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Hauptstr. 7: Café Jann und Sparkasse

5. September 2021/Lageplan

Das Grundstück gehört zu den ältesten bebauten Flächen der Stadt. Durch seine früher traufständige Stellung hatte das Haus eine gewisse Eigenständigkeit. In den 20er-Jahren war hier das Café Jann, ab 1931 die Sparkasse. 1962 erbaute die Sparkasse eine neue Zweigstelle. Schauen Sie, vor was das Stadtbild verschont blieb!

Erster Vorgängerbau bis 1660

Mit Hans Muller alt und jung sind die ältesten nachweisbaren Eigentümer 1465 genannt. Eigentümer vor 1465 sind archivalisch nicht feststellbar. 1475 ist nur noch ein Hans Miller erwähnt. 1492 ist Christoff Haselbach im Steuerverzeichnis. Ihm gehört auch das Haus Lessingstr. 3. Es ist nicht zu klären, ab wann er auch dieses Haus besessen hat, vielleicht schon ab 1492. Ab 1548 ist Haselbach sicher in der Lessingstraße zu finden. Demnach hat er zwischen 1518 und 1548 das Haus Hauptstr. 7 verkauft und ist in die Lessingstr. gezogen. Für die Jahre 1518-1548 liegen keine Aufzeichnungen vor.

1548 haben wir Jörg Claus (auch Georg Claus oder Greg Claus geschrieben) als Eigentümer, 1553 wird Conradt Clauß, als Miteigentümer genannt; ab 1556 erscheint dieser Name dann als Eigentümer des Hauses Hauptstr. 13. 1556 ist nur noch Georg Claus als Eigentümer geführt. 1570 gehört das Haus Lasarus Bayer; diesem gehört seit 1562 auch ein Teil des Nachbarhauses HS09, ab 1567 das ganze Haus HS09. 1578 ist nur seine Witwe als Eigentümer genannt.

1581 erwirbt Michael Paul Schmidt (Erbe der Wilhelm Schmidt’schen Herberge, jetzt Fugg. Gartenschlösschen) das Haus aus dem Erlös des Verkaufs der Herberge an die Fugger. Ab 1594 ist er auch auch Eigentümer der Martin-Kuen-Str. 2. 1623 wird Michael Paul Schmid Bürgermeister. Bis 1626 entwickelt er sich zum wohlhabendsten Bürger der Stadt, er zahlt ab 1626 110 fl Steuer. 1636 ist er verstorben, das Haus gehört seinen Erben.

1650 gehört das Anwesen Hans Christoph Wagner (Hauptstr. 7), dem nun reichsten Einwohner der Stadt. Das Haus ist im Steuerbuch nicht erwähnt, aber bei Christoph Wagner, Hauptstr. 9 lautet der Nachbarbeschrieb “zwischen ihm selbst und dem Rathaus”. Daraus kann geschlossen werden, dass das Grundstück ihm gehörte, aber nicht bebaut war.

Zweiter Vorgängerbau 1660-1960

Hans Christoph Wagner, Sohn des Hans Christoph Wagner übernimmt 1660 das Grundstück von seinem Vater und bebaut es neu. Das Haus ist beschrieben als Behausung, Hofraithin und Stadel, zwischen Niclauß Nothhelfer und seines Hern Vaters S: Behausung; Wert 1100 fl. Ihm gehören auch das Nachbarhaus Hauptstr. 9 und das gegenüberliegende Haus Hauptstraße 8. Genannt wird auch ein Stadel in der oberen Vorstadt (Grimmgasse 4), mit einem Wertansatz von 100 fl, der am 23.06.1687 an Christoph Wagner jung überging.

Eigentumsentwicklung Hans Christoph Wagner:
H.C. Wagner kauft 1636 das Haus Hauptstr. 9. Vor 1651 erwirbt er auch das Nachbargrundstück Hauptstr. 7, und bricht dieses ab. Er übergibt den Bauplatz an seinen Sohn BM H.C. Wagner, der sich hier ein neues Haus baut. H.C. Wagner alt dürfte wenig nach Kauf und Übergabe von HS07 gestorben sein, denn er ist 1651 bereits als S: (selig = verstorben) bezeichnet. BM H.C. Wagner erbt HS09 und kauft um 1660 auch noch HS08 hinzu. Um 1674 verkauft er HS08 und HS09, bleibt selber auf HS07. Sein Sohn Christoph Wagner jung kauft 1674 die Georgenwirtschaft Memminger Str. 4 (wohl mit dem aus den Verkäufen HS08 und HS09 erhaltenen Geld). 1694 stirbt BM H.C.Wagner, sein Sohn erbt HS07 und verkauft dieses Haus. Die Georgenwirtschaft MM04 wird von Christoph Wagner jungs Sohn Franz ab 1716 weitergeführt.

