Eisenbahn,  Stadtentwicklung,  Straßen und Plätze,  Straßenverkehr

Die Herzog-Georg-Straße

Lageplan

Beschreibung und Benennung

Die Herzog-Georg-Straße verbindet die Ulmer Str. mit der Illerberger Str. im Westen der Altstadt entlang der Eisenbahn. Sie weist eine Länge von 740 m auf.

Benannt wurde die Straße nach Herzog Georg von Wittelsbach, der Reiche.

Georg von Wittelsbach, der Reiche (* 15. August 1455, † 1. Dezember 1503 in Ingolstadt), Herzog von Bayern-Landshut (1479-1503) wurde als Sohn Ludwigs IX., des Reichen und der Amalie von Sachsen geboren. Aufgewachsen ist er in Burghausen in einer der größten Burgen Europas. Bereits im Alter von 13 Jahren wurde er zu Regierungsgeschäften in Landshut herangezogen. In der Landshuter Hochzeit heiratete er 1475 Hedwig, die Tochter des polnischen Königs Kasimir IV. und dessen Frau Elisabeth von Habsburg. Zeit seines Lebens war er eine wichtige Stütze des Kaisers Maximilian, dem er bei seinen Feldzügen in Schwaben, der Schweiz, Geldern und Ungarn beistand. Georg starb im Dezember 1503 in Ingolstadt (auf dem Weg zu einem Bad-Aufenthalt), ohne einen legitimen männlichen Erben zu hinterlassen. Seine früheren Versuche, das Herzogtum entgegen den Wittelsbacher Hausverträgen seinem Pfälzer Schwiegersohn zu vermachen, führten zum Landshuter Erbfolgekrieg (1504/1505), in dem weite Teile Bayerns verheert wurden.1

Die Stadt Weißenhorn übernahm Georg mit 24 Jahren. Im selben Jahr noch, 1479, kam er das erste Mal hierher, bestätigte die Weißenhorner Stadtordnung und verlagerte das Landgericht von Memmingen wieder nach Weißenhorn. Während seiner Herrschaftszeit kam es zur Gründung des schwäbische Bundes, welcher ihm nicht wohl gesonnen war. Deshalb erhielt Weißenhorn in dieser Zeit seine stärkste Befestigung und Bewaffnung. So standen in Weißenhorn seit 1482 vier Schlangenbüchsen, es wurden einige Türme gebaut und nach Martini 1487 wurde trotz großer Kälte Basteien aus Holz und Beschüttung gemacht, Häuser an der Mauer eingerissen und Schreckzäune geschlagen. Der Herzog schickte auch seine Leibgarde für ein knappes halbes Jahr nach Weißenhorn (von Galli 1486 – Fasten 1487, Galli ist das Fest des heiligen Gallus), die in der Gegend bis Ulm Präsenz zeigte.2

Historie

Wie keine andere Straße im Stadtgebiet veränderte die Herzog-Georg-Straße ihre Verkehrsbedeutung und ihr Aussehen.

Die Herzog-Georg-Straße wurde um 1870 im Zuge des Eisenbahnbaus angelegt, um eine gute Erreichbarkeit der Bahnanlagen, besonders für den Gütertransport, zu ermöglichen. In der Achse des Bahnhofsgebäudes mündet die gleichzeitig entstandene Bahnhofstraße in die Herzog-Georg-Str. ein. Am südlichen Ende des Gleisfelds wurde ein Bahnübergang angelegt, um die westlichen Felder erreichen zu können.

Wegen der Nähe zum Transportmittel Eisenbahn siedelten sich an der Herzog-Georg-Str. die ersten Gewerbebetriebe an. So erhielt das Sägewerk Molfenter (Illerberger Str. 20) als erster Betrieb um 1900 einen Gleisanschluss.

