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Das Gasthaus Lamm – Hauptplatz 7

Das Gasthaus Lamm hält bei den Weißenhorner Gaststätten einige Rekorde: Es ist die älteste Brauerei der Stadt und hat mit 462 Jahren die längste Betriebszeit aller Gaststätten in der Stadt. Zeit, etwas mehr über diese Geschichte zu erfahren.

Vorgängerbebauung

Die ersten Eigentümer vor 1465 sind archivalisch nicht nachweisbar. 1465 wird hier Andreas Knapp genannt, dem auch die Häuser Memminger Str. 7 und 10, ab 1492 auch Hauptplatz 5 gehörten. Knapp war somit einer der reichsten und einflussreichsten Bürger der Stadt. 1492 ist auch Thomas Rentz als Miteigentümer genannt, der das Gebäude fortan besitzt, Knapp geht auf Hauptplatz 5, besitzt MM07 weiter und verkauft MM10. Ab 1496-1515 ist Thoman Rentzn Witib genannt. Für die Jahre 1518-1548 liegen keine Aufzeichnungen vor.

1548-1551 ist Thomas Schwarz hier Eigentümer, er erbaut sich 1551 das Haus MM36 neu. Das Haus Hauptplatz 7 stand dann eine zeitlang leer oder wurde abgebrochen.

Neubebauung 1553

1553 erscheint mit Hans Selin ein neuer Eigentümer mit einem Neubau. 1556 wird dann Hans Öchslein (bei dem es sich auch um den Hans Selin handeln könnte) das erste Mal als Wirt erwähnt. Von 1562-1572 ist Bernhart Öchstleni von der Hauptstr. 1 als Eigentümer erwähnt. Er war wohl der Bruder des Hans und erbte das Haus bzw. verwaltete das Erbe für den noch unmündigen Sohn des Hans Öchslein, ebenfalls Hans. 1575 erscheint ebendieser Hans Öxlein als Wirt auf der Georgenwirtschaft MM04. Es wurde wohl das Lamm verkauft und die Jörgenwirtschaft erworben.

In den nächsten Jahren wechseln die Namen der Eigentümer, ab 1572 ist Lorenz Stiegler genannt, der bis 1594 hier Eigentümer ist. Lorenz Stieglers gleichnamiger Sohn dürfte nach anderweitigem Aufenthalt um 1620 nach Weißenhorn zurückgekehrt sein und die Witwe des Pflugwirts Hans Mayer geheiratet haben.

Ab 1594 ist Jacob Aychelen genannt, ab 1614 Hans Keppeler und ab 1620 Hans Mahler. Um 1625 wird der Gasthof an Adam Kramer verkauft, in einem Kontraktprotokoll 1637 wird der Wert mit 700 fl benannt, hier ist er erstmals als Bräuer erwähnt. Spätestens ab jetzt war hier auch eine Brauerei. 1651 starb Adam Kramer, es wird seine Witwe genannt. Ein Adam Kramer erscheint zur selben Zeit auch auf dem Gasthof Kreuz, Memminger Str. 54. Entweder hatte Adam Kramer zwei Wirtschaften im Eigentum oder er war hier nur (kommisarischer) Pächter, denn 1649 (nach Adam Kramers Tod) heiratete die Witwe des Bräuers Lorenz Stigele vom Pflug (das war die Schwiegertochter des Lorenz Stigele von 1572) einen Jakob Helmreich, der hier auf dem Lamm das Brauen gelernt hatte.

Neubau 1660

Vermutlich baute Jakob Helmreich um 1660 das Lamm neu. Der Gebäudewert ging nämlich von 965 fl im Jahr 1614 bis auf 525 fl im Jahr 1651 zurück, 1660 wieder 650 fl. 1674 wird das Lamm auf 800 fl taxiert, die dann auf 1000 fl erhöht werden. Demnach muss wohl um 1660 ein Neubau stattgefunden haben. Jacob Helmreich muss um 1656 gestorben sein, denn 1670 wird erwähnt, dass seine Witwe 14 Jahre lang die Wirtschaft geführt habe. Nach ihrem Tod übernahm ihr Sohn aus erster Ehe, Christoph Stigele, um 1670 die Wirtschaft.

