Gewerbe,  Private Gebäude

Hauptstr. 14

12. September 2021/Lageplan

Das heutige Gebäude ist der dritte Bau an dieser Stelle. Es war Bürgerhaus, Handwerkerhaus, Eisenwarenhandlung, Metzgerei, Gaststätte und Laden. Eine vielseitige Historie!

Erster Vorgängerbau

Verständlicherweise sind die Grundstücke in der Hauptstraße die ältesten bebauten Plätze in der Stadt. So war auch diese Stelle schon 1465 bebaut, auch wenn Eigentümer vor 1465 archivalisch nicht feststellbar sind. Bis 1501 ist die Familie Decker hier ansässig, der erste zuordnungsbare Eigentümer ist 1465 Peter Decker. Ihm folgt 1480 Hans Deckr und 1496 Hanns Deckers Kindpfleg, d.h., Hans Deckr war gestorben und das Vermögen der noch unmündigen Kinder wurde von einem Pfleger verwaltet. 1499 war der Sohn Alexander dann volljährig, das Eigentum der anderen Kinder wurde weiter verwaltet. 1501 war Alexander dann nicht mehr hier, es verblieb die Pflegschaft.

1502 ist das Haus verkauft worden, man nennt Balthasar vom Lee, der vorher in Wettbach 5 wohnte.1 1511 sehen wir Jacob Brauchmiller, der vorher auf Hauptstr. 12 wohnte, hier als Miteigentümer. 1515 wechselt Balthasar vom Leu auf das Nachbarhaus Hauptstr. 12 (späteres Gasthaus Sonne), Jacob Brauchmiller bleibt. Außerdem haben wir seit 1511 mit Anna Merckin eine weitere Miteigentümerin, die bis 1517 hier nachweisbar ist. Jacob Brauchmiller wird ab 1516 nicht mehr erwähnt.

Für die Jahre 1518-1547 liegen keine Aufzeichnungen vor. 1548 ist Rupert Merckh als Besitzer genannt. Die Familie Merckh hat sich also seit 1511 hier gehalten und bleibt auch noch bis 1570. Ab 1556 kommt Jacob Merckh hinzu, der 1559 als Ratsherr genannt ist und 1562 von seiner Witwe abgelöst wird. 1570 ist Rupert Merckh Bürgermeister.

Von 1572 bis 1578 ist die Situation bei den Häusern Hauptstr. 12 und 14 unklar. Anton Dietsch (bzw. seine Erben) sind letztmals 1567 bei HS 12 erwähnt und Claus Seitz könnte 1572 sowohl HS 12 als auch HS14 zugeordnet werden. Auch die Neubebauung im rückwärtigen Teil (Hasengasse 2) ist nicht vollkommen zu klären. Es wird vermutet, dass bei Ant. Dietschs Erben (HS12) nach 1567 kein geschäftsfähiger Erbe vorhanden war und das Haus aufgegeben wurde, bis 1572 Claus Seitz beide Gebäude (HS12 und 14) übernahm und HS12 neu erbaute. 1575 kaufte ein Nachfahre Anton Dietschs das Grundstück HS14. 1581 tauschten Dietsch und Seitz die Grundstücke aus unbekanntem Grund.

Im hinteren Teil des Grundstücks wurde 1572 ein Neubau errichtet, wohin die Eigentümer der früher auf dem Kirchplatz stehenden Häuser umgesiedelt wurden.2 Diese Bebauung wird weiter unter Hasengasse 2 behandelt.

1575 ist Anthon Dietsch Eigentümer dieses Hauses hier. 1581 tauschen er und Claus Seytz, Eigentümer des Nachbarhauses HS12, die Häuser, ein Grund wird nicht genannt. Claus Seytz ist auch Eigentümer von Günzburger Str. 11 und wird im Zinsbuch der Liebfrauenpfleg dort genannt, demnach handelt es sich hier um einen Zweitbesitz. 1594 ist seine Witwe verzeichnet, ab 1614 sein Sohn Michael Seytz. Zum Anwesen gehört auch ein Baumgarten und Stadel bei der jetzigen Schulstraße 15. 1614 übernimmt Hans Seitz, sein Bruder, das Haus Günzburger Str. 11, was bis jetzt im Zweitbesitz der Familie war.

Von 1632-1636 wird das Haus im Steuerbuch nicht genannt, es stand entweder leer oder war abgebrochen.

1651 tritt mit Christoph Bader jung, vormals Hauptplatz 1, ein neuer Eigentümer auf. Bader hat umfangreichen Immobilienbesitz in der Stadt. Ihm gehören jetzt die Häuser Hauptstr. 14 und 21, Hauptplatz 1 und die Hofstätten Hasengasse 1 und 2. Seinem Vater Christoph Bader sen. gehört das Haus Hauptstr. 20. Er wird hier mit Sicherheit nicht gewohnt haben. Im Steuerbuch wird die Immobilie ‘Johann Simon Behausung’ genannt, ein Eigentümer dieses Namens ist aber nirgendwo sonst zu finden. Nachdem der Wertansatz von 525 fl auch durchgestrichen ist, kann angenommen werden, dass es sich hier wohl um den Mieter in der restlichen Bausubstanz handelt.

