Der Gasthof Bären – Hauptstr. 21
17. August 2021/Lageplan
Der Bären ist eine der Traditionswirtschaften in Weißenhorn und war bis 2020 als Gaststätte in Betrieb. Er war früher das Zunftlokal der Bäcker, Müller, Maurer, Zimmerleute und Kaminfeger. Die Bärenfigur des Gasthausschildes trägt die Zunftzeichen.
Erstbebauung vor 1656
Als ersten dokumentierten Eigentümer des Gebäudes haben wir im Jahr 1465 Burkhard Maler. Eigentümer vor 1465 sind archivalisch nicht feststellbar. Von 1496 bis 1514 ist Hanns Schneider als Eigentümer genannt (neben anderen Miteigentümern), 1515 folgt ihm sein Sohn Georg Schneider. Für die Jahre 1518-1548 liegen keine Aufzeichnungen vor.
1548 wird Simon Seitz Witwe genannt, d.h., Simon Seitz muss vor 1548 das Haus übernommen haben. Der Name Seitz führt zu einer der ältesten Familien in Weißenhorn, der Verwandtschaftsbezug kann aber nicht geklärt werden.
Zwischen 1551 und 1556 ist das Haus in den Steuerbüchern nicht vermerkt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Doppelbesitz des Hans Leichtle mit Heilig-Geist-Str. 2, der Bezug konnte aber noch nicht bewiesen werden. Hans Leichtle tritt 1556 dort mit einem Doppelbesitz in Erscheinung. Seinen Namen findet man vor 1556 bei der Vorgängerbebauung des Bräuhauses Kirchplatz 6. Wylicil benennt für diese Zeit Jacob Beck als Eigentümer, leider ohne die Quelle anzugeben. Beck gehört mit 37 fl Steuerlast zu den vermögenden Bürgern der Stadt und könnte durchaus neben Hauptstraße 3 und 5 noch weitere Gebäude besessen haben. Sicher ist die Zuordnung für das Jahr 1556. Hier gehören dem Bierwirt Hans Laitle die Gebäude Heilig-Geist-Str. 2 und Hauptstr. 21. Da das Haus Heilig-Geist-Str. 2 als Brauereigasthof geführt wurde, wird nicht angenommen, dass sich damals auch auf Hauptstr. 21 eine Wirtschaft befunden hat.
1572 gehört das Haus Conrad Mayer und ab 1581 dem Barbier Jörg Waydtmann. 1607 folgt ihm sein Sohn Georg Waydtman. Ab dem Jahr 1614 werden die Steuerbücher genauer geführt und die Liegenschaft beschrieben: Behausung, Hofraithen und Stadel so auch Hausrecht hat; Wert 500 fl. Mit dem Hausrecht ist das Grundstück Bärengasse 1a gemeint. 1620 ist Georg Waydtman gestorben, seine Witwe übernimmt den Besitz, ab 1623 zusammen mit Wolff Waydtman, vermutlich einem Bruder, denn 1629 übernimmt Wolffs Witwe Sophia den Besitz. 1651 ist Waydtmans Tochter Eigentümerin, es ist aber kein Gebäudewert mehr angegeben, was auf ein leeres Grundstück schließen lässt.
In den folgenden Jahren wird das Grundstück Christoph Bader jung zugeschrieben; er heiratet die Tochter des Wolf Waydtmann und ist wohl der Bauherr eines Neubaus, der mit nur 260 fl Wert angesetzt ist, vielleicht zur Zeit der Steuerfestsetzung nur Bauplatz. Item ein Behausung in der Stadt am größeren Ort stoß hinder Uf Martin Treuen und vorne laßt die gemaingasse, sain zwo Hoffstatt und 2 Hausgerechtigkeit. Christoph Bader ist einer der größten Immobilienbesitzer zu dieser Zeit. Ihm gehören die Gebäude Hauptstr. 14 und 21, Hauptplatz 1 und Hasengasse 1.
Neubau 1656
1656 wurde das Haus durch Christoph Bader neu erbaut (dendrochronologische Datierung). Auch im Steuerbuch 1660 ist für das Nachbarhaus BG02 vermerkt: neben Christoph Baders neuerbauter Behausung. Christoph Bader starb wohl um 1660. Dieser Ehe entsprang eine Tochter, die zum Zeitpunkt des Todes des Vaters noch nicht geschäftsfähig war (*~1656). Die Witwe Bader, geb. Waydtmann, heiratete dann den Metzger Christoph Müller, vermutlich ein Bruder des Sternwirts Hans Müller. Der Bären steht 1660 mit einem Wert von 800 fl in den Büchern. Erstmals erwähnt ist jetzt eine Braugerechtigkeit, für die zusammen mit dem Stadel in Bärengasse 1a 150 fl an Wert zugeschlagen werden. Somit ist die Brauerei seit 1660 belegt. Diese Verbindung blieb ohne Nachkommen.