Im Jahr 1674 wird erstmals eine Braugerechtigkeit erwähnt, die aber wohl bereits seit 1625 auf dem Grundstück vorlag. Der Wert der Immobilie beträgt nun 1000 fl. Christoph Stigeles Witwe Anna Maria heiratet 1692 Bürgermeister Johann Linckh (Hauptstr. 7+9). Linckh verkauft seinem Stiefsohn, Michael Stigele, das Gebäude. Dieser wird 1693 hier als Bräuer und Eigentümer genannt. Michael Stigele erwirbt 1697das Nachbarhaus HP06 von seinem Cousin Hans Benz für 850 fl mit der dortigen Braugerechtigkeit. Beim Weiterverkauf des Grundstücks behält Michael Stigele die Braugerechtigkeit für sich und schlägt sie als zweites Braurecht seinem Gasthof Lamm zu. Jetzt war das Lamm die größte Brauerei in der Stadt.

Michael Stigele ist wohl um 1707 gestorben, denn im Jahr 1708 heiratet seine Witwe Maria den Sohn Christoph des Sternwirts (GZ01) Hans Müller, der jetzt das Lamm übernimmt. Maria hat 8 Kinder aus dieser ersten Ehe. Auch Christoph Müller stirbt recht früh, wohl um 1710. Dieser Ehe entstammen 2 weitere Kinder. Seine Witwe Maria heiratet um 1710 in 3. Ehe Jörg Mayer, einen Sohn des Adam Mayer (in Weißenhorn sonst nicht verzeichnet) und übernimmt das Lamm, was hier erstmals unter diesem Namen genannt ist. Genannt sind jetzt 2 Braurechte.

Exkurs: Jörg Mayer hatte am 19.04.1729 das Haus Günzburger Str. 6 vom Martin Schwinhammer um 500 fl gekauft. Er verkauft das Haus weiter an seinen Stiefsohn Johannes Stigele (Sohn des Michael Stigele aus der 1. Ehe seiner Frau).

Christoph Stigele, ein anderer Stiefsohn Jörg Mayers aus der ersten Ehe seiner Frau, übernimmt 1731 (noch zu Lebzeiten seines Stiefvaters) das Lamm und heiratet 1743 eine Anna Maria Broder. Seine Mutter stirbt am 16.06.1747. Das Erbe wird zwischen ihrem Mann (Jörg Mayer), den 8 Kindern aus erster Ehe und den zwei Kindern aus der zweiten Ehe aufgeteilt. Christoph Stigele stirbt 1751, seine Frau 1754. Sie hinterlassen zwei unmündige Kinder, Johannes und Jakob. Für die Kinder werden verordnete Pfleger bestellt, für Johannes bis 1764 und Jakob bis 1768, die das Vermögen verwalten. Nach Auszahlung des verwalteten Erbes kauft sich Johannes Stigele am 17.09.1768 auf der Stadtwirtschaft, Hauptstr. 28 ein, die damals nach dem Tod der Stadtwirtin Johanna Beyhl (später Schuster) zum Verkauf stand. Hiermit endet die Familienführung der Stigele/Müller/Mayer.

Da die Kinder des Christoph Stigele noch unmündig sind, wird das Lamm von den Erbschaftspflegern verkauft. Jörg Fetsch, Bräuer, Bruder des gräfl. fugg. Braumeisters und Zunftmeister kauft das Lamm. Ab 1773 wird Johann Georg Fetsch, Bierbrauer beim Goldenen Lamm, als Eigentümer genannt. Am 11.05.1786 stirbt Johann Georg Fetsch, das Erbe wird aufgeteilt. Über die Erbsteuer entsteht ein umfangreicher Schriftverkehr. Genoveva Fetsch, Witwe des Georg Fetsch, verkauft die Lammwirtschaft am 06.08.1793 (a.a.O. 21.09.1793) an Johannes Zeller (Sohn des Georgenwirts) und zieht selber auf das Haus Hl.-Geist-Str. 2. Ab 23.12.1802 ist Josef Zeller als Eigentümer geführt, ab 20.02.1804 ein Franz Sailer jun.

Am 21.07.1808 übernimmt dann der Bräuer Leonhard Hemmerle das Lamm, die Familie führt das Lokal bis 1900. Leonhard Hämmerle heiratet Kreszentia Wörz von Oberhausen. In einer Urkunde von 1823 ist das Haus beschrieben als Wohnhaus, ein darangebautes Bräuhaus, ein daran gebautes Viehhaus, ein allein stehender Stadel, dann Hofraum und Ausgang auf die hintere Straße.

Während Hämmerles Zeit entwickelte sich die Lammbrauerei stark. Hiermit verbunden waren zahlreiche Baumaßnahmen. 1838 wurde das “geheime Gemach zum Wasser abschlagen”, welches genau neben der Eingangstüre lag, in den hinteren südlichen Bereich verlegt. Ebenfalls 1838 wurden die Rückgebäude abgebrochen und an dieser Stelle ein neues Bräuhaus errichtet.