Die Generaldirektion der KBayStE räumt der Stadt 1906 das Recht ein, den Bahnübergang am südl. Bahnhofsende zu verlegen, sofern der Weg als pers. Dienstbarkeit grundbuchrechtlich abgesichert wird und für den Wertverlust des Grundstücks durch die Zerschneidung 60 M Entschädigung gezahlt werden. Beim Grundstück Molfenter wurde hierbei eine neue Überfahrt über den Bahnkörper geschaffen.

1912 stellte die Fa. Laupheimer und Wolf einen Bauantrag zum Bau eines Dampfsägewerks an der Illerberger Str. (Fl.Nr. 1746+1747, jetzt Herzog-Georg-Str. 1). Das Vorhaben wurde aber nicht an dieser Stelle verwirklicht, sondern in der Josef-Kögel-Str. 6.

Auf dem Grundstück Herzog-Georg-Str. 16 wurde eine Tankstelle und ein Heizöllager gebaut. Die Tankstelle wurde 1989 erneuert, aber bereits 2012 aufgegeben, abgebrochen und zu einem Parkplatz für die VR-Bank umgenutzt.

Der Gleisanschluss Molfenter wurde Mitte der 60er-Jahre aufgegeben und asphaltiert. Auch verlor das Sägewerk zunehmend an Bedeutung. Anfang der 80-er Jahre begann die sukzessive Stillegung des Sägewerks. So wurde an der Ecke Herzog-Georg-Str./Maria-Theresia-Str. eine Fläche für die Sportanlagen der Realschule verkauft, wenig später wurden Flächen für den Bau eines Supermarkts genutzt.

Das Straßengrundstück gehörte anfangs zum Bahnvermögen. Dies erschwerte eine Entwicklung für die Stadt, die daher versuchte, die Straße in ihren Besitz zu bringen. 1961 war die DB nun bereit, die Herzog-Georg-Str. für 0,70 DM/m² zu verkaufen (6180 m² = 4326 DM). Dieser Preis war der Stadt aber zu hoch, so dass der Stadtrat den Kauf am 28.06.1965 ablehnte. Die Bundesbahn wollte die Straße aber auch los haben und stellte 1967 den Antrag, die Herzog-Georg-Str. zu einem Preis von 50 Pf./m² zu verkaufen. Diesem Angebot stimmte die Stadt zu. Am 15.01.1968 wurde der Kauf notariell verbrieft.

1967 entstand auf dem Grundstück des ehem. landwirtschaftlichen Betriebs Herzog-Georg-Str. 18 ein Baustoffhandel. Ab Mitte der 80er-Jahre wurde dieser Betrieb als städtebauliche Fehlentwicklung angesehen. Durch den Bauwunsch der VR-Bank und städt. Intervention konnte 2003 eine Aussiedlung des Betriebs in das Gewerbegebiet ‚Südlicher Eschach‘ erreicht werden.

Im Zuge der Neutrassierung der Illerberger Str. als Autobahnzubringer wurde die Kreuzung der Illerberger Straße mit der Herzog-Georg-Str. und der Emershofer Straße großzügig ausgebaut. Am 08.08.1968 wurde die neue Straße für den Verkehr freigegeben. Dem Wunsch der SPD-Fraktion, Verkehrsinseln und Fußgängerüberwege anzulegen, entsprach das Straßenbauamt nicht.

Im Jahr 1969 verlegte das damalige Möbelhaus Silberbaur seinen Geschäftssitz von der Fliederstr. 3 an die Herzog-Georg-Str. 1. Hiermit entstand der erste Bau einer späteren Agglomeration von Einzelhandelsgeschäften an dieser Stelle.

1984 entstand auf dem Grundstück Bahnhofstr. 15 ein Wohn- und Geschäftshaus. Hierdurch bekam diese städtebaulich wichtige Stelle einen ordentlichen Abschluss. Dem Gebäude war dennoch kein langes Leben beschieden. 2003 wurde im Zuge des Neubaus der VR-Bank der südliche Gebäudeteil abgebrochen und das Eckgebäude zu einem wohlproportionierten Bau umgebaut, dieser musste aber 2015 auch der Expansion der Bank weichen. Glücklicherweise wurde bei der Neubebauung Herzog-Georg-Str. 20 die gleiche Gestaltung wie beim Hauptgebäude der Bank gewählt, so dass heute eine einheitliche Baugruppe hier steht.