1674 heiratete Bernhard Roth, Bräuer und Metzger, Bruder des Ochsenwirts, die Tochter aus der 1. Ehe Bader/Waydtmann. Auch diese Verbindung blieb vermutlich kinderlos, denn 1679 verkaufte Bernhard Roth den Bären an seinen Neffen Andreas Roth, Sohn des Ochsenwirts.
Dieser Andreas Roth heiratete wohl um 1679 eine Ursula (N), (*<1658) deren Abstammung nicht bekannt ist. Als Andreas Roth 1686 starb, hinterließ er eine minderjährige Tochter Barbara (*~1680) und der Bären war verschuldet. Seine Witwe heiratete dann Claus Stigele in 2. Ehe, den Sohn des Lammwirts Christoph Stigele, der den Bären übernahm. Als Claus 1692 ohne eigene Nachkommen starb, führte die Witwe Stigele die Bärenwirtschaft alleine weiter, bis ihre Tochter aus erster Ehe 1701 Johann Miller heiratete, den Sohn des Sternwirts Georg Miller.
Er lässt 1706 eine geschnitzte Bärenfigur als Hauszeichen herstellen (die heutige Figur ist eine Neuschöpfung um 1935, die der alten Figur nicht ähnelt. Bei der Neuerstellung wurden aber die alten Zunftzeichen wiederverwendet). Auch lässt er zwischen 1718/19 umfangreiche Reparaturarbeiten am Dachwerk vornehmen (dendrochronologische Datierung). 1716 wird Johannes Miller als Beernwürth tituliert, es ist die erste Erwähnung des Namens. Vom Nachbargrundstück Bärengasse 1a wird eine halbe Hofstatt mit Stadel hierher übertragen und mit 175 fl Wert angesetzt.
Johann Miller starb am 07.10.1730. Schon am 31.01.1730 heiratet seine Witwe Barbara den Brauer Antoni Meister, von Laupheim gebürtig, und bringt ihm ihre Behausung, Bräuhaus, 2 Stadeln und Garten zu. Diese war zum Zeitpunkt der Hochzeit schon ca. 50 Jahre alt. Sie stirbt 1742. Die halbe Hofstatt Bärengasse 1a führt zu einem längeren Nachbarstreit, der am 27.03.1736 beigelegt werden kann: Am 27ten Marty 1736 wurde zw. Jacob Marckthaler und Anthoni Maister die Hofreithin halbe weiters verglichen, daß im Hoff an Marckthalers Behausung ein Pfahl in strahl. Stadlhoff ? Keifel und Hans Silberbaur geschlaz, In dar hinaus vom Gassen ein Stein gesetzt, alwohin 12 Schuh seynd, folgl war immer disen 4 Markhen gegen der Maisters Stadel ligt, oder Ihm Maister aigen zugehört, trahent synd.
Am 07.01.1743 heiratet Anton Meister die ledige Anna Maria Harder von Westerstetten in 2. Ehe. Anton Meister erhält am 13.10.1743 die Erlaubnis, das Überwasser aus dem benachbarten öffentlichen Brunnen in sein Haus einzuleiten: Laut Raths Prothocolli dd 13:ten octobr. 1741 ist auf Billiches anhalten von PP Rath Anthoni Maister Behrenwürth das abwasser von dem Tectem Röhr-Casten auf dessen Cösten in sein Kuchl richten zu dürfen verwilliget, doch solcher gestalten, daß im fall nur der Mindistr Anstand sich äusseren möchte, Er Maister dan so widerumb selbst abzustellen gehalten seyn solle. 1
Anton Meister starb wohl um 1750. Eine Tochter aus 1. Ehe heiratete ebenfalls um 1750 den Bräuer Josef Thanner. Josef Thanner kaufte 1759 das Haus Hauptstr. 1, weil er auf dem Bären ja nur eingeheiratet war. 1784 wurde dieses Haus verkauft, möglicherweise war Thanner gestorben. Er dürfte keine männlichen Nachkommen gehabt haben, weswegen der Bären an Franz Martin Meister, den Bruder seiner Frau, fiel. Kurz nach der Übernahme ist Franz Martin Meister 1787 ledig gestorben, so dass das Erbe an den nächstfolgenden Sohn des Anton Meister mit gleichem Namen fiel. Es ist nicht gesagt, ob dieser aus 1. oder 2. Ehe stammt. Er müsste bei der Übernahme schon mind. 37 Jahre alt gewesen sein und hatte wohl nicht Brauer gelernt, da er nach der Übernahme mit Josef Mayer, Bräuhausbeständer, einen kommissarischen Bräuer einstellte.