Am 08.11.1855 übernahm der Sohn Josef mit seiner Frau Josefa Dirr das Gasthaus Lamm. Josef Hämmerle baute 1858 einen Biergarten an der Roggenburger Str. 38. (Den Bierkellern an der Roggenburger Str. ist ein separater Beitrag gewidmet.) 1859 verlegt Hämmerle die Malzdörre innerhalb seines Gebäudes. 1863 verlegt er seine Küche von der Nord- auf die Südseite und nimmt einen Anbau an seinen Stadel auf der Ostseite vor. Der ehemalige Küchenraum wird zum Nebenzimmer umgebaut. Außerdem wird der Stadel mit Gastpferdestallung vergrößert. 1867 geschah ein wesentlicher Umbau. Die westliche Giebelwand wurde um ca. 1,60 m nach Westen versetzt, so dass sie nun in eine Flucht mit dem Nachbarhaus HP08 zu liegen kommt. Im Zuge dieses Umbaus wird der neue Giebel mit Scheitelzinne gebaut. Die Genehmigung wird ihm hierzu erteilt, er erhält aber die Auflage, dass “beim Anstriche der Gebäude die Anwendung der reinen Kalkweiße sowie aller grellen Farben untersagt ist“. 1873 wird noch einmal der Stall verlängert.

Am 25.01.1884 übernahm Hämmerles Sohn Georg das Lamm, er heiratete die Müllerstochter Berta Seitz aus Attenhofen. Georg Hämmerle starb am 09.02.1900. Es konnte noch nicht ermittelt werden, wie wann und warum der Brauereibesitzer Hans Hörmann vom Löwen anschließend als Eigentümer genannt wird und die Witwe Berta Hämmerle als Pächterin auftritt (EV 1906). Denkbar wären finanzielle Probleme, die zur Änderung des Eigentümers führten. 1906 versteigert Hans Hörmann einiges Inventar der Lammwirtschaft, was einer Teilliquidation gleichkommt. Im Jahr 1910 übernahm Christian Keller die Wirtschaft. Interessant ist, dass er in der Eröffnungsanzeige Löwenbräu-Bier anbietet, womit aber nicht das Münchner Löwenbräu gemeint ist, sondern das Bier des Löwenwirts Hörmann, Martin-Kuen-Str. 5. Das bedeutet wohl, dass Keller kein Bräuer war und die Brauerei eingestellt wurde.

Am 11.11.1932 wird Johann und Babette Keller die Gaststättenkonzession erteilt. In den folgenden Jahren werden zahlreiche Baumaßnahmen an den Gebäuden durchgeführt. 1946 wird die Gaststallung im mittleren Teil der Gebäudegruppe erneuert. 1949 wird die südliche Mauer des Hauptgebäudes wegen Baufälligkeit erneuert. Im Nebenzimmer der Gaststätte wird 1961 ein neues querformatiges Fenster eingebaut.

Am 23.09.1965 brannten die Stall- und Stadelgebäude des Gasthof Lamm ab. Die Feuerwehr konnte ein Übergreifen auf das Wohn- und Gasthaus sowie auf die Nebengebäude verhindern.

[3]NUZ 1965/221-18

1968 erfolgt der Einbau einer Wohnung im 1. OG. Hierbei sollte über dem Nebenzimmer auch ein querformatiges Fenster eingebaut und das mittlere Fenster über dem Eingang zugesetzt werden. In einer Tekturplanung verzichtete man jedoch hierauf und beließ die alte Teilung. 1969 wurde die Gastwirtschaft umgebaut und modernisiert. Bis spätestens 1971 wurden die hinteren Stallgebäude abgebrochen.

Im Adressbuch 1977 wird Helene Frasch, Tochter des Johann Keller, als Eigentümerin und Wirtin des Lamm genannt. Die Brauerei dürfte nach Übernahme der Wirtschaft durch Christian Keller im Jahr 1910 aufgegeben worden sein. Auch ist der Zeitpunkt der Fensterauswechslung, die wieder zu einer Sprossenteilung führte, noch nicht ermittelt. In den letzten Jahren wurde die Wirtschaft nur noch temporär betrieben und gegen 2017 ganz aufgegeben. Die Stadt konnte das Gebäude übernehmen und es den Vereinen als ‘Haus der Vereine’ zur Verfügung stellen. Es ist jetzt zwar keine öffentliche Gaststätte mehr, dient aber immer noch als Treffpunkt und Ort der Geselligkeit.

Quellen:

Quellen:
1, 2 Stadtarchiv Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn
3 NUZ 1965/221-18
4, 5 Heimatmuseum Weißenhorn; Foto: Heimatmuseum Weißenhorn

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