1985 wurde gegenüber der Einmündung der Herzog-Georg-Str. in die Ulmer Straße ein Supermarkt der Lidl-Kette (Ulmer Str. 10) errichtet. Um dessen Parkplätze verkehrssicher erreichen zu können, wurde die Einmündung der Richard-Wagner-Straße, die bis dahin zur Herzog-Georg-Str. versetzt war, so verlegt, dass sie mit der Herzog-Georg-Str. nun eine klare Kreuzung bildete.

1986 entstanden gleichzeitig zwei Supermärkte an der Herzog-Georg-Str., der NORMA-Markt als Anbau an das Möbelhaus und der REWE-Markt gegenüber auf dem Grundstück des mittlerweile teilweise aufgelassenen Gelände des Sägewerks Molfenter.

In den Jahren 1988-1990 wurde die Herzog-Georg-Str., die bis dahin noch ohne Gehwege und nur leicht bituminös befestigt war, zu einer leistungsfähigen Straße ausgebaut. Der Ausbau erfolgte in zwei Bauabschnitten. Um die alte Hecke am Grundstück Herzog-Georg-Str. 26-30 (Weckerle-Garten) erhalten zu können, wurde die Fahrbahn ab der Einmündung Bahnhofstraße etwas nach Westen verschwenkt.

Im zweiten Bauabschnitt wurde auch der Bahnübergang, welcher zuvor in der Verlängerung der Maria-Theresia-Straße lag, etwas nach Süden verlegt, um eine übersichtlichere Abbiegemöglichkeit von der Herzog-Georg-Str. aus zu ermöglichen und um weniger Gleise kreuzen zu müssen.

1991 wurde der sog. ‚Weckerle-Garten‚ aufgegeben. Hier entstanden drei mehrgeschossige Wohnhäuser.

Ab Anfang der 90er-Jahre versuchte die Stadt Weißenhorn, den Durchgangsverkehr durch das Stadtzentrum zu vermindern. Hierzu wurde eine Verkehrsuntersuchung in Auftrag gegeben, die in ein Verkehrskonzept mündete, welches die Herzog-Georg-Str. als Entlastungsstraße der Innenstadt und den Bau einer Südtangente vorsah. 1993 wurde die Kreuzung Herzog-Georg-Str./Illerberger Str. im Zusammenhang mit der Südtangente zu einem Kreisverkehr umgebaut, dem ersten Kreisverkehr im Landkreis Neu-Ulm.

1992 entstand mit dem Küchenstudio Silberbaur (Herzog-Georg-Str. 6, vorher Memminger Str. 22) ein weiterer Verkaufsbau. Am neuen Bahnübergang entstand auf den Restflächen des alten Bahnübergangs das Wohn- und Geschäftshaus Herzog-Georg-Str. 5.

1996 wurde das Möbelhaus Silberbaur nach Insolvenz aufgegeben. Das Gebäude wurde zu einem Mehrsparten-Kaufhaus umgebaut, wodurch sich dieser Bereich noch stärker zu einem stadtnahen Einzelhandelsbereich entwickelte.

1997 wurde eine weitere Fläche des Sägewerks Molfenter aufgegeben. Hier entstand ein Getränkemarkt für die Fa. REWE. Da aber Teile des Sägewerks noch in Betrieb blieben, war die Zufahrt zu diesem Markt unter dem Spänesilo hindurch etwas ungewöhnlich. Diese Situation blieb bis zur endgültigen Stilllegung des Sägewerks, Abbruch des Getränkemarkts und Erweiterung des REWE-Marktes 2007 bestehen.