Zweiter Vorgängerbau ab 1651

Martin Stigele kauft das Anwesen nach 1651 für 580 fl, auch die Hofstatt Hasengasse 2 für 40 fl. Es wird angenommen, dass Martin Stigele das Haus nach Erwerb des Grundstücks neu erbaute. 1674 wechselt Stigele auf das Anwesen Hauptstr. 24. Die Hauptstr. 18 kauft Mathias Link, der Gebäudewert beträgt 660 fl. Im Steuerbuch ist auch ein Zuschlag von 830 fl ‘mehr wegen Melchior Käufels [Hauptstr. 24] Behausung‘ genannt. Sonst tritt Link aber nicht als Eigentümer dieser Immobilie auf. Ein Zwischenerwerb dieses Anwesens ist möglich, aber nicht gesichert. Die Hofstatt Hasengasse 2 wird für 50 fl Lorenz Allgeuer zugeschrieben.

1674 sind die Einträge wieder klarer. Matheuß Link ist Eigentümer, genannt ist jetzt auch noch eine Dunglege. 1682 ist Matheus Link, Sattler, als Eigentümer genannt. Eventuell handelt es sich um den Sohn. Im Steuerbuch ist auch ein Zuschlag von 325 fl mehr wegen Antoni Kröz alt Behausung, Wert 325 fl genannt. Anton Krötz gehörten mehrere Immobilien, leider ist auch durch die Wertangabe keine genaue Bestimmung möglich. Wahrscheinlich wird es sich um die Hofstatt Hasengasse 2 handeln, welche Anton Kröz von 1678-1688 gehörte und auf der ab 1691 Michael Link (ein Bruder?) verzeichnet ist.

1695 gehört das Haus dem Säckler Lorenz Thalhofer. Am 02.06.1729 verkauft Anna Thalhofer, Witwe des Lorenz Thalhofer, das Haus an ihren Sohn Joseph für 820 fl, der zugleich die Jungfrau Anna Maria Bader, Stieftochter des Kreuzwirts Josef Bolling, heiratet. Joseph Thalhofer muss zweimal verheiratet gewesen sein, denn am 08.06.1741 heiratet Magdalena Thalhofer, Tochter des Jörg Amann (vermutl. 2. Ehefrau des Lorenz Thalhofer) den Junggesellen Hans Jörg Kretz, Weißgerber, und bringt ihr Haus in die Ehe ein. Stiefvater des Kretz ist Lorenz Götz.

1764 gehört das Haus dem Weißgerber Johann Georg Kretz, wohl Sohn des vorigen. Der Wert des Hauses wird jetzt mit 680 fl angegeben. Er stirbt am 26.08.1789, übergab das Haus aber schon am 03.02.1779. Es übernimmt der Sohn, Weißgerber Philipp Kretz, Behausung und Stadel samt der Dungstatt mit einem Wert von 500 fl. Für das Gewerbe und die Merzlerei werden 200 fl extra Wert angegeben. Kretz hat also neben der Weißgerberei noch einen Gemischtwarenladen betrieben, die damals als Merzlerei. 3

Ab 14.07.1793 führt der Metzger Georg Thoma das Haus, zusätzlich ist eine Bäckergerechtigkeit vermerkt, so dass Georg Thoma auch Bäcker war. Am 08.02.1802 kauft Josef Eberle das Haus, bei ihm ist kein Beruf angegeben, der nächste Besitzer, Josef Thalhofer wird am 10.07.1861 wieder als Bäcker geführt.

Mit dem Nagelschmied Karl Kreuzer kommt dann ein neuer Besitzer. Der Eigentumsübergang ist nicht dokumentiert, aber 1831 ist Kreuzer jedenfalls Besitzer. Im Jahr 1843 ist sein Sohn Adam Kreutzer, auch Nagelschmied, Inhaber des Hauses. 1875 wird Michael Kollmann als Eigentümer benannt, 1882 nennt man ihn Kaufmann und 1883 wird er Eisenhändler genannt, als er zwei Dachkammern in das Haus einbaut. Die Fortschritte im Bauwesen lösten einen großen Bedarf nach Eisenprofilen aus, mit der neuen Eisenbahn konnte man sie leicht anliefern lassen und Kollmann stieg in diesen Geschäftszweig ein, den vorher seit 1846 der Eisenhändler Otto Kircher auf Hauptstr. 19 alleine inne hatte. An anderer Stelle ist Kollmann auch als Drechslermeister bezeichnet.

1887 hatte August Laub das Geschäft übernommen, der den Laden vergrößerte und in das Rückgebäude ein Eisenwarenlager einbaute. Um 1900 dürfte das Haus großenteils erneuert worden sein, die Dimensionen in den Katasterplänen differieren.