Um 1750 erscheint Joseph Thanner als Wirt. Seine Herkunft ist nicht beschrieben, der Name Thanner wird sonst in Weißenhorn nicht geführt. Möglicherweise hat Thanner eine Tochter des Anton Meister aus 1. Ehe geheiratet und so die Wirtschaft übernommen. Joseph Thanner dürfte zw. 1784 und 1787 gestorben sein. Er dürfte keine männlichen Nachkommen gehabt haben, weswegen der Bären an den Sohn Franz Martin fiel. Kurz nach der Übernahme ist Franz Martin Meister am 06.04.1787 ledig gestorben, so dass das Erbe an den nächstfolgenden Sohn des Anton Meister mit gleichem Namen fiel. Es ist nicht gesagt, ob dieser aus 1. oder 2. Ehe stammt. Er müsste bei der Übernahme schon mind. 37 Jahre alt gewesen sein und hatte wohl nicht Brauer gelernt, da er nach der Übernahme mit Josef Mayer, Bräuhausbeständer, einen kommisarischen Bräuer einstellte.
Am 08.02.1800 kommt Josef Eberle; des Laupheimischen Kapitels Pedellen Ferdinand Eberles ehelich lediger Sohn von Schnirpflingen, macht das Ansuchen, nachdem er Gelegenheit gefunden, sich mit Rosalia Meisterin, verwitibtn Bärenwirtin allhier zu verheiraten. Bei der Witwe muss es sich um die Witwe des Anton Meister jun. handeln.
1802 war dann das Ende der Familienwirtschaft auf dem Bären. Das Anwesen wurde an Josef Wagner, den Sohn des Glockenwirts Anton Wagner, verkauft. Der halbe Stadel in der Bärengasse wird am 08.10.1806 an Anton Kordeler für 600 fl verkauft. Nachdem Josef Wagner 1819 gestorben war, heiratete Josef Mayer, der Sohn des Bräuhausbeständers Josef Mayer – der hier von 1787 bis 1802 kommissarisch braute – am 11.01.1821 die Tochter Maria Anna der Witwe Kreszentia Wagner und wurde so Besitzer des Bären. Ab jetzt regierte die Familie Mayer den Bären.
1825 wurde das Gebäude um 3,20 m nach Westen erweitert. Josef Meier kaufte 1826 den Gasthof zur Sonne, Hauptstr. 12, und zog dorthin, wo er auch Posthalter wurde.
Der Bären wurde daraufhin von der Witwe des Hasenwirts Mathias Klotz gekauft, wohl für ihre Tochter Creszenz, denn diese übernimmt den Bären am 03.06.1836 und heiratet am 26.08.1836 Georg Meier aus Beuren, vielleicht Verwandtschaft zu Josef Meier. Die Familie Mayer besaß dann den Bären bis zum Tod der letzten Bärenwirtin 2012.
Am 27.08.1856 heiratete Georg Mayer in 2. Ehe eine Maria Weber. Am 10.02.1883 übernahm der Sohn Max Mayer die Gastwirtschaft mit Brauerei. Er führte zahlreiche Bau- und Renovierungsarbeiten am Haus durch. Am 18.11.1889 heiratete Max Mayer Karolina Vogel. Zum 27.08.1920 erhielt der Sohn der nächsten Generation, wiederum Max Mayer, die Gaststättenkonzession.
Vor 1900 trug das Gasthaus keine Namensbeschriftung. Nach 1900 wurde der Gasthausname in einem Schriftband aufgemalt. In den 30er-Jahren wurde das Gasthaus renoviert. Hierbei wurde in der Gaststube links vom Eingang ein neues, breiteres 3-flügeliges Fenster eingebaut und eine neue Beschriftung angebracht. 1935 wurde auch die Bärenfigur erneuert, auch wenn sie auf der Maurerkelle mit 1706 bezeichnet ist. Wahrscheinlich hat man bei der Neuanfertigung des Bären die alten Zunftzeichen wiederverwendet. Alte Fotos zeigen noch die alte Figur. Diese stand und saß nicht auf dem Fass. Sie hatte allerding nicht viel mit einem Bären gemein, vielleicht war sie aber auch nur stark abgewittert.
Gaststättenleben in den 30er-Jahren
Im II. Weltkrieg wurden die Keller von Hauptstr. 19 und 21 verbunden und als Luftschutzkeller genutzt. Um 1958 fand nochmals ein Generationenwechsel statt. Der neue Wirt hieß wieder Max Mayer, er heiratete Erna Beck und renovierte 1958 die Wirtschaft gründlich nach damaligem Zeitgeschmack. 1965 wurde die Brauerei aufgegeben.
Innenraum nach der Renovierung 1958
Relikte der Braukultur
Um 1979 wurde das Haus nochmals umgebaut und 1983 die Gaststätte zu einer Pilsstube umgebaut. Der Sohn des Löwenwirts, Andreas Ländle, führte ‘Andy zum Bären’ bis zur coronabedingten Schließung 2020.
Das Gebäude wurde 2021 verkauft und soll demnächst saniert werden.
- Als Überwasser wird das Wasser bezeichnet, was bei einem Laufwasserbrunnen ungenutzt abfließt. ↩︎