Gewerbe,  Private Gebäude

Hauptstr. 23 – Der Gaggelbeck

20. September 2021/Lageplan

In diesem Haus befand sich eigentlich immer schon, nachweislich ab 1496, eine Bäckerei, die den Hausnamen ‘Gaggelbeck’ trug, vermutlich weil sie neben dem Unteren Tor, ugsp. “Giggeler”, lag.

Vorgängerbau

Die ersten mit Sicherheit nachzuweisenden Eigentümer sind im Jahr 1492 Endres Schmid und Jorig Frank. Endres Schmid könnte gem. Steuerliste auch schon 1465 hier gewohnt haben, das ist aber nicht absolut zuordnungsfähig. 1496 sind Jorig Frank, Hans Miller Peckh (Bäcker) und Hanns Rieders Witwe hier steuerpflichtig. Somit ist ab 1496 hier eine Bäckerei nachweisbar. Jörg Frank wechselt 1497 auf Bärengasse 2. Der Bäcker Hans Miller Peckh (Name ist auch Beruf!) ist bis 1515 hier ansässig. Für die Jahre 1518-1548 liegen keine Aufzeichnungen vor.

1548 ist dann Michael Seitz als Eigentümer aufgeführt. 1575 ist er nicht mehr hier genannt. Wahrscheinlich kaufte Michael Seitz das Gebäude Kirchplatz 7, denn ab 1575 ist er dort als Eigentümer genannt mit einer hohen Steuerlast, die auf einen Doppelbesitz schließen lässt. 1578 wird er letztmals dort geführt, ab 1581 wieder ein Michael Seitz als Eigentümer nur von Hauptstzr. 23. Möglicherweise steht der Eigentumsübergang im Zusammenhang mit einem Generationenwechsel. 1587 ist Michael Seitz Bürgermeister. 1598 übernimmt sein Sohn Jacob Seitz das Haus. Michael Seitz Witwe ist ab 1601 auf dem Haus Günzburger Str. 16 ansässig.

Im Jahr 1601 wurde das Haus wohl verkauft. Der neue Eigentümer heißt Peter Haberes, die Liegenschaft ist 1614 als Behausung, Stadel und Hofraithen; Wert 310 fl, beschrieben. 1617 ist Peter Haberes Witwe die Eigentümerin. 1623 wird Hans Waldtbach Eigentümer, der Wert beträgt jetzt 720 fl. Zwischen 1636 und 1651 sinkt der Wert bis auf 450 fl und steigt bis 1660 wieder auf 650 fl. Der Wertverlust dürfte auf den 30-jährigen Krieg zurückzuführen sein.

Neubebauung 1660

Wegen des Wertanstiegs von 450 auf 650 fl wird von einer Neubebauung des Grundstücks nach Niedergang oder Zerstörung während des 30-jährigen Krieges ausgegangen. Auch 1660 noch ist der Bäcker Peter Claus der Eigentümer.

1681 tritt sein Sohn Jörg Claus das Erbe an. Nach 1682 wird das Anwesen Bärengasse 10 dem Eigentum zugeschrieben einschl. der 2 Hofstätten am Schmiedplatz. 1698 verkauft Jörg Claus diese Immobilien wieder. Am 30.06.1708 tritt mit Anton Claus die nächste Bäckergeneration das Erbe an. Erstmals ist jetzt die Bäckergerechtigkeit auch im Steuerbuch erwähnt. Um 1750 stirbt Anton Claus. Nach seiner Witwe kommt sein Sohn Bernhart Claus im Erbschaftswege an das Haus.

Über den Hofraum hinter dem Haus wird mit dem Nachbarn Hauptstr. 25 am 15.04.1758 eine Vereinbarung getroffen, leider steht hier nicht, welcher Art diese Vereinbarung war. Es wird angenommen, dass zu dieser Zeit die Stadtmauer abgebrochen und der dadurch vergrößerte Hofraum zwischen den Nachbarn aufgeteilt und mit neuen Stadelgebäuden bebaut wurde. 1773 wird der nächste Eigentümer, Mathias Claus, als Gaggelbeck bezeichnet.

Am 25.01.1812 endet mit dem Verkauf an den Bäcker Otmar Baier die Ära der Familie Claus. Zum 10.05.1821 tritt (nach Wylicil) der Bäcker Anton Birk das Eigentum an, nach den Urkunden des Staatsarchivs war es der 10.05.1828. Es könnte aber auch die Übergabe an den nächsten Sohn sein. Auch bei der Überschreibung des Eigentums an die Witwe Josefa Birk am 14.09.1853 ist nicht klar, wessen ‘Anton’ sie die Witwe ist, denn bis 1859 ist weiterhin ein Anton Birk der Eigentümer und auch bei der Übergabe an die nächste Witwe Birk 1859 kann nicht gesagt werden, wessen Frau sie war.