Im Jahr 2000 wurde auch die Kreuzung Herzog-Georg-Str./Ulmer Str. zu einem Kreisverkehr umgebaut. Hierzu wurde ein Eingriff in das Grundstück Herzog-Georg-Str. 30 nötig. Zwei erhaltenswerte Bäume des alten Weckerle-Gartens konnten in der mittleren Grünfläche des Kreisverkehrs erhalten werden.

Die VR-Bank Weißenhorn erwarb ab ca. 2000 die Grundstücke Bahnhofstr. 15 und Herzog-Georg-Str. 16+18 für den Neubau ihrer Hauptgeschäftsstelle. Dieser Neubau führte zu einer erheblichen Aufwertung der Straße.

Eine nochmalige Aufwertung der Straße erfolgte durch die Reaktivierung der Eisenbahnstrecke. Der Personenverkehr auf der Eisenbahnstrecke war 1967 eingestellt worden. Mitte der 90er-Jahre wurde auch der Stückgutverkehr und der Wagenladungsverkehr eingestellt. Die Bahnanlagen wurden nicht mehr gebraucht, wurden untergeordnet vermietet und verkamen zusehends. Zeitweilig fanden Museumseisenbahnfahrten oder Werbefahrten auf der Eisenbahnstrecke statt. An eine Wiederbelebung der Eisenbahn wollte niemand recht glauben. Die DB AG wollte die Strecke daher 2012 stilllegen. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben musste die Strecke aber vorher zum Verkauf angeboten werden. Die SWU (Stadtwerke Ulm) entschieden sich überraschend, die Strecke zu kaufen und als Personenverkehrsstrecke zu reaktivieren. Die SWU kaufte die reine Eisenbahnstrecke und erneuerte die Gleisanlagen. Die Stadt Weißenhorn kaufte die anderen Grundstücke und Gebäude. Güterschuppen und Abortgebäude wurden abgebrochen. Der Landkreis Neu-Ulm als ÖPNV-Träger stieg in das Projekt mit ein. Nach einem Verkehrsgutachten wurden die Buslinien und deren Fahrpläne dem neuen S-Bahn-Konzept angepasst. Die Stadt Weißenhorn verlegte den Busbahnhof vom alten Standort Illerberger Str. an den Bahnhof und stellte einen neuen Busbahnhof mit acht Bushaltestellen einschl. eines digitalen Anzeigesystems her. Die Flächen der ehemaligen Freiladebereiche des Bahnhofs wurden zu Parkplätzen als P+R angelegt. Es wurde aber darauf geachtet, dass die Laderampe erhalten blieb und eine Freilademöglichkeit von der Josef-Kögel-Str. aus bestehen blieb. Im Dezember 2014 wurde der Personenverkehr auf der sanierten Eisenbahnstrecke wieder aufgenommen.

Das Bahnhofsgebäude wurde veräußert, saniert und durch eine Gaststätte mit Biergarten aufgewertet.

Mit der neuen Überdachung des Busbahnhofs fanden die Baumaßnahmen für die Reaktivierung der Eisenbahn 2016 ihr Ende.

Aktuell wird über die Zukunft des Kreisverkehrs Herzog-Georg-Str./Illerberger Str. diskutiert. Da dieser mittlereile durch die Zunahme des Verkehrs an der Grenze seiner Leistungfähigkeit angelangt ist und in den Stoßzeiten längere Staus entstehen, soll der Kreisverkehr umgebaut werden. Hierzu könnten Bypässe an den Zufahrten angelegt werden, was allerdings zusätzlichen Grunderwerb bedeutet. Das Straßenbauamt propagiert daher den Umbau zu einer beampelten Kreuzung, die allerdings zu einer Verschlechterung der städtebaulichen Situation durch die großen Asphaltflächen führen würde. Gegner dieser Lösung befürchten durch die langen Räumungszeiten bei einer Ampel eine Zunahme von Verkehrsstaus besonders in der Herzog-Georg-Straße.

  1. Wikipedia ↩︎
  2. Joseph Holl, Geschichte der Stadt Weißenhorn, Neudruck 1983 nach der Ausgabe von 1904, Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn ↩︎

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