Um 1900 dürfte das Geschäft durch Julius Langenstein übernommen worden sein. Er lagerte seine Eisenprofile in der Mariengasse, was zu Beschwerden der Nachbarn führte, weil die ohnehin schmale Gasse hierdurch noch mehr verengt wurde und er die Eisenprofile dort mit Hammerschlägen (!) ablängte. Dennoch bekam er 1903 die städtische Erlaubnis für die Lagerung, musste sich aber eine Eisensäge anschaffen. Langenstein stieg ca. 1909 als Teilhaber in die Fa. Julius Langenstein und Anton Kling ein, die ab 1909 in der Günzburger Straße 15 landwirtschaftliche Geräte herstellte. 1910 erbaute Langenstein einen Lagerschuppen am Bahnhof 4 und errichtete ab 1914 die landw. Gerätefabrik Kling und Langenstein in der Maria-Theresia-Str. Der Stadel am Eisenbahnweiher wurde an andere Händler verpachtet. Zwischen 1900 und 1911 wurde der Giebel erneuert, hierbei wurden die profilierten Gesimse entfernt.

Langenstein verkaufte sein Eisenwarengeschäft um 1920 an Karl Aubele, der als “Eisenwaren, Werkzeuge, Haus- und Küchengeräte, Kolonialwaren Karl Aubele” firmierte. Die Beschwerden über die Lagerung von Eisenträgern in der Mariengasse setzen sich auch unter dem neuen Eigentümer Karl Aubele, fort. Aubele bat um Erlaubnis, die Schienen weiter in der Mariengasse lagern zu dürfen. Der Stadtrat lehnte dies aber mit Beschluss vom 25.09.1925 ab. 1926 modernisierte Karl Aubele das Gebäude. Außerdem konnte er (unbekannten Datums) den Werkstattanbau des Nachbarhauses Mariengasse 1 erwerben und seine Eisenträger dort lagern. Dessen voriger Eigentümer, Paul Gutter, konnte von Langenstein das Haus Günzburger Str. 15 erwerben und seinen Betrieb dorthin verlagern.

Über die Betriebsaufgabe der Fa. Aubele konnten noch keine Daten ermittelt werden, dies dürfte um 1930 geschehen sein. 1932 wird der Privatier Anton Deibler als Eigentümer genannt, 1948 führt Fanz Hitz hier ein Lebensmittelgeschäft, das um ein Café mit den Produkten der Backwarenfabrik Fröhler (Maria-Theresia-Str. 10) erweitert wurde. Auch 1948 wird das DG von Berta Dünde zur Wohnung ausgebaut. Auf zeitgenössischen Fotos der 30er-Jahre ist ein weiterer Ladeneinbau mit großem Schaufenster zu sehen. Leider konnte noch nicht festgestellt werden, wann dieser Ladeneinbau geschah und welche Nutzung der Laden hatte.

1950 gehört das Haus dem Metzger Karl Lang. Er baut das Haus um und richtet eine Metzgerei ein. Hierbei wird die alte Schaufensteranlage aus dem 19. Jhdt. entfernt und ein weiteres großes Schaufenster eingebaut. Außerdem wurden die Fenster erneuert. 1968 wird die Metzgerei als Filiale des Metzgers Koch aus Ulm geführt. Um 1976 gerät der Eigentümer in finanzielle Schwierigkeiten, so dass ein Zwangsversteigerungsverfahren angestrengt wird. Im Adressbuch 1977 ist kein Bewohner des Hauses aufgeführt, es stand also offenbar leer. Ein Investor aus Krumbach ersteigerte das Gebäude. 1977 baut dieser die ehem. Metzgerei zu einer Pilsstube um, die auch als Pizzeria geführt wird. In den rückwärtigen Teil wird ein Spielsalon eingebaut. Die Gastwirtschaft erhält entsprechende Werbeanlagen. 1979 wird noch ein Eiscafé angegliedert.

Der Gebäudezustand verschlechterte sich, das Lokal konnte nicht richtig Fuß fassen. Der Plan, 1989 eine neue Treppe einzubauen, wurde nicht mehr verwirklicht. Stattdessen entschied sich der Eigentümer für einen Neubau.

Neubau 1990

1990 wurde das Haus abgebrochen und durch einen angepassten Neubau ersetzt. Der Neubau bekam im EG einen großen Laden, den 1992 die Textilkette Eisel übernahm. Das OG und das DG wurde zu Wohnungen umgebaut. Ab 01.09.2006 zog das Modegeschäft Hyga in den Laden ein. Ab 2018 versuchte der Eigentümer, das Haus zu verkaufen.

  1. Burkhart interpretiert den Namen von Lee (auch von Leu oder von Löw geschrieben) als aus Löwen (Belgien) stammend. Leider konnte für diese These kein Beweis in den Steuerlisten gefunden werden. ↩︎
  2. Zur Entwicklung der Bebauung auf dem Kirchplatz siehe dort. ↩︎
  3. Der Begriff kommt aus dem Italienischen. Heute noch werden in Venedig die Gassen um San Marco Mercerie genannt.bezeichnet wurde. ↩︎
  4. Bauantrag 21/1909, 1937 zur Erweiterung der Bahnanlagen für das Lufttanklager abgebrochen ↩︎

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