Vom 08.08.1680 liegt ein Codicill (Testament) der Bürgermeisterin Maria Wagner vor. Christoph Wagner stirbt 1694,, sein Erbe wird aufgeteilt. Als Erbe tritt der Sohn Christoph Wagner auf, Bürger und Gastgeber der Georgenwirtschaft (Memminger Str. 4). Er verkauft am 04.06.1694 um 1100 fl die von seinem Vater ererbte Behausung, samt den Schafflen, Wasser- und Waschkesseln an den Bürgermeister Johann Linckh.

Hans Link, Bürgermeister, hat den Engel (HS09) 1692 an Mathes Schaich um 900 fl verkauft und 1694 dieses Haus für 1100 fl erstanden. Hans Link stirbt 1709, das Erbe wird aufgeteilt.

1716 ist der Bäcker Christian Winkler Eigentümer des Hauses mit einem Wert von 1000 fl. Anmerkung im Steuerbuch: Anthoni Wünckhle fürs Erb besetzt. Somit war der Bäcker Winkler mit Link verwandt und wurde als Erbe eingesetzt.

1636 ist Johann Pfaff Eigentümer von Behausung, Hofraithin und Stadel sowie Backgerechtigkeit; Wert 950 fl. Am 16.06.1747 wird Maria Mayer bei ihrem Tod als Eigentümerin dieses Hauses genannt. Sie ist die Ehefrau des Lammwirts Jörg Mayer. Es konnte aber noch nicht geklärt werden, wann und auf welchem Weg sie in den Besitz dieses Gebäudes kam. Jörg Mayer ist noch in den 1760er-Jahren als Eigentümer genannt.

1766 steht Ludwig Vogel, Wachsmacher und Kramer, im Steuerbuch. 1773 ist der Besitz beschrieben als Behausung, Hofraum und Einfang, worauf ehedem ein Stadel gestanden (vermutl. In der Prof.-Jann-Gasse, neben PJ02). Am 26.05.1783 stirbt die Witwe Francisca Vogel. Das Erbe wird aufgeteilt, das Haus geht am 10.11.1784 an den Sohn Leopold Vogel, ebenfalls Wachszieher.

1819 wird das Haus wieder verkauft. Es gehört nun dem Spezereyhändler Johann Jann. Anton Köferle, Gräfl. Fugg. Assessor und Joseph Sailer, Pfründner, sind als Mitbewohner aufgeführt. Anton Köferle kauft 1824 die Hauptstr. 1 und zieht dorthin. 1824 wird Johann Jann auch als Eigentümer des Storchen, RB11, genannt. Am 09.10.1831 geht das Haus an den Sohn Kajetan Jann über. Mitbewohner ist H: Dr. Miller, prakt. Arzt. Erst am 12.05.1834 wird die Übergabe im Grundbuch vollzogen.

Auseinandersetzung um einen Stadelbau in der Prof.-Jann-Gasse.

1833 beantragt der Wachszieher Kajetan Jann, einen Stadel in seinen Gartenraum zu bauen. Beim Ortstermin am 29.10.1833 erklärt der Nachbar Weber Bestler, dass er mit dem Bau nicht einverstanden sei, weil dort noch nie ein Stadel gestanden sei und dieser ihm das Licht wegnehme. Der Engelwirt Klotz protestiert gegen den Bau, weil seiner Holzlagerhütte hiermit der Luftzug genommen und das Holz nicht mehr trocken werde. Sein Hof erhalte kein Licht mehr und die Enge der Gebäude sei bei einem Brand problematisch. Der Schuhmacher Werner Senleitner wendet sich ebenfalls wegen des Verlust seines Lichtes gegen den Bau. Weiterhin macht er geltend, nach dem Gesetze dürften in Städten und Märkten die Stadel nicht in der Ortsmitte errichtet werden, sondern müssten am Rand gebaut werden. Da Jann in der Nähe der Stadt Gärten und Grundstücke besitze, solle er den Stadel dort bauen. Die Baukommission sieht die Argumente von Klotz und insbesondere Senleitner als begründet an, jene des Bestler aber nicht. Dem Bau wird nicht zugestimmt und die Akten an das LG Roggenburg übergeben. Das LG Roggenburg lehnt den Plan am 15.02.1834 aus Feuerschutzgründen ab.