Da ist die Übergabe am 11.07.1878 an den Bäcker Josef Birk und dessen Ehefrau Viktoria Keller schon eher klar als Nachfolge des Sohnes zu erkennen. Am 27.03.1882 kaufen Philipp Ruess, Ölmüller in Pfaffenhofen und Mathias Zeller, Ökonom in Volkertshofendas Haus und verkaufen es bereits am 23.08.1882 weiter. Hier handelt es sich offenbar um Zwischeneigentümer, die das Haus aus einer NHotlage des Eigentümers heraus gekauft haben.

Am 23.08.1882 wird Andreas Link, Bäcker in Altenstadt, neuer Eigentümer. Er erneuert den westlichen Giebel und baut einen neuen Backofen ein. Der Backofen stammte von der Fa. Ruß und Co.

Zum 01.07.1889 kommt mit Johann Konrad, Bäcker von Biberach, ein neuer Bäcker auf das Haus. Am 20.10.1891 heiratet Johann Konrad die Philomena Klotz von Weißenhorn. 1892 baut auch er den Backofen um. Konrad baut eines der straßenseitigen Fenster zu einem kleinen Schaufenster um und bringt eine Werbeschrift an.

Um die Jahrhundertwende kauft der Bäcker Johann Silberbaur die Bäckerei, im Einwohnerverzeichnis 1906 ist er als Eigentümer gekennzeichnet.

Aufgrund seiner Lage am Unteren Tor ist das Gebäude auf vielen, auch alten, Fotos zu sehen. 1885 hat das Haus noch kein Schaufenster, um 1895 ist ein Schaufenster mit Holzumrahmung vorhanden und 1897 sehen wir zusätzlich eine kleine Werbetafel. 1912 steht schon der Name Silberbaur auf der Tafel und eine elktrische Straßenbeleuchtung (seit 1898). Im Hungerjahr 1916 stehen die Menschen Schlange vor der Bäckerei und der benachbarten Käserei Bär. Bis 1925 hat sich dann nicht mehr viel verändert.

1929 baut Silberbauer eine Remise in den rückwärtigen Teil bei Bärengasse 2. 1932 firmieren die Geschwister Silberbaur als Eigentümer der Bäckerei. Zu dieser Zeit wird das alte kleine Schaufenster gegen ein zeitgemäßes ausgetauscht. Auch wird eine neue Werbeschrift im Stil der Zeit angebracht.

Um 1939 hat der Nachbar von Hauptstr. 25, Hans Bär, das Haus gekauft und baut es zu einem Wohnhaus um. Die Bäckerei wurde folglich damals aufgegeben. Der Laden wird ausgebaut, an seine Stelle kommen normale Fenster. Auch werden im Giebel neue größere Fenster eingebaut. 1948 steht der Landesproduktenhändler Berthold Keller im Einwohnerverzeichnis, unklar ob als Eigentümer oder als Mieter. 1959 wird das Haus umgebaut. Das EG wird in den Lebensmittelladen des Nachbarn Bär auf Hauptstr. 28 einbezogen. Die Wohnraumfenster werden wieder entfernt und ein neues Schaufenster in die Schaufensteranlage des Nachbargebäudes einbezogen, wodurch eine unscharfe Trennung der beiden Baukörper entsteht. Der Ladeneingang wird an das Gebäudeeck verlegt und in den Baukörper zurückversetzt. Über den Schaufenstern wird ein kleines Vordach angebracht.

2005 wird der Laden aufgegeben. Die Fassade wird zurückgebaut und die optische Trennung der beiden Körper wiederhergestellt. Das Haus erhält ein neues kleineres Schaufenster und einen separaten Eingang. Das DG wird ausgebaut, neu gedeckt und mit kleinen Gauben versehen.

Der Laden wurde verpachtet und hatte mehrfach wechselnde Inhaber. Nach einem Wollgeschäft und einem italienischen Feinkostladen eröffnete 2007 hier eine Chocolaterie die neben Kaffee auch Pralinen und kleines Gebäck anbot. Diese verlegte um 2013 ihr Geschäft in die Martin-Kuen-Str. 4. Nach einigem Leerstand wurde um 2015 eine weitere Eisdiele ‘Io et Lei’ hier eröffnet. Die Eisdiele zog 2020 in die frei gewordenen Räume der Bäckerei Hauptstr. 15 und hier eröffnete ein Bäcker eine Verkaufsstelle. So kam die ursprüngliche Nutzung auf dieses Haus zurück.

Die Nutzung des EG wechselte weiterhin häufig. 2023 wurden die Fenster im EG in Kunststoff erneuert.

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