stadel mehr genannt, aber von einem aneinandergebauten Wohnteil die Rede. Da Johann Kramer auf dem kleineren, hinteren Teil, erscheint, wird angenommen, dass er sich hier ein Altenteil eingerichtet hat. 1716 waren Kramer und Scheßdauer noch als gemeinsame Eigentümer dargestellt, im nächsten Steuerbuch von 1729 sind die Eigentümer mit je einer Haushälfte genannt. Es ist daher anzunehmen, dass Scheßdauer den vorderen Teil erworben hat.
Der hintere Hausteil ist nachfolgend separat unter Günzburger Str. 23a behandelt.
1729 wird das Eigentum des Christian Scheßtauer beschrieben als Behausung halber Theill aneinander Hofraithen und Garten; Wert 185 fl. Nach 1750 wird Christoph Thalhofer, Weißgerber, als Eigentümer genannt, 1773 Christoph Thalhofer, ehemals Weißgerber, jetzt Taglöhner. Am 29.08.1776 wird Franz Bernhard Thalhofer, wohl ein Sohn, neuer Eigentümer.
Am 24.07.1784 findet der nächste Besitzerwechsel auf Mathias Reutter, Weber, statt. Nach Mathias‘ Tod (zu unbekanntem Zeitpunkt) wird seine Witwe Ursula Eigentümerin, spätestens 1818. Erst am 28.11.1824 wird der Eigentumsübergang protokolliert.
Johann Weitzinger, Maurer, erwirbt am 05.08.1826 als nächster das Haus. 1843 ist Kreszenz Nothelfer, Spinnerin, als Mitbewohnerin gemeldet. Am 15.11.1845 wird ein Verkauf an Chrisostomus Weber protokolliert. Weber bleibt bis 1863 Eigentümer, als das Haus am 11.10.1863 an den Postboten Anton Wörz verkauft wird. Anton Wörz ist der Sohn des Alois Wörz bzw. seiner Mutter Kreszenz aus dem Hinterhaus GZ 23a. Er kauft das Vorderhaus, somit ist das gesamte Haus nun in Familienbesitz. Um 1900 könnte das Vorderhaus neu erbaut worden sein. Die Darstellung im Katasterplan legt diese Vermutung nahe. Vielleicht wurde aber auch nur der Gebäudebestand genauer vermessen und neu eingetragen. Am 27.01.1903 wird das Haus auf Eleonore Wörz, Postbotenwitwe, umgeschrieben.
Im Einwohnerverzeichnis 1922 ist Anton Endres als Eigentümer eingetragen, er erneuert in diesem Jahr auch den Kamin. 1948 steht Maria Endres im Adressbuch.

Am 23.08.1949 brannten die beiden Häuser Günzburger Str. 23 und 23a bis auf die Grundmauern nieder. Die Eigentümerin des Hinterhauses, Anna Reitlinger, baute noch 1949 ein neues Haus in der Wilhelmstr. 2.


Die Brandruine wurde abgebrochen und schon 1949 durch einen Neubau ersetzt. 1959 kommt eine Garage hinzu. 1969 wird die Gaube verändert und 1972 eine weitere Garage errichtet. Maria Endres stand 1977 letztmals im Adressbuch.


Günzburger Str. 23a
Lageplan
1729 wurde das Gebäude geteilt. Scheinbar wurde der 1706 erwähnte Stadel zu einer Wohnung ausgebaut, denn im Gebäudebeschrieb ist kein Stadel mehr genannt, aber von einem aneinandergebauten Wohnteil die Rede. Da Johann Kramer auf dem kleineren, hinteren Teil, erscheint, wird angenommen, dass er sich hier ein Altenteil eingerichtet hat. So lautet der Gebäudebeschrieb im Steuerbuch B 96 im Jahr 1729: Johannes Kramer, Schuhmacher; Behausung halber Teil, Hofraiten und Garten; Wert 115 fl. 1736 wurde der Wert auf 185 fl heraufgesetzt, um 1740 beim nächsten Eigentümer Martin Gässer (auch Gässle,Güßle), Schuhflicker, wieder auf 115 fl Wert herabgesetzt.
Seine Witwe Maria Gäßlin verkauft das Haus 1773 an Georg Wersings Witwe Ursula, bleibt aber wohl noch hier wohnen, denn erst am 17.02.1784 wird Maria Gäßlins Testament aufgenommen.
Am 05.02.1789 erwirbt Johann Krautheim, Seiler, das Haus. Am 19.05.1792 geht es an Josef Steigle, Schuhmacher. Für den 19.12.1812 ist die Übernahme des Hauses durch Christian Kögel, Schuhmacher, übernommen von der Mutter Anna Stengle, protokolliert. Die verwandtschaftlichen Zusammenhänge konnten nicht mit Sicherheit ermittelt werden, denn 1818 sind Christian Kögel und Maria Anna Kögel, Witwe, im Einwohnerverzeichnis eingetragen. 1824 bewohnt Christian Kögel das Haus alleine, 1843 ist er als Kapitelbote (Spitalbote) genannt.
Am 10.03.1847 erwirbt Melchior Ganz als Zwischeneigentümer das Gebäude. Schon am 15.03.1847 tauscht er das Haus gegen das Haus Friedhofweg 4 des Alois Wörz, bzw. dessen Witwe Kreszenz, die ab dann das Haus bewohnen. Am 23.06.1857 übernehmen Josef und Maria Anna Wörz das halbgemauerte Wohnhaus mit Garten von der Mutter Kreszenz. Kreszenz Wörz baut in den südlichen Stadel für sich und ihren Sohn Anton eine weitere Wohnung ein.

Anton Wörz, Postbote, kauft am 11.10.1863 das Vorderhaus GZ23, so dass nun das ganze Haus in Familienbesitz ist. 1875 gehört Josef Wörz, Obmann, das Hinterhaus. 1891 erbt Josef Wörz, Taglöhner und Ehefrau Anna, geb. Bahnholzer, das Haus. 1906 arbeitet Josef Wörz als Bahnarbeiter.
1932 steht Isidor Reitlinger im Adressbuch, 1948 Anna Reitlinger.




Am 23.08.1949 brennen die beiden Häuser Günzburger Str. 23 und 23a bis auf die Grundmauern nieder. Witwe Anna Reitlinger wollte zunächst ihr abgebranntes landw. Anwesen im Handfeld auf Fl.Nr. 1784 (Handfeldstr. 12) neu errichten, dem Bauplatz wird vom Stadtrat auch zugestimmt. Aus nicht bekannten Gründen verwirklichte sie das Vorhaben aber nicht dort, sondern baute auf dem Grundstück Wilhelmstr. 2 eine neue Landwirtschaft.
Die Hausnummer Günzburger Str. 23a wird seitdem nicht mehr geführt.