[1]Stadtarchiv Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn

Jann hat danach mit seinem Nachbarn Klotz einen Grundstückstausch vereinbart, nach welchem er seinen Stadel nun so anordnen könne, dass Senleitner nicht mehr beeinträchtigt wäre. Klotz möchte auf dem getauschten Grundstück einen Pferdestall errichten. Er legt eine neue Planung am 12.03.1834 vor. Senleitner hat gegen den Stadel des Jann jetzt nichts mehr einzuwenden, wohl aber gegen den Stall des Klotz. Er reklamiert den Verlust der Aussicht und die Ausflüsse und Ausdünstungen aus dem geplanten Stall. Die städt. Baukommission gibt nach Ortseinsicht der Meinung des Senleitner recht. Das LG Roggenburg sieht den Stadel des Jann als genehmigungsfähig an, den Stall des Klotz jedoch nicht. Diese Entscheidung wird den beiden Bauherren am 03.05.1834 bekannt gegeben. Der Advocat Bauer aus Weißenhorn legt am 28.05.1834 mit einem 13-seitigen Schriftsatz Rekurs bei der Regierung des Oberdonaukreises gegen die Entscheidung des LG Roggenburg ein. U.a. erhebt der Rechtsanwalt in diesem Schreiben den Vorwurf der Parteinahme gegen den Bürgermeister, da dieser mit Senleiters Frau verschwägert sei. Bgm. Raffler weist diese Vorwürfe als unzutreffend und albern zurück. Er bemerkt hierzu, dass er mit Klotz’ Ehefrau näher verschwägert sei und dieser auch nicht geholfen habe. Ein technisches Gutachten des kgl. Civil Bau-Inspektors Ruber (Planer des Krankenhausneubaus) gibt der Auffassung des Senleitner Recht, macht aber einen Kompromissvorschlag, wie durch andere Proportionen der Gebäude eine genehmigungsfähige Planung entstehen könne. Die Regierung folgt dem Gutachten des Bauinspektors und weist den Rekurs zurück. Die Entschließung wird den Bauherren am 09.11.1834 bekannt gemacht. Wenn dem Vorschlag des Bauinspektors gefolgt werde, müsse ein neuer Bauantrag gestellt werden.

Im Jahr 1854 beantragt der Engelwirt Sebastian Kircher auf der Südseite seines Grundstücks, angrenzend an den Garten des Kajetan Jann, eine Gaststallung anzubauen. Die Nachbarn stimmen dem Bau zu unter der Voraussetzung, dass keine Fenster auf ihre Grundstücksseiten angebracht werden.

Ab 1858 wird Kajetan Jann als Bürgermeister bezeichnet.

Am 26.01.1878 übernimmt mit dem Sohn Josef Jann, Wachszieher, und seiner Ehefrau Wilhelmine, geb. Kircher (Engelwirt) die nächste Generation das Gebäude.

Das Café Jann

Mit Beschluss vom 17.07.1908 erhält Josef Jann die Erlaubnis der Stadt zum Ausschank von Kaffee und Spirituosen. Am 28.07.1908 berät der Magistrat nochmals über den Antrag. Für eine Kaffeschänke des Cajetan Jann wird zwar kein Bedürfnis gesehen, dem Antrag wird aber doch stattgegeben, weil derartige Betriebe in ähnlichen Städten existieren und der Magistrat derartigen Neuerungen nicht im Wege stehen will. Jann hat aber das Café scheinbar nicht sofort verwirklicht, denn am 21.02.1919 stellt er erneut den Antrag auf Eröffnung eines Cafés. Erst am 09.09.1921 erhält er dann die Konzession ‘da die in der Nähe befindliche Gastwirtschaft zum Bräuhause voraussichtlich eingehen wird’. Es ist nicht dokumentiert, wie lange das Café tatsächlich betrieben wurde.

Einzug der Sparkasse

Schon am 22. Januar 1841 beschloss der Magistrat der Stadt Weißenhorn die Einrichtung einer Sparkasse. Am 1. Februar 1842 wurde dann das erste Bankinstitut eröffnet; diese Sparkasse musste aber bereits im Jahre 1845 ihre Schalter wieder schließen. Die Auflösung erfolgte am 6.4.1848. Es konnte noch nicht festgestellt werden, wo sich die Geschäftsräume der Sparkasse befunden haben. Mit der Verlegung des Landgerichts Roggenburg nach Weißenhorn im Jahr 1862 wurde die Roggenburger Sparkasse, 1860 gegründet, nach hier verlegt mit der Bezeichnung „Distriktssparkasse Weißenhorn”. Auch dieser Standort konnte noch nicht ermittelt werden. Scheinbar gab es dann längere Zeit keine Sparkasse in Weißenhorn, denn 1931 wurde eine Neugründung diskutiert.

Am 24.07.1931 beriet der Stadtrat über die Anregung zur Gründung einer Stadtsparkasse wegen der Auflassung zweier hiesiger Privatbankgeschäfte. Der Stadtrat stimmte der Gründung zu und schon am 01.08.1931 bezog die Sparkasse die Geschäftsräume in der Hauptstr. 7. Mit Wirkung vom 01.01.1939 haben sich die Bezirkssparkassen Neu-Ulm und Weißenhorn und die städtische Sparkasse Neu-Ulm zusammengeschlossen mit der Firmenbezeichnung „Kreis- und Stadtsparkasse Neu­Ulm/Weißenhorn” (seit 09.03.1939) in der hiesigen Hauptstraße 7.

Zusätzlich zu den Geschäftsräumen der Sparkasse hatte ab 1941 das Kurzwarengeschäft Stempfle seinen Sitz in diesem Gebäude. Hierzu wurde ein Verkaufsraum eingerichtet. 1951/52 wurden die Sparkassenräume umgebaut und erhielten ein neues dreiteiliges Fenster links neben dem Eingang. 1953 wurde der Kurzwarenladen in das Rückgebäude verlegt und der alte Laden in die Geschäftsstelle einbezogen. In den alten Laden wurde auch ein dreiteiliges Fenster eingebaut, so dass eine symmetrische Fassade entstand.

Die Geschäftsräume entsprachen aber zunehmend nicht mehr den Ansprüchen an ein modernes Bankgeschäft. Die Sparkasse konnte das Haus erwerben und plante hier einen Neubau.

Sparkassenneubau

1961 wurde ein erster Vorentwurf für einen Neubau eingereicht. Der Plan sah ein dreigeschossiges Gebäude mit Flachdach in Skelettbauweise mit großen verglasten Flächen vor. Diese Planung rief einen Sturm der Entrüstung bei Stadtrat, Bürgern und Genehmigungsbehörden hervor. Durch entsprechende Beratung durch Stadtbaumeister Lieb konnte die Sparkasse bewogen werden, ein zwar zeitgemäß modernes, doch hinsichtlich Baumasse, Dachform, Proportionen und Gestaltung in die Altstadt passendes Gebäude zu planen. Gegenüber dem Altbau wurde nun eine giebelständige Bauweise vorgesehen, die durch ihre Tiefe eine größere Nutzfläche ermöglichte.

1962 wurde der nächste Bauantrag gestellt. Während der Bauphase bezog die Stadtsparkasse die Räume der ehem. Hirschapotheke in der Hauptstr. 24. 1964 war der Neubau fertig und konnte bezogen werden.

1976 wurde eine neue Werbeschrift angebracht.

1991 wurde das Zweigstellengebäude umgebaut und die Fassade saniert. Hierbei erhielt das Gebäude auch eine andere Farbgebung. 1996 wurde die Nutzung des OG geändert, hier zog ein zahntechnisches Labor ein. Im Jahr 2009 erfolgte nochmals ein wesentlicher Umbau der Geschäftsstelle. Das rückwärtige Treppenhaus wurde umgebaut und gestalterisch besser dem Hauptbaukörper angepasst.

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